Eduard Pfeiffer
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Eduard (von) Pfeiffer (* 24. November 1835 in Stuttgart; † 13. Mai 1921 in Stuttgart) war ein deutscher Bankier, Genossenschaftler und Sozialreformer.
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[Bearbeiten] Leben und Wirken
1835 wurde Eduard Pfeiffer am 24. November als dreizehntes Kind des Hofbankdirektors Marx Pfeiffer geboren, einem der ersten jüdischen Mitbürger, der in Stuttgart das Wohnrecht erhalten hatte. Der schon von Hause aus vermögende Eduard Pfeiffer machte als Bank- und Wirtschaftsfachmann eine große Karriere. Er gehörte 1869 zu den Gründern der Württembergischen Vereinsbank, deren steiler Aufstieg in den Jahren des Kaiserreichs wesentlich ihm zu verdanken war. Als Mitglied des Aufsichtsrates führender Unternehmen des Landes übte Eduard Pfeiffer einen bedeutenden Einfluss auf das Wirtschaftsleben aus. Eduard Pfeiffer war einer der reichsten Bürger im Königreich Württemberg.
Nach dem Gymnasium besuchte er die Polytechnische Schule in Stuttgart, wo er zwischen 1850 und 1852 zunächst als Ingenieur, dann als Kaufmann eingeschrieben war. 1857 absolvierte er die "Ecole Centrale des Arts et Manufactures" in Paris als Diplomchemie-Ingenieur und widmete sich anschließend bis 1862 an den Universitäten in Leipzig, Heidelberg und Berlin der Nationalökonomie und Finanzwissenschaft. Er unternahm zahlreiche Reisen innerhalb Deutschlands, nach Frankreich, Italien und England, wo er 1862 die Londoner Weltausstellung besuchte. Auf diesen Reisen begann er, sich mit Aspekten der sozialen und ökonomischen Situation in Europa vertraut zu machen; in England lernte er 1862 die Genossenschaftsbewegung kennen.
1872 heiratete Pfeiffer Julie Benary, die junge Witwe eines Pariser Bankiers. 1883 verlieh ihm der württembergische König Karl den Titel eines "Hofrats", der mit dem Personaladel verbunden war. Pfeiffer legte allerdings nie Wert auf die Anrede "von". Pfeiffer starb am 13. Mai 1921 und fand seine letzte Ruhestätte auf dem Stuttgarter Pragfriedhof. Das Ehepaaar Pfeiffer blieb kinderlos. Das gesamte gemeinsame Vermögen floss in die 1917 gegründete Eduard-Pfeiffer-Stiftung ein, die bis heute Bestand hat.
Vermögen war Pfeiffer aber nie Selbstzweck, sondern Verpflichtung für den Dienst an der Gemeinschaft. Aus diesem Grund verlieh ihm die Stadt Stuttgart 1909 die Ehrenbürgerwürde und dankte ihm dabei auch für die finanzielle Förderung der Stuttgarter Altstadtsanierung 1906 bis 1909.
Pfeiffer war auch politisch aktiv. Am 7. August 1866 gründete er mit Freunden und Bekannten, darunter Gustav Siegle, Kilian Steiner und Julius Hölder, die nationalliberale Deutsche Partei mit dem Ziel eines von Preußen geführten Nationalstaats. Zwischen 1868 und 1876 hatte er er als erster jüdischer Bürger einen Sitz im Württembergischen Landtag, was bis dahin gesetzlich verboten war.
1863 erschien sein erstes Buch Über Genossenschaftswesen. Pfeiffer hielt soziale Reformen für dringend notwendig und sah den idealen Weg in einem gezielten und gelenkten Selbsthilfeprogramm. Ziel seiner Anstrengungen blieb zeitlebens, die Arbeiterschaft durch stetige Verbesserungen ihrer Lebensumstände an das bürgerliche Gesellschaftssystem zu binden und sie von sozialistischen bzw. kommunistischen Ideen fern zu halten. Pfeiffer wies darauf hin, dass er die Lösung der sozialen Frage nur durch die Kooperation von besitzenden und arbeitenden Klassen für denkbar hielt. Ähnlich ausgerichtet war die 1865 erschienene Schrift Die Consumvereine, ihr Wesen und Wirken. Nebst einer practischen Anleitung zu deren Gründung und Einrichtung. Weitere Publikationen zu volkswirtschaftlichen Themen folgten. Bald setzte er die Idee des Konsumvereins in die Tat um und gründete im November 1863 den Stuttgarter Consum- und Ersparnisverein, der zum Modell für die meisten Konsumgenossenschaften in Deutschland wurde.
1865 wurde auf seine Anregung hin in Stuttgart das Büro für Arbeitsnachweis geschaffen - die erste, nicht kommerzielle Arbeitsvermittlung Deutschlands und damit ein Vorläufer des Arbeitsamts. 1874 initiierte er ein Heim für Fabrikarbeiterinnen, 1889 das Arbeiterheim in der Stuttgarter Heusteigstraße. 1910/11 stiftete er den Bau eines großen Ledigenheims, um die Missstände für Untermieter und Schlafgänger zu lösen. Vor allem aber gehen vier große Wohnkolonien (siehe unten) sowie die Sanierung der Stuttgarter Innenstadt auf seine Initiative zurück.
Neben zahlreichen Maßnahmen im Wohnungsbau gehörte die Verbesserung des Gesundheitswesens zu Pfeiffers wichtigsten Zielen. Die Stichworte Säuglingssterblichkeit, Krankenhaushygiene, Hinterhofsituation, Nahrunsgmittelhygiene etc. geben Hinweise auf die Situation um 1870/1900 - nicht nur in Stuttgart. 1910/12 finanzierte er eine dringend notwendige Säuglingsheilanstalt. Pfeiffer gehörte auch zu den Gründern dreier öffentlicher Badeanstalten in Stuttgart, zweier Volksbibliotheken, organisierte den Verkauf von gesunder Milch an Säuglinge und Kinder und eröffnete eine Kinderkrippe sowie einen Kinderspielplatz.
[Bearbeiten] Der Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen
1866 wurde auf Anregung Eduard Pfeiffers der Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen gegründet, dem er von 1876 bis 1921 selbst vorstand. Zur Förderung der Interessen und Hebung der sittlichen und wirthschaftlichen Zustände der arbeitenden Klassen (Statuten) gehörte auch die Beschaffung von Wohnraum. Zwar hatte der Verein über 100 einflussreiche und kapitalstarke Mitglieder, doch nahezu allein hinter den Aufgaben und Zielen des Vereins stand Pfeiffer, der den größten Teil der Vereinsarbeit durch persönliche Stiftungen, Schenkungen und günstige Darlehen finanzierte, die Kontakte zu Unternehmen und Kaufleuten, Banken, dem Königshaus und der Stadt pflegte und seine Ideen, Theorien, Erlebnisse und praktischen Erfahrungen einbrachte.
Der Verein war und blieb Pfeiffers wichtigste Unternehmung. Durch ihn goss er alle seine Vorstellungen und Erfahrungen in eine Form, die bis heute in Stuttgart und darüber hinaus einzigartig blieb. Die meisten Projekte gehören noch heute zur Stuttgarter Realität. Die größten gesellschaftspolitischen, sozialen, finanziellen und organisatorischen Anstrengungen unternahmen Pfeiffer und der Verein im Bereich der Wohnungsfürsorge einer rasch wachsenden Stadt.
[Bearbeiten] Eduard Pfeiffer und der Wohnungsbau
Nach einer umfangreichen Umfrage über die Wohnverhältnisse in Stuttgart im Jahr 1887, die erschreckende Ergebnisse hinsichtlich der gesundheitlichen und sozialen Zustände in vielen Altstadtwohnungen zutage förderte, beschloss der Verein unter der Führung Pfeiffers im November 1890 das Siedlungsprojekt Billige Wohnungen für kleine Leute. Schon der Titel beschreibt, dass die Zielgruppen nicht allein unter den Arbeitern gesucht wurden, sondern unter den Minderbemittelten jeder Art, d.h. auch im Handwerk. Sukzessive entstanden unter der Bauherrschaft des Vereins vier große Siedlungen in verschiedenen Teilen Stuttgarts:
- 1891-1901 Siedlung Ostheim: 1.300 Wohnungen
- 1901-1904 Siedlung Südheim: 140 Wohnungen
- 1902-1904 Siedlung Westheim: 100 Wohnungen
- 1911-1913 Siedlung Ostenau: 260 Wohnungen
Mit diesen Projekten konnte Pfeiffer nicht alle, aber - gemeinsam mit weiteren Siedlungen anderer Träger - die meisten Probleme im Stuttgarter Wohnungswesen lösen. Zu den wichtigsten Bestandteilen der neuen Siedlungen und Häuser gehörten ausreichend Fläche, Kleingärten, ausreichend große (aber auch kostenintensive) Bauabstände zur Gewährleitung von Licht und Luftzirkulation, praktische Grundrisse und der Verzicht auf gefangene Zimmer, individuelle Fassaden im Stil der bürgerlichen Wohnhäuser jener Zeit, teilweise mit Erkern, Ziergiebeln und Fachwerkapplikationen. Außerdem erhielten die Bewohner die Möglichkeit, die Häuser auf Raten zu kaufen, was sie schließlich zu Mitgliedern der besitzenden Klasse machte.
Mit der ersten Siedlung Ostheim begann auch die Zusammenarbeit Pfeiffers mit dem Stuttgarter Architekten Karl Hengerer, der mit Ausnahme von Westheim für alle Siedlungsprojekte als Planer und ausführendes Baubüro im wesentlichen verantwortlich war. Auch das Säuglingsheim und das Ledigenheim (beide 1910/12) sowie die Altsstadt-Sanierung (1906-09) wurden durch ihn geplant und ausgeführt.
[Bearbeiten] Altstadt-Sanierung Stuttgart
Die größte gemeinsame Unternehmung neben Ostheim war die umfassende Sanierung der Stuttgarter Altstadt zwischen 1906 und 1909, nach deren Realisierung Pfeiffer die Ehrenbürgerwürde verliehen wurde. Allerdings war es keine Sanierung im heutigen Sinne, sondern bedeutete den Abriss und völlige Neuplanung von rund 10% der Stuttgarter Altstadt. Die neuen Gebäude, welche die marode Altsubstanz ersetzen, waren im Stile von städtischen Wohn- und Geschäftshäusern der Spätrenaissance ausgeführt, ähnlich den Innenstädten von Innsbruck, Salzburg oder Südtiroler Ortschaften. Zugleich wurden die Straßen breiter und ein zentraler Platz vergrößert. Für eine solche romantisierende, aber im Unterschied zu den historistischen Stadtplanungen zumindest heimat- und landschaftsbezogene Gestaltung hatte sich auch Theodor Fischer grundsätzlich eingesetzt. Am Rande des Sanierungsgebiets entstand mit dem Graf-Eberhard-Bau eines der größten und modernsten Geschäftshäuser jener Zeit in Stuttgart. Neben Karl Hengerer trugen u.a. auch Paul Bonatz und Ludwig Eisenlohr einzelne Gebäude zur Sanierung bei.
[Bearbeiten] Spuren
In den Jahren des Nationalsozialismus verschwand der Name Pfeiffers aus der Öffentlichkeit. Heute trägt seinen Namen die Eduard-Pfeiffer-Straße in Stuttgarter Halbhöhenlage, der Eduard-Pfeiffer-Platz (früher Teckplatz) in der Kolonie Ostheim, das Eduard-Pfeiffer-Haus des Arbeiterbildungsvereins in der Heusteigstraße sowie die Stadtbücherei Stuttgart-Ost als Eduard-Pfeiffer-Bibliothek.
[Bearbeiten] Schriften von Eduard Pfeiffer
- Pfeiffer, Eduard: Ueber Genossenschaftswesen – Was ist der Arbeiterstand in der heutigen Gesellschaft? Und was kann er werden? Leipzig: Wigand 1863.
- Pfeiffer, Eduard: Die Consumvereine, ihr Wesen und Wirken. Nebst einer practischen Anleitung zu deren Gründung und Einrichtung. Stuttgart: Kröner 2. Auflage 1865.
- Pfeiffer, Eduard: Eigenes Heim und billige Wohnungen. Ein Beitrag zur Lösung der Wohnungs-Frage mit besonderem Hinweis auf die Erstellung der Kolonie Ostheim-Stuttgart. Stuttgart: Wittwer 1896.
[Bearbeiten] Quellen und weiterführende Literatur
- Wolfgang Schmierer: Eduard Pfeiffer - Schriftsteller, Politiker, Vorsitzender des "Vereins für das Wohl der arbeitenden Klassen", Geheimer Hofrat und Ehrenbürger von Stuttgart. 1835-1921. In: Lebensbilder aus Schwaben und Franken, Bd. 15. Stuttgart 1983, S. 316–355.
- Bernd Langner: Gemeinnütziger Wohnungsbau um 1900. Karl Hengerers Bauten für den Stuttgarter Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen. Stuttgart: Klett-Cotta 1994.
Personendaten | |
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NAME | Pfeiffer, Eduard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Bankier, Genossenschaftler und Sozialreformer |
GEBURTSDATUM | 24. November 1835 |
GEBURTSORT | Stuttgart |
STERBEDATUM | 13. Mai 1921 |
STERBEORT | Stuttgart |