Emily Ruete
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Emily Ruete (* 30. August 1844 in Beit il Mtoni bei Sansibar-Stadt als Sayyida Salme Prinzessin von Oman und Sansibar; † 29. Februar 1924 in Jena) war eine omanische Prinzessin, die nach der Heirat mit dem deutschen Kaufmann Rudolph Heinrich Ruete als Schriftstellerin und Lehrerin in Deutschland lebte.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Leben in Sansibar
Als Tochter von Sayyid Said, dem regierenden Sultan von Oman und Sansibar, und einer als Sklavin verschleppten tscherkessischen Nebenfrau, wächst sie im Palast Beit il Mtoni bei Sansibar-Stadt auf. Sie hat eine unbeschwerte Kindheit in luxuriöser Umgebung und lernt (sehr ungewöhnlich für ein arabisches Mädchen jener Zeit) lesen und schreiben, indem sie es sich selbst beibringt. Mit ihrem Halbbruder Majid verbindet sie ein besonderes Vertrauensverhältnis, dieser bringt ihr Reiten und Schießen bei, sie wohnt ab 1851 in seinem Haus.
Nach dem Tod ihres Vaters wird Majid 1856 Sultan von Sansibar. Sie wird für volljährig erklärt und erhält ihr väterliches Erbteil, eine Plantage mit Wohnhaus und 5.429 Pfund. Ihre Mutter stirbt 1859 bei einer Choleraepedemie, aus deren Erbteil erhält sie drei Plantagen und mehrere Wohnhäuser. Danach wird Salme zunehmend in Intrigen am Hofe des Sultans hineingezogen. Ihre Halbschwester Khwala und ihr Halbbruder Bargash überreden sie, sich an dem Versuch, Majid zu stürzen, zu beteiligen. Da sie am Besten lesen und schreiben kann, übernimmt sie (im Alter von fünfzehn Jahren) die Funktion einer Sekretärin für Bargash. Der Putschversuch schlägt feht, sie wird für einige Monate unter Hausarrest gestellt, danach söhnt sie sich mit Majid aus. Bargash, der für zwei Jahre des Landes verwiesen wird, betrachtet dies als Verrat an ihm und lehnt zeitlebens jeden weiteren Kontakt mit ihr ab.
1866 lernt sie den Kaufmann Heinrich Ruete aus Hamburg kennen, der in einem dem Sultanspalast benachbarten Gebäude wohnt. Der Familie ist ihre Beziehung zu Ruete bekannt, eine christliche Heirat jedoch undenkbar, sodass sie, im 4. Monat schwanger, unter Mithilfe des britischen Vize-Konsuls an Bord des Kriegsschiffes Highflier am 24. August 1866 aus Sansibar flüchtet um der dort drohenden Steinigung zu entgehen. Majid lässt dem Britischen Konsul ein formelles Protestschreiben übermitteln, ihre Brüder sind mit der gefundenen Lösung jedoch zufrieden. Sie fährt nach Aden, wo ihr Sohn Heinrich jr. am 7. Dezember 1866 geboren wird. Am 1. April 1867 lässt sie sich taufen und nimmt den Namen Emily an. Ihr erster Sohn stirbt nach ihrer Taufe, noch bevor sein Vater in Aden eintrifft.
[Bearbeiten] Leben in Deutschland
Noch in Aden heiraten Emily und Rudolph Heinrich am 30. Mai 1867 und gehen danach nach Hamburg. Am 24. März 1868 wird ihre Tochter Antonie Thawka Ruete geboren, am 13. April 1869 ihr Sohn Rudolph Said-Ruete, am 16. April 1870 ihre Tochter Rosalie Guza Ruete. Am 6. August 1870 stirbt ihr Mann, als er von einer Straßenbahn überfahren wird.
In der Folge verweigern ihr die Behörden das Erbe ihres Mannes, sie lebt jeweils kurze Zeit in Dresden, Berlin, Rudolstadt und Köln. 1875 versucht sie in London vergeblich, mit ihrem Bruder Bargash, der sich dort zu einem Staatsbesuch aufhält, in Kontakt zu kommen. Sie erhebt öffentlich Ansprüche auf ihre nach der Flucht enteigneten Besitzungen in Sansibar, die von Bargash abgelehnt werden. Im Rahmen der Zuspitzung der deutsch-britischen Gebietsauseinandersetzungen in Ostafrika versucht Bismarck sie für seine Kolonialinteressen zu benutzen, indem er sie zweimal, 1885 und 1888 in Begleitung deutscher Beamter nach Sansibar reisen lässt. Wieder werden jedoch alle Ansprüche durch Bargash abgelehnt, wieder weigert er sich, seine Schwester überhaupt zu empfangen. Nachdem im Rahmen der Berliner Konferenz und danach im Helgoland-Sansibar-Vertrag die deutsch-britischen Auseinandersetzungen geklärt waren, interessierten sich die deutschen Behörden nicht mehr für sie.
1886 veröffentlicht sie ihr erstes Buch, neben den daraus erzielten Einkünften verdient sie sich ihren Lebensunterhalt als Lehrerin für Arabisch. 1898 reist sie nach Beirut, wo Rudolph als Beamter am deutschen Konsulat arbeitet. Bis 1914 unternimmt sie weitere längere Reisen in den nahen Osten. 1922, nach dem Tod aller ihrer Halbgeschwister, setzt ihr Neffe Sultan Khalifa bin Bargash ihr eine kleine Rente aus. Sie stirbt 1924 in Jena und wird in Hamburg-Ohlsdorf begraben.
[Bearbeiten] Schriftstellerische Tätigkeit
Sie veröffentlichte zwei Bücher, Memoiren einer arabischen Prinzessin und später Briefe nach der Heimat, wobei das erste ein beachtlicher Publikumserfolg wurde. In mehreren zeitgenössische Zeitschriften wurden ausführliche Berichte über sie gedruckt. Ihr erstes Buch war die erste Autobiographie einer Araberin in der Literaturgeschichte.
[Bearbeiten] Museum in Sansibar-Stadt
Im Palastmuseum in Sansibar-Stadt ist ein Zimmer ihrem Andenken gewidmet und mit zeitgenössischem Mobiliar aus den 1860er Jahren eingerichtet. Die Flucht aus dem Sultanspalast wird hierbei besonders betont und didaktisch in das Konzept einer kritischen Würdigung der vorrevolutionären Zustände auf Sansibar eingebunden.
[Bearbeiten] Literatur
- Ruete, Emily: Leben im Sultanspalast: Memoiren aus dem 19. Jahrhundert. Europäische Verlagsanstalt 2006, ISBN 3-43452-619-6
- Waldschmidt, Julius: Kaiser, Kanzler und Prinzessin. Ein Frauenschicksal zwischen Orient und Okzident. trafo verlag, Berlin 2005, ISBN 3-89626-131-2
- Rudolph Said-Ruete: Eine auto-biographische Teilskizze. (Die Al-bu-Said Dynastie in Arabien und Ostafrika). Luzern, 1932.
[Bearbeiten] Weblinks
- Emily Ruete in der National Geographic Deutschland
- Bilder von Emily Ruete und ihrer Familie
- Genealogie der Sultansfamilie von Sansibar (engl.)
- Literatur von und über Emily Ruete im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Personendaten | |
---|---|
NAME | Ruete, Emily |
ALTERNATIVNAMEN | Salme Prinzessin von Oman und Sansibar |
KURZBESCHREIBUNG | omanische Prinzessin, Schriftstellerin und Lehrerin |
GEBURTSDATUM | 30. August 1844 |
GEBURTSORT | Beit il Mtoni bei Sansibar-Stadt |
STERBEDATUM | 29. Februar 1924 |
STERBEORT | Jena |