Enuma Elisch
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Enûma elîsch wird der babylonische Schöpfungs-Mythos genannt, der ca. im 12. Jahrhundert vor Christus in Keilschrift auf sieben Tontafeln niedergeschrieben wurde. Übersetzt bedeutet Enûma elîsch "Als droben [der Himmel noch nicht genannt war]". Es ist nicht nur der Name sondern auch der Beginn des akkadischen Weltschöpfungsepos und Lehrgedichts.
Das Werk wurde alljährlich während der Feiern zum babylonischen Neujahrsfest verlesen. Es diente zur ideologischen Untermauerung des babylonischen Herrschaftsanspruches. Es geht offenbar nicht auf ein sumerisches Vorbild zurück, sondern wurde eigens für den babylonischen Mardukkult geschaffen. Beeinflusst wurde das Werk allerdings durch ältere babylonische Werke, die sich in Teilen bei der sumerischen und akkadischen Literatur bedienen.
Im Epos wird geschildert, wie die Erde geschaffen wurde. Hier sind Abzu ("der Uranfängliche") und Tiamat ("die sie alle gebar"; dargestellt, als ein Seeungeheuer) die ersten Daseinsformen, lange vor der Schöpfung. Sie zeugen mehrere Götter, unter anderem Lachmu und Lachamu, über die außer den Namen jedoch nichts bekannt ist. Später jedoch werden Abzu und Tiamat von den jungen Göttern der neuen Generationen gestört und Abzu will sie deshalb vernichten. Sein Berater und Begleiter Mummu unterstützt ihn dabei und regt den Plan zur Tötung der anderen Götter an. Der Gott Enki jedoch belauscht die beiden und lässt Apzu durch einen Zauber in tiefen Schlaf versinken. Danach tötet er ihn, nimmt Mummu gefangen und beansprucht die Wohnstatt von Abzu für sich. Er wird nun der Herr über das Süßwasser, dessen göttliche Personifikation Abzu war. Seine Gefährtin Tiamat schwört Rache und startet einen Rachefeldzug gegen die Götter. Sie will die anderen Götter mit einer gigantischen Flutwelle töten. Bis zu diesem Punkt wird der Aufstieg der jungen Götter um Enki geschildert. Dies entspricht durchaus sumerisch-akkadischer Tradition. Doch an diesem Punkt können die jungen Götter gegen die Macht und Urgewalt nichts ausrichten und so wenden sie sich an Marduk, damit er Tiamat Einhalt gebieten möge. Dieser verlangt dafür jedoch den Vorrang vor allen anderen Göttern, was ihm schließlich auch gewährt wird. Er besiegt und tötet Tiamat, indem er ihr seinen Sack mit den vier Winden in den Rachen schmeißt wodurch sie explodiert. Aus ihrem Körper erschafft Marduk den Himmel und damit auch die Erde. Weiterhin wird die Erschaffung der Menschen aus Lehm und dem Blut eines Gottes (es gibt verschiedene Varianten, welcher Gott das war) geschildert, die einzig zur Versorgung der Götter auf der Welt sind. Sie danken Marduk ihre Existenz, indem sie die Stadt Babylon und den Marduktempel Esangila errichten.
Die Tafeln wurden Mitte des 19. Jahrhunderts in den Ruinen des Palastes von Assurbanipal in Ninive gefunden.
Aufgrund vieler Parallelen nehmen einige an, dass Enûma elîsch Vorlage für Teile der Genesis der hebräischen Bibel war, die die Motive und Geschichten aufnahm, dabei änderten sich aber Charakter und Namen. Doch wenn man beide Berichte miteinander vergleicht, fällt auf, dass es aufgrund von vielen gravierenden Unterschieden wahrscheinlicher ist, dass der Autor von Genesis Enûma elîsch zwar kannte, aber gezielt und geschickt Polemik gegen diesen Mythos eingebaut hat. So steht der biblische Gott über den Wassergottheiten aus Enûma elîsch und erschafft sogar selbst Seeungeheuer, als das zum Beispiel Tiamat dargestellt wird. So gibt es in der Bibel auch keinen Kampf zwischen den Göttern. Außerdem werden in der Bibel die Menschen nicht geschaffen, um den Göttern zu dienen, sondern Gott will Gemeinschaft mit den Menschen haben und möchte sogar, dass sie über die Erde herrschen (Genesis 1,26+27).
[Bearbeiten] Literatur
- Helmut Freydank u.a.: Lexikon Alter Orient. Ägypten * Indien * China * Vorderasien, VMA-Verlag, Wiesbaden 1997 ISBN 3-928127-40-3
- Brigitte Groneberg: Die Götter des Zweistromlandes. Kulte, Mythen, Epen, Artemis & Winkler, Stuttgart 2004 ISBN 3760823068
- W.G. Lambert: Texte aus der Umwelt des Alten Testaments [TUAT] 3,4. Mythen und Epen II, S. 565-602