Erdbeben von Kōbe 1995
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Das Erdbeben von Kōbe (jap. 阪神・淡路大震災 Hanshin Awaji daishinsai, Hanshin-Awaji-Erdbebenkatastrophe), offizielle Bezeichnung Süd-Hyōgo-Beben (兵庫南部地震 Hyōgo Nambu jishin) verursachte am 17. Januar 1995 in Japan eine Naturkatastrophe mit einer der höchsten Schadenssummen aller Zeiten.
Das Beben der Nojima-Spalte von Awaji-shima zum Berg Rokkō begann um 05:46:52 Uhr Ortszeit, hielt etwa 20 Sekunden an und erreichte eine Stärke von 7,3 nach der japanischen Skala. Sein Epizentrum lag etwa 20 km südwestlich vom Stadtzentrum von Kōbe in einer Tiefe von 16 km in der Straße von Akashi.
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[Bearbeiten] Opfer und Schäden
Durch das Erdbeben und seine Folgen starben 6.434 Menschen, rund 44.000 Menschen wurden verletzt; unter den Toten waren überdurchschnittlich viele ältere Bürger und Frauen. 300.000 Menschen wurden durch das Erdbeben obdachlos, viele davon erst durch die vom Beben ausgelösten mehr als 300 Brände. Nach einem besonders regenarmen Sommer waren die Zisternen der Stadt nicht mit Löschwasser aufgefüllt worden, sodass die Feuerwehr den meisten Bränden tatenlos zusehen musste.
Über 100.000 Gebäude wurden völlig zerstört und insgesamt fast eine halbe Million in größerem Ausmaß beschädigt.
Die Hanshin-Autobahn, die auf Stelzen durch das Kōbe-Ōsaka-Gebiet führt, brach über eine Länge von etwa 5 km zusammen. Auch zahlreiche andere Gebäude, die als sicher gegolten hatten, hielten dem Beben nicht stand. Typisch war der Kollaps im Erdgeschoss oder in einem mittleren Geschoss.
Zur Zeit des Erdbebens waren Büros, Firmen unbesetzt, Geschäfte sowie Straßen leer, Straßen- und Schienenverkehr noch fast im Ruhezustand. Zu anderer Tageszeit hätte die Zahl der Opfer um ein Vielfaches höher gelegen.
Die Gesamtsumme aller durch das Erdbeben verursachten Schäden wird auf etwa 100 Milliarden US-Dollar geschätzt.
[Bearbeiten] Kritik am Krisenmanagement
Staatlichen Stellen wurden im In- und Ausland wegen zahlreicher Versagen heftig kritisiert. Dringend benötigte Güter, Nahrungsmittel, Wasser und Decken, wurden tagelang gar nicht, und dann nur völlig unzureichend ins Krisengebiet geschafft; Notunterkünfte von staatlicher Seite nicht bereitgestellt. Ein Großteil der arbeitslos gewordenen und sich selbst überlassenen Bevölkerung verstopfte mit PKWs die wenigen passierbaren Straßen z.B. nach Osaka um Nötiges für sich und Nachbarn einzukaufen.
Die Kehrseite japanischer Organisation trat zutage: Mangel an Eigeninitiative ließ Polizei und später herbeigerufene Gruppen von Soldaten zu untätigen Statisten werden. Eine effiziente Verkehrsleitung etwa auf der Hauptachse, Route #2, wurde erst 5 Tage nach dem Beben organisiert. Tragische Einzelschicksale nicht geretteter Angehöriger hinterließen Verbitterung.
Auf der anderen Seite konnten sich staatliche Stellen kaum überwinden, außer Finanzmitteln auch tatkräftige ausländische Hilfe zu akzeptieren. Für Schlagzeilen sorgte etwa das Festhalten der schweizer Lawinenrettungsgruppe, die mit Quarantäne-Bestimmungen zu Hunden tagelang am Kansai-Flughafen festgehalten wurden, um anschließend auf bereits abgeräumte Flächen geführt zu werden. Solidarität aus dem Ausland, vor allem aber eine Welle freiwilliger Hilfsaktionen im Land fing einen Teil der stattlichen Versäumnisse auf. Wie sich bei späteren Flutkatastrophen und dem Erdbeben in Niigata 2004 zeigte, hat sich das improvisierte Katastrophenmanagement in Japan nicht entscheidend verbessert.
[Bearbeiten] Folgen
Als Folge der tektonischen Verschiebungen wurden die Pfeiler der Akashi-Kaikyo-Brücke, die sich zum Zeitpunkt des Bebens im Bau befand und heute Honshū mit der Insel Awaji verbindet, um fast einen Meter auseinander geschoben. Die Bauarbeiten konnten allerdings ohne Verzögerungen fortgesetzt werden.
Der japanische Nikkei 225-Börsenindex fiel am Tag nach dem Erdbeben um über tausend Punkte. Dies führte indirekt zum Ende der Barings Bank, da deren Mitarbeiter Nick Leeson hohe Summen in Optionen auf den Nikkei investiert hatte. Die letztendlichen Verluste von über 1,4 Milliarden US-Dollar trieben die Barings Bank in den Bankrott.
Der Hafen von Kōbe, vormals der umschlagstärkste Nicht-Ölhafen der Welt, fand nach den Zerstörungen nicht mehr zu seiner früheren Rolle zurück; ebenso büßte die Schuhindustrie und anderes verarbeitendes Gewerbe dauerhaft an Substanz ein.
Kōbe erhielt im Zuge des Wiederaufbaus eine modernere, auf Erdbebensicherheit und Katastrophenmanagement ausgerichtete Infrastruktur.
Der 17. Januar ist, vor allem in Kansai, zum Tag des Katastrophenschutzes geworden.