Frühneuhochdeutsch
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Frühneuhochdeutsch nennt man die historische Sprachstufe der deutschen Sprache zwischen dem Deutsch des Mittelalters (dem Mittelhochdeutschen) und dem heutigen Deutsch (dem Neuhochdeutschen). Die Periode der frühneuhochdeutschen Sprache wird ungefähr von 1350 bis 1650 angesetzt. Das bekannteste Textzeugnis dieser Sprachstufe ist Luthers Bibelübersetzung von 1545.
Das Frühneuhochdeutsche ist von einer Reihe von Lautwandlungsprozessen gekennzeichnet, die das Mittelhochdeutsche vom Neuhochdeutschen abgrenzen und die im Frühneuhochdeutschen bereits begonnen hatten, aber noch nicht abgeschlossen waren. (Dazu gehören z.B. die sog. "Dehnung in offener Tonsilbe", die "Neuhochdeutsche Monophthongierung", die "Neuhochdeutsche Diphthongierung" und die Umstellung von einer "Quantitätssprache" auf eine "Akzentsprache".) So beginnt man in dieser Zeit zum Beispiel, das "ei", das im Mittelhochdeutschen noch [ei] ausgesprochen wurde (ähnlich dem "ay" im englischen "to say"), als [ai] auszusprechen, und "sl" wird zu "schl" (z.B. "slafen" zu "schlafen"). Ausführlicheres zu diesen Lautwandlungsprozessen findet man im Artikel zum Mittelhochdeutschen.
Wie weit der jeweilige Lautwandel bereits fortgeschritten war und wie zuverlässig er sich schon in der (damals noch nicht orthographisch geregelten) Schreibweise niedergeschlagen hatte, war jedoch regional sehr unterschiedlich. Dass ein phonologisch so uneindeutiger und uneinheitlicher Sprachzustand trotzdem als eine eigenständige Sprachstufe kategorisiert wird, liegt vor allem daran, dass die frühneuhochdeutsche Zeit eine wichtige Kulturepoche darstellt, die große Auswirkungen auf die deutsche Sprachgeschichte hatte. So wurde zum Beispiel der Wortschatz des Deutschen durch Luthers Bibelübersetzung, seine Lieddichtungen und durch das umfangreiche Reformationsschrifttum enorm erweitert. Durch den Einfluss des Humanismus traten außerdem eine Anzahl lateinischer Lehnwörter zur deutschen Sprache hinzu und die Grammatik wurde nach dem Vorbild der lateinischen Sprache teilweise umstrukturiert.
Der Wortschatz der Frühneuhochdeutschen wird erfasst und beschrieben im Frühneuhochdeutschen Wörterbuch.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Christa Baufeld: Kleines frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Niemeyer, Tübingen 1996, ISBN 3-484-10268-3
- Frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Hrsg. von Robert R. Anderson [für Bd. 1] / Ulrich Goebel / Anja Lobenstein-Reichmann [für die Bände 5, 6, 11-13] und Oskar Reichmann. Berlin / New York 1989 ff.
- Frédéric Hartweg, Klaus-Peter Wegera: Frühneuhochdeutsch. Eine Einführung in die deutsche Sprache des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. 2. Auflage. Niemeyer, Tübingen 2005, ISBN 3-484-25133-6
- Walter Hoffmann, Friedrich Wetter: Bibliographie frühneuhochdeutscher Quellen. Ein kommentiertes Verzeichnis von Texten des 14. - 17. Jh. (Bonner Korpus). 2., überarbeitete Auflage. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1987, ISBN 3-8204-8671-2
- Hugo Moser, Hugo Stopp (Hrsg.): Grammatik des Frühneuhochdeutschen. 7 Bände. Winter, Heidelberg 1970–1988
[Bearbeiten] Weblinks
- Das Bonner Frühneuhochdeutschkorpus
- Suchmaschine für Frühneuhochdeutsch
- Frühneuhochdeutsche Texte bei Wikisource: 15. Jahrhundert, 16. Jahrhundert, 17. Jahrhundert
Althochdeutsch (Ahd.) | Mittelhochdeutsch (Mhd.) | Frühneuhochdeutsch (Fnhd.) | Neuhochdeutsch (Nhd.)