Friedrich Nietzsche. Biographie seines Denkens
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Die Schrift Friedrich Nietzsche. Biographie seines Denkens von Rüdiger Safranski unternimmt es, Nietzsches Philosophie in ihrer Genese darzustellen. Das heißt, Safranski zeigt auf, welche Bildungserlebnisse Nietzsches einzelnen Werken vorausgingen.
[Bearbeiten] Inhalt
Safranski beginnt damit, dass der fünfjährige Nietzsche den Tod seines Vaters Karl Ludwig Nietzsche, eines Pfarrers in dem kleinen Dorf Röcken bei Lützen, als tiefen Einschnitt erlebte und mit zwölf Jahren seine erste Abhandlung „Vom Ursprung des Bösen“ schrieb. Er hebt die Selbstbeobachtung hervor, zu der Nietzsche durch die vielen Lebensläufe, die er in Schulpforta zu schreiben hatte, angeleitet wurden und die ihm die Erfahrung eingebracht hätten, nicht Individuum, sondern ein sich beobachtendes Dividuum zu sein.
Dann verweist Safranski darauf, dass Nietzsche in der Musik das Ungeheure und das wahre Sein erlebt habe, insbesondere bei eigenen Improvisationen, die ihn in einen Musikorgiasmus geführt hätten. Das Ende der Musik mit seiner Rückkehr in die gewöhnliche Welt habe er als Ekel empfunden. Vor der damit verbundenen postsirenischen Traurigkeit bedeuteten für Nietzsche Worte, Handlungen und Mythen - wie in Wagners Opern - einen Schutz.
Safranski hebt hervor, dass Nietzsche in der Geburt der Tragödie die Sklaverei der Vielen rechtfertige, weil nur diese die Kultur ermögliche, die allein das grausame Dasein rechtfertige, weil sie in einem Genius eine Verzückungsspitze erreichen könne, die ein ästhetisches Erleben ermögliche, das dem Leben Sinn gebe.
Die aus dieser Vorstellung heraus entwickelte Arbeits- und Freundschaftsbeziehung zu Richard Wagner sei allerdings angesichts der Erfahrung der ersten Festspielaufführung in Bayreuth zerbrochen, weil Wagner dabei in Nietzsches Augen zu sehr an seiner Wirkung auf die adlige Gesellschaft interessiert gewesen sei.
Nach der Abwendung von Wagner habe sich Nietzsche stärker auf Sokrates eingelassen. Dabei habe er weiterhin dessen Vorstellung von der Universalheilkraft des Wissens abgelehnt, doch habe er über Demokrits Vorstellung von den fallenden Atomen als einziger Grundlage der Welt zur modernen Naturwissenschaft gefunden und Sokrates jetzt nicht mehr wegen seines Erkenntnisdranges kritisiert, sondern deswegen, weil er nicht radikal genug erkannt habe.
So habe Nietzsche am Erkennen des Dionysischen als des für den Intellekt Unerkennbaren festgehalten und habe anders als Kant das unerkennbare „Ding an sich“ in der Fröhlichen Wissenschaft „auf jede Gefahr“ „jedes Wagnis des Erkennenden“ gelobt.
Mit seiner Erfahrung am Surley-Felsen nahe Sils-Maria am 6. August 1891, die ihm über einen rechnerischen Vorgang die Gewissheit der ewigen Wiederkehr der Dinge verschafft habe, hat Nietzsche dann aber nach Safranski seine eigene Erkenntniskritik wieder negiert, um zu neuen metaphysischen Gewissheiten und im Willen zur Macht zu einer neuen causa prima zu finden.
Im Schlusskapitel bietet Safranski eine kurze Wirkungsgeschichte Nietzsches, die unter anderem auf seinen Einfluss auf die Lebensphilosophie, seine Rezeption in der Zeit des Nationalsozialismus, insbesondere durch Karl Jaspers und Martin Heidegger und seinen Einfluss auf die Dialektik der Aufklärung von Theodor W. Adorno und Max Horkheimer eingeht.
[Bearbeiten] Bibliographische Angaben
Rüdiger Safranski: Friedrich Nietzsche. Biographie seines Denkens. München u. a.: Hanser. 2000. ISBN 3-446-19938-1