Glaziale Serie
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Die Glaziale Serie (von lateinisch "glacies" = "Eis") bezeichnet in Mitteleuropa den regelhaft ausgebildeten Formenschatz, der während der pleistozänen Vergletscherungen an den Randlagen des Eises entstand. Man unterscheidet dabei die nach geomorphologischen Regeln angeordneten Formen von den geologischen Sedimenten. Eine vollständige Glaziale Serie entsteht, wenn der Eisrand (nicht das Eis) über längere Zeit stabil bleibt. Der Begriff Glaziale Serie wurde von Albrecht Penck zunächst für das nördliche Alpenvorland geprägt. Später wurde der Begriff erweitert und auch auf das Skandinavische Vereisungsgebiet ausgedehnt.
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[Bearbeiten] Glaziale Serie im Alpenvorland
Penck unterschied bei der alpinen Vorlandvergletscherung zwischen den Landformen des Zungenbeckens mit der Grundmoräne, die Endmoräne und das davor liegende Schotterfeld.
Die Alpinen Gletscher, die während der Höhepunkte der Eiszeiten ein Eisstromnetz ausbildeten, überschritten dabei wiederholt die Grenze der Alpen und stießen in das Alpenvorland vor. Dort bildeten sie flächenmäßig ausgedehnte Vorlandgletscher aus. Die Becken, die dabei von den Gletschern ausgefüllt und zum Teil ausgeschürft wurden, bezeichnet man als Zungenbecken. Neben, vielleicht sogar noch vor der Abtragung von Material spielte aber die Ablagerung von Geschiebemergel in den Zungenbecken eine bedeutende Rolle. Typische Formen innerhalb der Zungenbecken im Alpenvorland sind Drumlins. Glaziale Rinnen gibt es kaum. Die meist kräftig und sehr deutlich ausgebildeten Endmoränen umrahmen das Zungenbecken. Jenseits der Endmoränen befindet sich die Schotterebene, welches von den Schmelzwässern des Eises aufgeschüttet wurde. Sie bekamen ihr Wasser meist aus Gletschertoren, deren ehemalige Lage auch heute noch an Einsattelungen der Endmoränenzüge erkennbar ist. Oft sind die Schotterflächen deutlich terrassiert; jüngere Abflüsse haben sogenannte Trompetentälchen in die älteren Schotterflächen eingeschnitten. Urstromtäler treten im Alpenvorland nicht auf, da das Schmelzwasser der Gletscher immer von den großen Strömen Donau, Rhein, Rhône und Po oder ihren Nebenflüssen abgeführt wurde.
[Bearbeiten] Glaziale Serie im nördlichen Mitteleuropa
Das nördliche Mitteleuropa wurde, ähnlich wie das Alpenvorland von den Alpengletschern, mehrfach vom skandinavischen Inlandeis erreicht bzw. überfahren. Die Formen der Glazialen Serie folgen daher von Nord nach Süd aufeinander. Man unterscheidet hier die Grundmoräne, Endmoräne, Sander und das Urstromtal. Zungenbecken sind im skandinavischen Vereisungsgebiet ein Bestandteil der Grundmoränenlandschaft. Da das vorstoßende Inlandeis die vorhandene Landschaft vollständig unter sich begrub, sind die eiszeitlichen Formen und Ablagerungen in Norddeutschland flächendeckend verbreitet. Die Landschaft, die unter dem Eis lag und von der Bewegung des Gletschereises geformt wurde, ist die Grundmoräne. Meist überwiegen flache bis flachwellige Gebiete, auf denen das Eis Geschiebemergel ablagerte. Zungenbecken, bei denen das Ausschürfen von Material eine bedeutende Rolle spielte, kommen nur untergeordnet vor. Glaziale Rinnen sind hingegen im nördlichen Mitteleuropa eine weit verbreitete Erscheinung. Die Endmoränenzüge begrenzen auch hier die Grundmoränenflächen nach Süden. Jedoch sind die Endmoränen in Norddeutschland oft lückenhaft ausgebildet und weniger hoch als im Alpenvorland. Dennoch treten sie in der gering reliefierten Landschaft als Höhenzüge deutlich in Erscheinung. Auf Grund der Lückenhaftigkeit hat sich in Norddeutschland die neutrale Bezeichnung Eisrandlage für die Endmoränenzüge durchgesetzt. Mehr oder weniger ausgedehnte Sander schließen sich an die Endmoränen an. Sie sind vom Schmelzwasser gebildete Schwemmkegel. Auch ihr Wasser erhielten sie von Gletschertoren, die die Endmoränenzüge zerschneiden. Die Schmelzwässer, die auf den Sanderflächen abflossen, sammelten sich im Urstromtal und flossen parallel zum Eisrand nach Nordwesten ab. Urstromtäler sind eine Sonderform für das nördliche Mitteleuropa.
[Bearbeiten] Glaziale Serie als Modell der Landschaftsentstehung
Wie alle Modelle gibt auch das Modell der Glazialen Serie die realen Verhältnisse nur vereinfacht wieder. Insbesondere wird oft nicht beachtet, dass die Formen der Glaziale Serie nahezu zeitgleich nebeneinander entstehen, während der Eisrand an der Endmoräne verharrt. Weiterhin muss das Eis erst einmal bis zu den späteren Endmoränen vorstoßen und andererseits auch wieder abschmelzen. Die Prozesse, die dabei ablaufen, verändern das Modell der Glazialen Serie deutlich. Eine häufige Variation ist zum Beispiel das Verschütten von Grundmoränenflächen durch jüngere Schmelzwässer.
Außerdem kann ein wiederholtes Vorstoßen der Gletscher zur Verschachtelung verschieden alter Formen der Glazialen Serie führen. So entwässerten zum Beispiel eng hintereinander liegende Endmoränenzüge in Brandenburg über die gleichen Sanderflächen und das gleiche Urstromtal.
[Bearbeiten] Weitere Begriffe in diesem Zusammenhang
Eisstausee, Findling, Kames, Oser, Urstromtalung