Goldener Reis
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Unter goldenem Reis oder Goldreis (Miraculous golden rice oder SGR1) versteht man eine gentechnisch veränderte Reisrasse. Es wurden drei artfremde Gene und damit ein mehrschrittiger Syntheseweg in das Genom eingefügt. Zwei Gene der Osterglocke (psy (phytoene synthase) und lyc (lycopene cyclase) und eins (crt1) von einem Bakterium Namens Erwinia uredovora. Dank dieser drei Gene kommt es zur Bildung von Beta-Carotin (Provitamin A) im Endosperm der Reiskörner, die deshalb (gold-)gelb / orange gefärbt sind. Wird der Reis in Verbindung mit Fetten verspeist kann das Provitamin aufgenommen werden und wird dann im Körper zu Vitamin A bzw. Retinol umgewandelt.
Goldreis wurde entwickelt von Ingo Potrykus von der Eidgenössische Technische Hochschule Zürich zusammen mit Peter Beyer von der Universität Freiburg. Das Projekt startete 1992 und wurde 2000 veröffentlicht.
Das Ziel der Veränderung war laut der beteiligten Forscher, ein Mittel gegen den in Entwicklungsländern Asiens häufigen Vitamin-A-Mangel (Ursache für Augenleiden bis hin zu Erblindung) zu finden. Da die Nahrungsgrundlage dieser Völker größtenteils aus Reis besteht, lag es auf der Hand eine Reissorte für diese Zwecke zu nutzen.
Das Projekt hat zu großen Kontroversen geführt, sowohl Kritiker als auch Befürworter sind an diesem Projekt auf Grund der großen medialen Aufmerksamkeit gleichermaßen interessiert.
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[Bearbeiten] Durchführung
Ansatzpunkt der Entwicklung von Goldenem Reis ist die Sorte Japonica Taipei 309 von Oryza sativa, der entwickelte Reis wurde "Oryza sativa, GR" benannt. Als Ausgangspunkt für die Biosynthese von β-Karotin in Reis wurde das Molekül Geranylgeranyldiphosphat (GGPP) gewählt, welches eine Reihe von weiteren Reaktionen eingeht, wie z.B. Zyklisierungsreaktionen. Um von GGPP zu β-Karotin zu gelangen, müssen die pflanzlichen Enzyme Phytoensynthase (PSYS), Phytoendesaturase (PDS) ζ-Karotindesaturase (ZDS) und Karotin-cis-trans-isomerase (CRTISO) hinzugefügt werden. Das entstehende Produkt, all-trans-Lycopen, musste dann durch eine β-Lycopencyclase (β-LCY) zu β-Karotin umgewandelt werden. Die bakterielle Desaturase CRTI aus dem Bakterium Erwinia uredovora konnte als Enyzm identifiziert werden, welche die Schritte von PDS, ZDS sowie CRTISO durchführen konnte. Als Phytoensynthase wurde das entsprechende Enzym aus Narzissen (NpPSY von Narcissus pseudonarcissus) gewählt. Da später festgestellt wurde, dass es sich hierbei um das geschwindigkeitsbestimmende Enzym handelt wurde nach einer effektiveren Phytoensynthase gesucht, und jene aus Mais für katalytisch aktiver befunden. Aus dieser Entdeckung resultierte die Varität "Golden Rice 2".[1] Die eingesetzten Gene wurden unter die Kontrolle von Glutelinpromotoren gesetzt (die spezifisch für das Endosperm sind) und die Pflanzen transfiziert. Es stellte sich heraus, dass Reiskörner dieser Pflanzen bereits eine gelblich-goldene Färbung zeigten, das eigentlich erwartete all-trans-Lycopen sollte eigentlich rot sein. Es zeigte sich nach weiteren Untersuchungen, dass eine im Reisendosperm aktive β-Lycopencyclase vorhanden ist, die das Lycopen in ausreichender Geschwindigkeit zu β-Karotin umsetzt. Somit entfielen weitere Transfektionsschritte. [2]
[Bearbeiten] Positionen der Befürworter
- Im Gegensatz zu allen anderen (bisher zugelassenen) Eigenschaften gentechnisch veränderter Pflanzen, ist Goldener Reis die Entwicklung einer unabhängigen Forschergruppe. Die Firmen, die das Projekt unterstützt haben und heute auch einige Patente halten, haben an dieser Forschung zwar mitgearbeitet, selber aber jedes finanzielle Interesse abgewiesen [1]. Goldener Reis kann also nach dem Einkreuzen in lokale Varitäten von den Landwirten selbst vermehrt werden.
- Goldener Reis hat durch das Transgen keinen evolutionären Vorteil. Sollte die zusätzliche Eigenschaft wieder auskreuzen, werden auch wilde Sorten keinen Selektionsvorteil daraus haben.
- Das - aus Sicht der Befürworter - stärkste Argument für Goldenen Reis ist der humanitäre Aspekt. Oft werden hohe Todeszahlen genannt, die durch die Einführung des Goldenen Reis' verhindert werden könnten.
- Im Gegensatz zu anderer kommerzieller Gentechnik ist für den Bauern vor Ort keinerlei Umstellung seine Methoden o. ä. nötig (keine höheren Kosten, optimalerweise keine Ertragsänderungen).
- Die beteiligten Wissenschaftler werfen den Gegnern des Projekts oft vor, diese hätten zu hohe Erwartungen. So war z. B. nie daran gedacht worden, Goldenen Reis als alleinige Vitamin-A-Quelle anzusehen - der für den Tagesbedarf nicht ausreichende Vitamin-A-Anteil wurde aber von Kritikern oft bemängelt. Vielmehr war bekannt, dass der Großteil der Vitamin-A-Mangelernährten durchaus eine gewisse Menge Vitamin A aufnimmt, nur eben nicht genug. Syngenta gab anderseits bekannt, dass es gelungen sei, den Vitamin-A-Gehalt in neueren Varianten des „Golden Rice“ um das 23-fache zu erhöhen, wodurch bereits der Verzehr von 70 Gramm pro Tag den Bedarf eines Menschen decken soll (Golden Rice 2).
[Bearbeiten] Kritikpunkte
- Kritiker bezweifeln das altruistische Engagement der Forscher und sehen in dem Projekt eher eine Werbekampagne für die grüne Gentechnik.
- Das Beta-Carotin kann nur in Verbindung mit Fetten aufgenommen werden (weil es fettlöslich ist), aber gerade in den entsprechenden Regionen sind Fette wenig verfügbar.
- Die Ursachen der Ernährungsprobleme in den betroffenen Ländern ist nicht eine grundsätzliche Ressourcenknappheit, vielmehr sind meist Kriege, Armut, mangelnde Bildung sowie schwache Strukturierung in den Regionen dafür verantwortlich.
- Das Problem des Vitamin-A-Mangels ließe sich einfacher mit dem Verzehr anderer traditioneller Gemüsesorten (z. B. Süßkartoffel) oder auch einer sehr günstigen und simplen Medikation beheben.
- Das anfängliche Vorhaben der Forscher, das Produkt völlig uneigennützig auch für Kleinbauern zugänglich zu machen, wurde nicht in voller Konsequenz umgesetzt: Mittlerweile wurden auf Teile der Pflanze sowie deren Produkte Patente angemeldet. Allerdings soll gegenüber Kleinbauern sowie lokalen Händlern in Entwicklungsländern auf die eigentlich fälligen Lizenzgebühren verzichtet werden, falls diese mit dem Reis weniger als 10000 US-Dollar pro Jahr umsetzen.
- Die aktuellen (2005) Versionen des Golden Rice haben vermehrt Wachstumsstörungen (mdl. Mitteilung von Dr. Salim Al-Babili, einem der beteiligten Forscher). Grund dafür könnte eines der drei eingefügten Gene sein. Das Gen für die Carotin-Desaturase stammt ursprünglich aus Bakterien und ist für Zwischenschritte der Carotin-Synthese verantwortlich. Dieses Gen wird durch den zugehörigen bakteriellen Promotor konstitutiv - also immer und in allen Zellen - exprimiert. Es wird damit konstitutiv ein Enzym (die oben genannte Carotin-Desaturase) gebildet, die aus bestimmten Ausgangsstoffen (Terpen-Derivate) eine Vorstufe des Carotins (Lycopin) bildet. Das Problem ist jedoch, dass genau diese umgebauten Ausgangsstoffe gleichzeitig Ausgangsstoff für pflanzliche Wachstumshormone sind. Diese Wachstumshormone regeln Wachstum, Blütezeit und Reifung der Reispflanzen. Eine Hypothese ist, dass die Synthese der Wachstumshormone durch die Aktivitäten der bakteriellen Carotin-Desaturase gestört wird.
[Bearbeiten] Aktueller Stand des Projekts
Nach erfolgreichen Feldtests in Louisiana, die die Stabilität des Ereignisses betrafen, wird im Moment auf den Philippinen (IRRI), in Indien, Indonesien und China Goldener Reis in lokale Arten eingekreuzt und es werden die zur Zulassung als Kulturpflanze notwendigen Tests durchgeführt. Syngenta forscht weiter an Goldenem Reis.
[Bearbeiten] Weblinks
- Golden Rice Project Eigendarstellung (engl.)
- Stellungnahme von Greenpeace Deutschland
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ J.A. Paine, C.A. Shipton, S. Chaggar, R.M. Howells, M.J. Kennedy, G. Vernon, S.Y. Wright, E.Hinchliffe, J.L. Adams, A.L. Silverstone, R. Drake: Improving the nutritional value of Golden Rice through increased pro-vitamin A content. In: Nature Biotechnology. 23/2005 S. 482-487 doi:10.1038/nbt1082
- ↑ S. Al-Babili, P. Beyer: Golden Rice - five years on the road - five years to go? In: Trends in Plant Science. 12/10/2005 S. 565-573 Volltext