Diskussion:Hugo Distler
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Ich möchte an dieser Stelle ein paar Fragen stellen, was Distler und den Nationalsozialismus, bzw. das Verhältnis der Kirchenmusik zum Nationalsozialismus betrifft, denn es ist bemerkenswert, inwiefern Distler sich zwar in seinen Werken teils vehement auf die Seite der Kirche stellt, in Schrift und Wort allerdings eine anfangs große Begeisterung für die NS-Ideologie bestand. Als Quellen sind hier ausgewählte Texte des Jahrkreises zu nennen (so, z.B. "Wach auf, wach auf, du deutsches Land", hier heisst es wörtlich:
- " Bedenk, was Gott dir hat gesandt und dir vertraut sein höchstes Pfand!" (Erste Strophe)[...]
- "Gott hat dir Christum seinen Sohn, die Wahrheit und das Leben, sein liebes Evangelion aus lauter Gnad gegeben"(Zweite Strophe)[...]
- [...]"in Gottes Furcht dich halten fein und suchen Gottes Ehr' allein"(dritte Strophe)[...]
- "Was vormals Unrecht Sünd und Schand, das tut man jetzt gut preisen, was vormals Blei und Zinn genannt, das heißt jetzt Hart' Eisen"(Vierte Strophe)[...]
Für Distlers Verhältnisse erstaunlich offen, wenn man bedenkt, dass er nie gegen die NSDAP sein Wort erhoben hat und bis zu seinem Tod Parteimitglied war.)
Ebenfalls erwähnenswert wären seine Nähe zu Parteigrößen oder solchen, die sich dafür hielten und die Umstände wie er letzlich nach Berlin in ein hohes kirchenmusikalisches Amt gelangte.
- "Nach 1933 wegen seines großen kirchenmusikalischen Engagements von politischer Seite mehr und mehr in die Enge getrieben, wechselte Distler 1937 in ein weltliches Amt und wurde Lehrer für Komposition und Orgel sowie Leiter des Hochschulchors an der Württembergischen Musikhochschule in Stuttgart."
Das ist für mich neu. Wie gesagt, Distler war zumindest zu Beginn der dreißiger Anhänger des Nationalsozialismus. Und schaffte es u.A. durch seine engen Verbindungen in höchste Ämter (1942 die Leitung des Berliner Staats- und Domchores). Distlers schizophrene Haltung und seine tatsächliche innere Zerissenheit sind auf jeden Fall noch zu erwähnen (sehr gut hier: "Lebensangst").
Leider fehlt eine vollständige Biographie Distlers wohl auch wegen seines vergleichsweise geringen Bekanntheitsgrades. Am ehesten ließe sich hier wohl Hanheide (Hrsg.): Hugo Distler im Dritten Reich. Osnabrück 1997 empfehlen. (ich hatte es doch hier irgendwo! wenn ich es finde, kann ich noch ein paar auszüge präsentieren, ist ein vorlesungsband)
[Bearbeiten] Zerissenheit
Ein Zitat Distlers zu seiner "Zerissenheit", das mir dabei sofort einfällt:
Es (das Konzert op. 14) ist ein wütendes Stück, so wütend Sie mich kennen; aber es ist sehr ehrlich gemeint; wenn es so 'modern' wurde, so nicht etwa deshalb, weil ich einmal recht 'modern' erscheinen wollte, sondern weil ich nun einmal so eine verrenkte Gliederpuppe bin.
(in einem Brief 1936)
Distler stand mit dieser Zerissenheit sicher nicht allein. Ich denke, für Musiker war es schwerer, sich zu positionieren, als für Geistliche oder Literaten, weil Musik einen viel weiteren Interpretationsspielraum hat als Sprache. Man muss seine widerstrebenden Gedanken als Komponist nicht ausformulieren, sondern kann sie in der Musik sublimieren und gleichzeitig systemkonform sein - womit man sich dann u.U. selbst kompromittiert. Das Bild von der verrenkten Gliederpuppe spricht jedenfalls Bände.
Tatsächlich erinnert mich der Artikel in seiner jetzigen Form eher an die Biografie von Schostakowitsch.
Es gibt übrigens inzwischen den biografischen Ansatz, Distler habe sich nicht eigentlich wegen des inneren Konfliktes mit dem Nationalsozialismus das Leben genommen, sondern wegen einer Liebesaffäre, die er nicht mit seiner Ehe in Einklang bringen konnte. Das würde dann sein Verständnis als Opfer des dritten Reiches überhaupt in Frage stellen.
Was ist übrigens mit der Biografie von Winfried Lüdemann? Die soll sehr umfassend sein. -Feijoo 11:27, 4. Mär 2006 (CET)
[Bearbeiten] Bild?
Hat jemand ein Bild von Hugo Distler ?? --Dr.cueppers 15:09, 6. Jun 2006 (CEST)