Intertextualität
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Intertextualität bedeutet, dass jeder Text nicht für sich steht, sondern im Kontext anderer Texte. Dies kann in einer Art Dialog geschehen, in Stil-Kopien und -Persiflagen, oder auch durch offengelegte oder verborgene Zitate. Eine Frühform der Intertextualität ist die Hypolepse, ebenso das Flickengedicht, das Cento.
Unter dem Oberbegriff der Intertextualität werden die Bezüge zwischen Texten untersucht; die wissenschaftliche Grundlage dafür bildet die Intertextualitätstheorie.
Allgemein gesagt ist Intertextualität die Beziehung zwischen Texten, wobei man die Einzeltextreferenz (Integration eines Textes in einen anderen, beispielsweise durch Zitat, Anspielung, als Parodie, Pastiche, Travestie usw.) von der Systemreferenz (Beziehung zwischen einem Text und allgemeinen Textsystemen, beispielsweise bestimmten literarischen Gattungen) unterscheidet. Problematisch wird die Analyse von Intertextualität dann, wenn Autoren zwar intertextuell arbeiten, jedoch keine Kennzeichnung (durch Anführungszeichen oder Kursivschrift oder Namensnennung) vornehmen. Andererseits besteht natürlich die Möglichkeit, dass ein Autor unbewusst intertextuelle Bezüge herstellt, die durch die Lektürekenntnisse des Lesers zum Vorschein kommen. In diesem Fall verlagert sich die Intertextualitätsforschung von der Autor-Text-Beziehung zur Text-Leser-Beziehung. Das Problem Intertextualität gehört zu den interessantesten und wichtigsten Forschungsgegenständen der Komparatistik, da es den Textbegriff erweitert hat und größeren Aufschluss darüber gibt, was einen literarischen Text in seinem Wesen ausmacht, wodurch er zu einer spezifischen künstlerischen Tätigkeit des Menschen wird.
[Bearbeiten] Beispiele
Intertextualität ist Grundlage für die ironische, komische etc. Wirkung von Variationen bereits allseits bekannter Texte.
"Das Märchen vom Gelbkäppchen" zum Beispiel erhält Aufmerksamkeit, wird gelesen und automatisch mit dem Original verglichen, eben weil das "Rotkäppchen" dem Leser / der Leserin bekannt ist. Formulierungen wie "Du sollst deine Kinder ehren" oder "Du sollst nicht begehren deines Nachbarn Porsche, auch wenn er schneller ist als deiner" beziehen ihre Wirkung daraus, dass in unserem Sprach- und Kulturkreis jede/r das Muster erkennt und den Bezug zu den 10 Geboten herstellen kann. So lassen sich stärkere Wirkungen erzielen (Distanz, Komik u.ä.), als wenn nicht auf eine gemeinsame Grundlage von Texten zurückgegriffen werden könnte. Wenn eine Reportage den Titel "Der Elefantenflüsterer" trägt, werden die meisten Leser dabei sofort den Bezug zum "Pferdeflüsterer" herstellen und so eine relativ zutreffende erste Vorstellung davon gewinnen, wovon dieser Beitrag handelt. In all diesen Fällen macht sich der Autor das Phänomen der Intertextualität zunutze und spart damit viele Worte, umständliche Vergleiche oder Erklärungen.
Siehe auch: Intertextualitätstheorie,Intermedialität, Hypertext
[Bearbeiten] Literatur
- Graham Allen (2000): Intertextuality. Routledge, London/New York.
- Ulrich Broich, Manfred Pfister (Hg.) (1985): Intertextualität. Formen, Funktionen, anglisitsche Fallstudien. Tübingen, Niemeyer.
- Julia Kristeva (1969): Shmeiotikh. Recherches pour une sémanalyse, Paris.
- Julia Kristeva (1972): Bachtin, das Wort, der Dialog und der Roman. In: Literaturwissenschaft und Linguistik. Ergebnisse und Perspektiven. Bd. 3: Zur linguistischen Basis der Literaturwissenschaft II. Hrsg. v. Jens Ihwe. Frankfurt/M. 1972, S. 345-375.