Johann Georg Tinius

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Du hast neue Nachrichten auf deiner Diskussionsseite.

Johann Georg Tinius (* 1764 in Staako, heute Staakmühle (Niederlausitz); † 24. September 1846 in Gräbendorf bei Königs Wusterhausen) war ein deutscher Theologe und Bibliomane, der wegen Räuberei und zweier Morde, die er neben Unterschlagung von Kirchengeldern zur Finanzierung seiner Sammelsucht begangen haben soll, nach einem über zehnjährigen Indizienprozess 1823 zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt wurde.

[Bearbeiten] Leben

Tinius war Sohn eines Schäfers. Aufgrund seiner großen Begabung fand er Förderer und konnte so in Wittenberg das Gymnasium besuchen und anschließend Theologie studieren. Er bekleidete mehrere Pastorenstellen, von 1798 bis 1809 in Suhl-Heinrichs und in Poserna bei Leipzig. Dort hortete der Bibliomane 50.000 bis 60.000 Bücher, teilweise sogar in einer Scheune. Er besuchte häufig Leipzig, um neue Bücher zu erwerben - wobei er sich hoffnungslos verschuldete - und während der Kriegswirren 1813 einen sicheren Aufenthaltsort für seine Bücher zu suchen. Als zur selben Zeit eine vermögenden Witwe in Leipzig ermordet wurde, geriet er in Verdacht, ein lange gesuchter Räuber und Mörder zu sein. Die Aussagen einer Magd und seine Versuche, kompromittierendes Material beiseite schaffen zu lassen (er wollte seine Schulden als mögliches Motiv verschleiern), brachten ihn schließlich bis 1836 ins Gefängnis, auch wenn er Zeit seines Lebens seine Unschuld beteuerte. Die wertvolle Bibliothek wurde versteigert und selbst Goethe hat wohl einige Werke erworben.

Tinius' Schuld wurde bislang kaum bezweifelt. Er ging als Prototyp des Bibliomanen in die Geschichte ein und viele Schriftsteller beschäftigten sich mit der Figur. Im 4. Band des "Neuen Pitaval" von 1843 wurde der Fall dargestellt, Paul Gurk verfasste 1936 ein Theaterstück mit dem Titel "Magister Tinius", der Theologe Klaas Huizing schrieb 1994 einen Roman, der sich, die gängigen Klischees bedienend, vage an Tinius' Schicksal orientiert, ("Der Buchtrinker"). 2005 erschien ein Roman von Detlef Opitz ("Der Büchermörder"), der das Tinius-Bild versucht, vollständig zu korrigieren. Der Autor hat mehrere Jahre viele zugänglichen Quellen über Tinius studiert, aber auch Quellen erschlossen, die bis dato unzugänglich waren oder als verschollen galten, etwa die Original-Prozessakten von 1813, und hegt Zweifel an der Täterschaft des Bibliomanen. Woran freilich auch Opitz keine Zweifel lässt, ist die Bücherleidenschaft des Beschuldigten.

[Bearbeiten] Werke

Merkwürdiges und lehrreiches Leben des M. Johann Georg Tinius, Pfarrers zu Poserna in der Inspektion Weissenfels von ihm selbst entworfen (1813)
Biblische Prüfung von Brennecke's Beweis, daß Jesus nach seiner Auferstehung gegen 27 Jahre auf Erden gelebt (1820)
Der jüngste Tag; ob, wie und wann er kommen wird (1836)
Sechs bedenkliche Vorboten einer großen Weltveränderung, an Sonne und Erde sichtbar (1837)
Die Offenbarung Johannis (1839, in Haft entstanden)

[Bearbeiten] Literatur

Jörg Kowalski: Tinius oder die Bibliothek im Kopf. Dobis/Bernburg: Ed. Augenweide 1998
Klaas Huizing: Der Buchtrinker. Bamberg: Verl. Fränkischer Tag 2004 ISBN 3-936897-06-9 (zuerst als Der Buchtrinker: zwei Romane und neun Teppiche. München: Knaus 1994 ISBN 3-8135-1976-7)
Detlef Opitz: Der Büchermörder: ein Criminal. Frankfurt am Main: Eichborn 2005 ISBN 3-8218-5763-3
Paul Gurk: Magister Tinius: Ein Drama des Gewissens. Bremen: Schlüssel 1946 (zuerst: "Gespendet allen Teilnehmern an der Tagung der Gesellschaft der Bibliophilen im Mai 1936 in Chemnitz" 1936)

[Bearbeiten] Weblinks

Personendaten
NAME	Tinius, Johann Georg
KURZBESCHREIBUNG	deutscher Theologe und Bibliomane
GEBURTSDATUM	1764
GEBURTSORT	Staako, heute Staakmühle (Niederlausitz)
STERBEDATUM	24. September 1846
STERBEORT	Gräbendorf bei Königs Wusterhausen