Johannes Harder

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Johannes Harder (* 28. Januar 1903 in Neuhoffnung-Alexandertal bei Uljanowsk/Wolga; † 7. März 1987 in Schlüchtern) war ein deutsch-russischer Schriftsteller, religiöser Sozialist und Sozialwissenschaftler

Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Leistungen 3 Werke 4 Literatur 5 Weblinks 6 Einzelnachweise

[Bearbeiten] Leben

Harder wurde als Sohn eines Schmieds an der Wolga in Ostrussland geboren (Russlandmennoniten, Wolgadeutsche). Die Großeltern waren 1878 von der Weichsel in das Wolgagebiet ausgewandert. Während des 1. Weltkrieges lebte die Familie in Orenburg in Verbannung (sog. Zivilgefangenschaft) und emigrierte 1918 nach Königsberg. Harder studiert dort Wirtschaft, Slavistik, Philosophie und Literaturwissenschaft. Nach dem Studium schloß er sich den Bruderhöfern um Eberhard Arnold an und lebte ca. 1925-28 auf den Bruderhöfen in der Rhön und in Thüringen. 1928 arbeitet er als Redakteur und Lektor in Hamburg und gründete den Hans Harder Verlag. In Hamburg erscheint 1934 sein erster Roman 'In Wologdas weißen Wäldern' unter dem Pseudonym Alexander Schwarz. 1933 schloss er sich der 'Bekennenden Kirche' an und betätigte sich dort von 1937-41 im Reisedienst. Vorübergehender Austritt aus der Mennonitengemeinde, da einige Gemeinden offen mit dem Nationalsozialismus sympathisierten. 1946 wurden im sowjetisch besetzen Teil Berlins seine sämtlichen Schriften verboten und alle vorhandenen Exempare entfernt. Im gleichen Jahr wurde er als Professor für Sozialwissenschaften an die Bergische Universität Wuppertal (damals Pädagogische Akademie) berufen. 1968 Emeritierung und Tätigkeit als Prediger, Ältester der Mennonitengemeinde in Frankfurt/M.

[Bearbeiten] Leistungen

Eine Anekdote über den griechischen Philosophen passt sehr gut an den Beginn einer Beschreibung des Wirkens von Johannes Harder: ' Diogenes geht am hellichten Tag mit einer Laterne in der Hand über den Markt von Athen. Er leuchtet hier einem, dort einem ins Gesicht, schüttelt den Kopf, geht weiter, so lange, bis ihn einer frägt, was er am helllichten Tag, mit seiner Laterne wolle. "Ich suche", sagt Diogenes, "einen Menschen." '. ^[1]

Diese Anekdote, auf die Harder selbst gern in Reden Bezug nahm, kann gut als Motto für sein Leben verstanden werden. Diogenes wird oft als der erste Mensch beschrieben wird, der sich als „Weltbürger“ bezeichnete, statt Bürger einer Stadt oder eines Staates. Dies trifft auf den Kosmopolit Johannes Harder gleich in mehrfacher Hinsicht zu. Er war nicht nur Weltbürger in diesem Sinn, sondern ebenso auch ein politisch Denkender, statt Mitglied in einer politischen Gruppierung oder Partei; ein religiöser Mensch, statt Mitglied in nur einer Glaubensgemeinschaft oder Kirche. Diogenes inszenierte sein Leben als ein fortwährendes öffentliches Ärgernis. Auch dies scheute Harder nicht: Gleich nach dem Krieg wurde er im Ostteil Berlins auf die Liste der Schriftsteller gesetzt, deren Werke endgültig zu entfernen sind. In der Bundesrepublik gehörte er zu den ersten Ostermarschierern, nahm an zahlreichen Demonstrationen teil wie auch an dem Sitzstreik vor dem Raketenlager in Mutlangen. Seine Tätigkeit als Soziologieprofessor fand seinen Niederschlag in dem 'Wuppertaler Modell' der Straffälligenpädagogik und Delinquenzprophylaxe.

[Bearbeiten] Werke

Romane und Erzählungen

• In Wologdas weißen Wäldern, Altona/Elbe 1934 (unter dem Pseudonym:Alexander Schwarz);
• Das Dorf an der Wolga. Ein deutsches Leben in Rußland, Stuttgart Steinkopf 1937
• Wie Lukas Holl seine Heimat suchte. Eine wolgadeutsche Bubengeschichte, Berlin 1938;
• Die Hungerbrüder, Heilbronn 1938;
• Die vier Leiden des Adam Kling, Heimatdienstverl. [Buchh. d. Berliner ev. Missionsges.], 1942;
• Der deutsche Doktor von Moskau. Der Lebensroman des Dr. Friedrich Joseph Haas, Stuttgart, Steinkopf,1940;
• Klim - Ein russisches Bauernleben, Berlin 1940;
• Timm - Eine Weihnachtsgeschichte, Bielefeld 1947;
• Willusch sucht seinen Vater u. a. Erzählungen, Claudius Verlag München 1956;
• Apostelgeschichte in Polen - Eine Erzählung, in: Auf dem Weg zu Dir (Hausbuch), Gelnhausen-Berlin-Dahlem 1958, 246-59;
• Die Nacht der Befreiung (Erzählung), Halle: Mitteldeutscher Verlag, 1958 ;
• Apostelfahrt nach Laskovo - Erzählung, Wuppertal : Kiefel, 1959;
• Die Auswanderung des Christian Schroth. Eine Wolgageschichte, in: Jahrb. d. Mennoniten in Südamerika 1961, Curitiba/Brasilien 1960, 47-58;
• Die Nacht am Jacotiner See, Bielefeld: Ludwig Bechauf Verlag, 1960;
• Und der Himmel lacht mit. Heiteres von Theologen und Theolunken. Freiburg, Herder Verlag,, 1982.
• Johannes Harder; Bruno Horst Bull; Ulrich Hommes; Johannes B. Lotz; Ursula von Mangoldt; Karl Heinz Pfeiffer; Helmut Thielicke: Mehr Freude! von lächelnden Heiligen und fröhlichen Christen, Sonderausgabe, Herder, 1984.;
• Lebensweisheit des russischen Volkes, Ges., übers. u. hrsg. von Johannes Harder, Herder, Freiburg (Breisgau), 1985

Texte zu Literatur (inkl. Übersetzungen), Sozialwissenschaft, Pädagogik

• Marzinkowskij, Wladimir. Christus unter der russischen Jugend. Aufsätze und Reden. Gesammelt und ins Deutsche übertragen von Johannes Harder. Karlsruhe i.B. Hans Harder Verlag, 1928
• Nikolai Lesskov - Das Tier (Erzählung), Aus d. Russ, übers. v. Johannes Harder, Bielefeld : Bechauf, 1948
• Nikolai Lesskov - Der Bärenwärter (Erzählung), Aus d. Russ. übers. von Johannes Harder, Bielefeld : Bechauf, 1951
• Dichtung als Dienst. Zur Deutung der russischen Romandichtung, in: Kraft u. Innigkeit (Festschrift Hans Ehrenberg), Heidelberg 1953, 64-72;
• Zur Frage der sozialen Erziehung, in: Die deutsche Schule-Zeitschr. für Erziehungswissenschaft u. Gestaltung der Schulwirklichkeit, Nr. 3, 48. Jg., 1956, 107-13;
• Zwischen Atheismus und Religion. Eine Deutung Dostojewskis, Wuppertal-Barmen Jugenddienst Verl., 1956;
• Nicolai Lesskow - Seltsame Geschichten, Übers. von Johannes Harder, Bielefeld : Bechauf, 1957
• Kritiker der Kirche. F. M. Dostojewskij, in: Kritik an der Kirche, hrsg. v. H.-J. Schultz, Stuttgart-Olten-Freiburg 1958, 279-83;
• Kampf um den Menschen. Eine Deutung Nikolai Leskovs, Jugenddienst-Verl. Wuppertal-Barmen 1959. (Das Gespräch; 22)1959;
• Zwischen Nihilismus u. Nachfolge. Eine Deutung Tolstois, Wuppertal-Barmen : Jugenddienst-Verl. 1960
• Der Mensch im russischen Roman. Deutungen : Gogol, Dostojewski, Leskov, Tolstoi, Wuppertal-Barmen: Jugenddienst-Verlag 1961;
• Vladimir Solovjov: Das Judentum und die christliche Frage. 1884, Übersetzt von Johannes Harder. Wuppertal-Barmen, Jugenddienst-Verlag 1961.
• Pädagogik als Utopie. Zum Erziehungsproblem bei Lev Tolstój, in: Evang. Kinderpflege, Witten (Ruhr) 1963, 234-39;
• Vorwort zu: Puschkin, Alexander S.: Briefe. Ausgewählt und ins Dt. übertr. von Fega Frisch. Düsseldorf: Rauch 1961.
• Rudolf Bohrenmut; Oskar Hammelsbeck, Johannes Harder, mut zur welt, Wuppertal-Barmen : Jugenddienst-Verl. 1962
• Proteste. Stimmen russischer Revolutionäre aus zwei Jahrhunderten, Wuppertal: Jugenddienst Verl., 1963
• Russische Frauen. Erzählungen aus dem alten und neuen Rußland, Hereusgegeben und übertragen von J. Harder, Eugen Diederichs Verlag Düsseldorf-Köln 1964
• Der russische Nihilismus - Idee u. Experiment, in: Freiheit u. Verantwortung in Schule u. Hochschule (Festschrift Oskar Hammelsbeck), hrsg. v. I. Heuser u. H. Horn, Wuppertal-Ratingen 1969, 124-131;
• Der Deutsche in der russischen Literatur, in: Heimatbuch der Deutschen aus Rußland 1973-1981, Stuttgart 1981, 117-25;
• Johannes Harder; Erich Mertens: Jung-Stilling-Studien, Siegen, J.G. Herder Bibliothek Siegerland, 1984

Texte zu Politik, Theologie und Geschichte

• Das Mennonitentum in Rußland. Zur Deutschenflucht aus der Sovjetunion, in: Neue Wege, Nr. 3, 24. Jg., 1930, 141-46;
• Die Reformation in der Ukraine, in: Wort u. Werk (n. F. des Rettungsboten), Nr. 10, 15. Jg., 1935, 141-46;
• Das Evangelium in der russischen Verfolgung. Vom Sterben u. Auferstehen einer Kirche, Witten 1936;
• Das sibirische Tor. Vier Jahre Orenburger Zivilgefangenschaft (1914-1918), Stuttgart 1938;
• Was heißt Reformation? Gladbeck 1947;
• Seid getrost und arbeitet, Gladbeck 1947;
• Christoph Blumhardt - eine Botschaft an die Gegenwart, Gladbeck 1947;
• Die christliche Erzählung, in: Der evang. Erzieher, 1. Jg., Aug./Sept. 1949, 29-34;
• Was heisst Kirche?, Gladbeck, 1949
• Der Osten als Frage an den Westen. Eine Besinnung, Lemgo i. Lippe 1952;
• 15 Jahre nach der Kristallnacht: Ein posthumes Wort zur Bundestagswahl vom 6. September 1953. Von Lothar Ahne, Johannes Harder, Hans Ehrenberg, in: JK 15,1954, 47f
• Kraft und Innigkeit. Hans Ehrenberg als Gabe der Freundschaft im 70. Lebensjahr überreicht. Zusammengestellt und hrsg. von Johannes Harder. Heidelberg: Lambert Schneider, 1953
• Bernhard Harder, in: Mennonitisches Jahrbuch, 69. Jg., 1954, 3-6;
• Gewaltlosigkeit als christl. Zeugnis, in: Stimme der Gemeinde zum kirchl. Leben, zur Politik, Wirtschaft u. Kultur, Nr. 3, 7. Jg., 1955, 49-54;
• Christoph Blumhardt (1842-1919), in: Evang. Sozialreformer d. 19. Jh., Stuttgart 1956, 67-76;
• Das Mennonitentum als gemeindliche u. gesellschaftliche Erscheinung, in: Der Mennonit, Nr. 6, 11. Jg., 1958, 69-71;
• Mensch u. Mitmensch, in: Deutsche Universitätszeitung, Nr. 11/12, 14. Jg., 1959, 661-69;
• Die Einheit der Bibel u. die Vielfalt der Konfessionen, in: Der Mennonit, Nr. 7, 13. Jg., 1960, 84-86;
• Friede als Lebenshaltung, In: Der Weg des Friedens, Usingen/Taunus : Dt. Mennonitisches Friedenskomitee, 1960;
• B. H. Unruh - Theologian and Statesman, in: Mennonite Life, 15. Jg., Jan. 1960, 3;
• Kleine Geschichte der orthodoxen Kirche, München, Chr. Kaiser Verlag 1961;
• Die Macht der Ohnmächtigen - Der Protestantismus zwischen Rom u. Moskau, Vortrag auf d. 2. Pfälz. Kirchentag am 2. September 1962, Hamburg-Bergstedt : Reich 1963;
• Friede als Diakonie an der Welt, in: Der Mennonit, Nr. 12, 19. Jg., 1966, 180ff;
• Nikolaj Alexandrowitsch Berdjajew, in: Tendenzen der Theologie im 20. Jh. - Eine Geschichte in Porträts, hrsg. v. H.-J. Schultz, Stuttgart-Berlin-Freiburg 1966, 137ff;
• Caritas u. Solidarität, in: Was tun Sie, wenn Sie einen Menschen lieben? Hrsg. v. R. Dirx, Wuppertal 1967, 64-68;
• Festschrift zur Feier des 800-jährigen Jubiläums der Gemeinde Hohenzell , hrsg. v. J. H., Schlüchtern-Hohenzell 1967;
• Dem Gruppenegoismus ist gekündigt worden - Die Überwindung d. Gruppenegoismus im Mennonitentum, in: Der Mennonit, Nr. 12, 20 Jg., 1967, 170-71;
• Christl. Existenz heute zwischen Kirche u. Welt, in: Dienst für Kirche u. Schule (Festschrift Edgar Boué), hrsg. v. A. Bach, Dortmund 1968, 65-69;
• Heilsame Unruhe, in: Der Mennonit, Nr. 4, 21. Jg., 1968, 51-52;
• Plädoyer für das Gespräch oder Gedanken über das Elend unserer Gottesdienste, in: Zum Gottesdienst morgen. Ein Werkbuch, hrsg. v. H. G. Schmidt, Wuppertal 1969, 34-42;
• Christoph Blumhardt - Skizze einer Botschaft, in: Im Dienst für Schule, Kirche u. Staat (Gedenkschrift Arthur Bach), hrsg. v. H. Horn u. I. Röbbelen, Heidelberg 1970, 104-09;
• Worte des evang. Pfarrers und Landtagabgeordneten Christoph Blumhardt, hrsg. v. J. H., Wuppertal 1972;
• Johannes Harder, Gerrit Funke, Robert Labus: Stellungnahme des Bundes der Religiösen Sozialisten Deutschlands zur Erklärung des Rates der Ev. Kirche Deutschlands über Terrorismus, Junge Kirche 11/77 38. Jahrgang S. 571-572
• Gegen den Strom. Aufsätze zur mennonitischen Existenz heute, hrsg. v. H.-J. Goertz, Hamburg 1978;
• Christoph Blumhardt - Ansprachen, Predigten, Reden, Briefe: 1865-1917, 3 Bde., hrsg. v. J. H., Neukirchen-Vluyn 1978;
• Johannes Harder, Robert Labus: Zur Genesis der Alternativ-Bewegung, Bochum 1978
• Aufbruch ohne Ende - Geschichten meines Lebens, Vorwort von Johannes Rau, Hrsg. von Gudrun Harder und Hermann Horn, Wuppertal-Zürich, Brockhaus 1992

[Bearbeiten] Literatur

• C. Krahn, Johannes Harder - A Mennonite Novelist, in: Mennonite Life, 8. Jg., April 1953, 78-79;
• Gerhard Deimling, Recht und Moral : Gedanken z. Rechtserziehung [Johannes Harder z. 70. Geburtstag am 28. JAN 1973], Neuwied, Berlin : Luchterhand 1972
• Hermann Horn (Hrsg.), Entscheidung u. Solidarität (Festschrift für J. H.) - Beitr. z. Theologie, Politik, Literatur u. Erziehung (u.a. von Wolfgang Abendroth), hrsg. v. , Wuppertal: Hammer, 1973,
• Ders., Recognition at Seventy: J. H., in: Mennonite Life, 28. Jg., Juni 1973, 54;
• D. Visser, Ketterij als Motor van de Kerkgeschiedenis - Interview met J. H., in: Doopsgezinde Bijdragen, Nr. 8, 1982, 84-87;
• A. Reimer, Johannes Harder: A Reflective Tribute to a Remarkable Mennonite, in: Journal of Mennonite Studies, 5. Jg., 1987, 167-71;
• J. Wozniak, Das wolgadeutsche Geschichtserlebnis der `guten alten Zeit' (1763-1914) in der deutschen Prosa der Zwischenkriegszeit, in: Zwischen Reform u. Revolution. Die Deutschen an der Wolga 1860-1917, hrsg. v. D. Dahlmann u. R. Tuchtenhagen, Essen 1994, 356-71;
• MennEnc V (1990), 362.
• Daniel Heinz - Johannes Harder, in:Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon Band XV (1999) Spalten 685-688

[Bearbeiten] Weblinks

• Literatur von und über Johannes Harder im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
• Zusammen mit E. Bloch, H.-M. Enzensberger, W. Jens, M. Niemöller u.a unterzeichneter Aufruf zum Ostermarsch 1966 aus: aktion 7, S. 3, Dezember 1965 [1]
• Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia Online [2]
• Liste der Autoren, deren gesamte Produktion endgültig zu entfernen ist,Berlin. Magistrat. Abteilung für Volksbildung 1946 [3]

[Bearbeiten] Einzelnachweise

1. ↑ http://www.gavagai.de/philosoph/HHP42.htm

Personendaten
NAME	Harder, Johannes
ALTERNATIVNAMEN	Harder, Hans
KURZBESCHREIBUNG	Schrifsteller und Sozialwissenschaftler
GEBURTSDATUM	28. Januar 1903
GEBURTSORT	Neuhoffnung-Alexandertal bei Ul'janovsk/Wolga
STERBEDATUM	7. März 1987
STERBEORT	Schlüchtern