Königsmechanismus
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Königsmechanismus wurde als soziologischer Begriff von Norbert Elias geprägt. Er bezeichnete damit (1969 in „Die Höfische Gesellschaft“) die Strategie eines Herrschenden, ihn bedrohende starke Interessengrupen derart gegeneinander auszuspielen, dass sie sich in einem Machtgleichgewicht befinden und zu seinem Nutzen immer wieder an ihn appellieren müssen. Dies erhält ihn nicht nur an der Macht, sondern ist auch geeignet, sein Sozialprestige derart zu steigern, dass man ihn z. B. als 'geniale' Führungspersönlichkeit überschätzt, indes er nur ein fähiger Spieler seiner sozialen Rolle zu sein hat.
Elias' Musterbeispiel war der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. zwischen den zwei Ständen Adel und Bürgertum, der den Adel bei Hofe um seine Gunst miteinander konkurrieren ließ und damit wirtschaftlich ruinierte, die Staatsverwaltung aber davon getrennt hielt und bürgerlichen intendants wie Colbert zuordnete - daher „Königsmechanismus“. Doch findet sich dieser Mechanismus auch bei Formen autoritär oder demokratisch regierter Staaten, in Konzernen usw., ggf. abgeschwächt. (Vgl. divide et impera.)
Solche Machtstrategie eines Königs erzwang den Verzicht auf eine unmittelbare Durchsetzung der parteilichen Eigentinteressen. Auch mussten die Akteure in einem „Prozess der Zivilisation“ gelernt haben, ihre spontanen Bedürfnisse und Affekte zu bändigen („sich zu beherrschen“), und das bildete sich am französischen Königshof auch kraft dessen strengen Zeremoniells heraus. Beim aufstrebenden Bürgerstand erwuchs er aus dessen haushälterischer Geschäftsdisziplin.
Es ist dies ein europäischer Rationalisierungsprozess, den Elias bis in die Sphäre alltäglicher Gewohnheiten hinein verfolgte.