Kalliasfrieden
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Der Kalliasfrieden wurde 449/448 v. Chr. von dem Athener Kallias zwischen dem Attisch-Delischen Seebund und dem Perserreich unter Großkönig Artaxerxes I. in einem Friedensabkommen ausgehandelt. Artaxerxes sicherte darin zu, die Inbesitznahme der ägäischen griechischen – vormals unter persischer Kontrolle stehenden – Küstenstädte des Attisch-Delischen Seebunds durch diesen zu sanktionieren. Allerdings sollten auch diese Städte nicht daran gehindert werden, wieder unter die Herrschaft des Perserreichs zurückzukehren. Im Gegenzug dazu unterließ der Attisch-Delischen Seebund weitere Aktionen gegen das Perserreich im östliche Mittelmeer. Für viele Jahrzehnte wurde so den langen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen beiden Parteien ein Ende gesetzt.
Die Athener jedoch hatten ursprünglich durch Kallias eine rechtliche Anerkennung – nicht nur eine Tolerierung – ihres Machtbereiches und klare Grenzen in der Ägäis gefordert. Deshalb waren sie mit der ausgehandelten – jederzeit widerrufbaren – persischen Zusage des Gewaltverzichtes, nicht einverstanden und verurteilten den nach Hause zurückkehrenden Kallias wegen Verrats zu einer ansehnlichen Geldstrafe von 50 Talenten.
Die Chancen für einen derartigen Friedensvertrag waren schlecht gewesen. Artaxerxes erkannte, dass der Attisch-Delischen Seebund vor allem Frieden – d.h. ein Ende der Kampfhandlungen und friedliches Leben für seine Küstengebiete – wollte. Die Perser dagegen waren nur daran interessiert, das militärische Konfliktpotential im Mittelmeer zu verringern. So machten die Perser geschickt Zugeständnisse, ohne ihre eigene Machtposition wirklich aufzugeben.
[Bearbeiten] Forschungsproblematik
Die Authentizität des Kalliasfriedens ist in der Forschung umstritten. Klaus Meister u.a. halten ihn für unhistorisch, während Ernst Badian u.a. ihn wiederum für glaubwürdig halten. Problematisch ist er aus mehreren Gründen. So hätte mit ihm der Attische Seebund de facto seine Funktion verloren, was nicht im Interesse Athens lag. Auch gab es nach dem Friedensschluss noch Reibungspunkte. Und vor allem: Warum berichtet Thukydides nicht über ihn? Plutarch ist bei der Beantwortung dieser Frage nicht hilfreich. Andererseits berichtet Herodot sehr wohl von einer Gesandtschaft, die „viele Jahre später“ in Susa eintraf, unter Führung eines gewissen Kallias – der eben jener Kallias, Sohn des Hipponikos, gewesen ist (Herodot, VII 151). Auch Diodor gibt die Ergebnisse wieder (Diodor, XII 4,5). Und vielleicht handelte es sich beim so genannten Kalliasfrieden um keinen regelrechten Frieden, wie z.B. Christian Meier meinte (Meier, Athen, Taschenbuchausgabe 1997, S. 397 f.). Eine eindeutige Antwort kann jedoch kaum formuliert werden.
[Bearbeiten] Literatur
- Badian, Ernst: The Peace of Callias, in: JHS (= Journal of Hellenic Studies) 107 (1987), S. 1-39.
- Bloedow, E.F.: The peaces of Callias, in: Symbolae Osloenses 67 (1992), S. 41-68.
- Bosworth, A.B.: Plutarch, Callisthenes and the Peace of Callias, in: JHS 110 (1990), S. 1-13.
- Mattingly, Harold B.: The Peace of Kallias, in: Historia 14 (1965), S. 273-281.
- Meister, Klaus: Die Ungeschichtlichkeit des Kalliasfriedens und deren historische Folgen, Wiesbaden 1982.
- Thompson, Wesley E.: The Peace of Callias in the Fourth Century, in: Historia 30 (1981), S. 164 ff.
- Walsh, John: The Authenticity and the Dates of the Peace of Callias and the Congress Decree, in: Chiron 11 (1981), S. 31 ff.