Kindersegnung
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Kindersegnung ist eine kirchliche Praxis, die sich auf neutestamentliche Berichte beruft, nach denen Jesus Kinder gesegnet hat (Matthäusevangelium 19,13-15; Markusevangelium 10,13-16; Lukasevangelium 18,15-17). In manchen Kirchen wird der Akt der Kindersegnung auch als Darbringung bezeichnet. Biblischer Hintergrund dieses Begriffes ist die Darbringung Jesu im Jerusalemer Tempel am achten Tag nach seiner Geburt (Lukasevangelium 2,21-24).
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[Bearbeiten] Biblischer Befund
Menschen (Eltern?) - so berichten die Synoptiker übereinstimmend - bringen Kinder zu Jesus, "damit er sie anrühre". Welche Absichten sie damit konkret verbanden, wird in den genannten Berichten nicht erwähnt. Wahrscheinlich ist jedoch, dass sie damit eine magische Kraftübertragung des Rabbis Jesus erhofften. Die Jünger Jesu stellen sich diesem Begehren in den Weg, was jedoch von Jesus massiv getadelt wird. In diesem Zusammenhang fällt das bekannte Jesus-Wort: "Lasset die Kinder zu mir kommen, denn ihnen gehört das Reich Gottes (Himmelreich)!" Die Jünger geben daraufhin ihren Widerstand auf. Jesus umarmt die Kinder, legt ihnen die Hände auf und segnet sie.
[Bearbeiten] Theologische Deutung
Jesus offenbart sich - gegen den Widerstand seiner Jünger - als Freund der Kinder und spricht ihnen das Reich Gottes als Eigentum zu. Interessant im Zusammenhang der Diskussion Kindertaufe versus Gläubigentaufe ist hier, dass das Jesus-Wort "...denn ihnen gehört das Reich Gottes" über ungetauften Kindern ausgesprochen wird. Bedeutsam ist auch, dass Jesus die Kinder nicht tauft beziehungsweise ihre Taufe nicht veranlasst (siehe Johannesevangelium 4,2), sondern den Kindern "nur" die Hände auflegt und sie segnet.
Die Kindertaufe übenden Kirchen sehen keinen Widerspruch zwischen Jesu Kindersegnung und der christlichen Taufe, die sie im Auftrag des auferstandenen Christus begründet sehen. Sie erbitten für Kinder Gottes Segen daher sowohl vor wie bei und nach ihrer Taufe.
[Bearbeiten] Praxis der Kindersegnung

Viele taufgesinnte Freikirchen praktizieren anstelle der Kindertaufe die Kindersegnung. Andere Kirchen, die zwar in der Regel die Kindertaufe praktizieren, räumen jedoch Eltern die Möglichkeit ein, ihre Kinder segnen zu lassen. Dazu gehört unter anderem die Evangelisch-methodistische Kirche.
Kirchen, die ausschließlich die Gläubigentaufe vollziehen, segnen gewöhnlich neugeborene Kinder bei einer häuslichen Feier oder im Gottesdienst der Gemeinde.
Zum Beispiel Evangelisch-Freikirchliche Gemeinden und Adventgemeinden gestalten gottesdienstliche Kindersegnungen meist auf folgende Weise:
- In der Schriftlesung wird ein Bibeltext zitiert, der von Kindersegnung handelt.
- Der Pastor beziehungsweise Gemeindeälteste erklärt den Sinn der Segnung und macht deutlich, warum taufgesinnte Gemeinden keine Kindertaufe praktizieren.
- Die Eltern stellen ihr Kind der Gemeinde vor.
- Der Pastor (oder Gemeindeälteste) spricht unter Handauflegung das (meist frei formulierte) Segensgebet.
- Ein Segenslied der Gemeinde oder des Chores schließt die Segenshandlung ab.
Die Ostkirchen praktizieren zwar durchgängig die Kindertaufe, da diese aber mit vollem Untertauchen geschieht, wird damit gewöhnlich etwa sechs Wochen nach der Geburt gewartet, bis der Säugling unempfindlich genug dafür ist. Daher ist hier auch eine Kindersegnung kurz nach der Geburt üblich, bei der der Säugling vom Priester in den Altarraum der Kirche getragen wird.
Die römisch-katholische Liturgie kennt einen eigenen Segensgottesdienst für noch nicht getaufte Kinder (Rituale Romanum, De Benedictionibus. Editio typica. Città del Vaticano 1984, Nr. 156-169) in folgender Weise:
- Nach der Versammlung und Begrüßung der Mitfeiernden erfolgt eine kurze Einführung in den Sinn der Feier, wobei besonders die Bedeutung des Kreuzes und des Kreuzzeichens erklärt werden.
- Eine einschlägige Bibellesung wird vorgetragen, z. B. Mk 10, 13-16 (Jesu Segnung der Kinder). Eine Deutung der Schriftperikope kann sich anschließen. Danach singt man den Antwortpsalm oder ein passendes Lied und spricht Fürbitten.
- Dann erfolgt die Segnung des Kindes durch Gebet und Zeichen. Im Anschluss an das Segensgebet zeichnen Gottesdienstleiter und Eltern schweigend das Kreuz auf die Stirn des Kindes.
- Mit dem Schlusssegen endet die Feier. Sie wird geleitet von einem Priester, Diakon oder Laienchristen, etwa einem Katecheten.
Kindersegnungen müssen kein einmaliges Geschehen bleiben. In vielen Kirchengemeinden werden Kinder häufiger unter den Segen Gottes gestellt. Anlässe sind dafür zum Beispiel der Eintritt des Kindes in den Kindergarten oder in die Schule, besondere Kindergottesdienste oder Veranstaltungen der Sonntagsschule und des Kindergottesdienstes, Krankheit des Kindes oder die Entlassung aus dem Gemeindeunterricht.
[Bearbeiten] Weblinks
- Kindersegnung (pdf-Datei; 135 KB)