Tempel
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Tempel (v. lat. templum) ist die deutsche Bezeichnung von Gebäuden, die seit dem Neolithikum in vielen Religionen als Heiligtum dienten. Zuvor wurden Naturhöhlen und Abris als Kultstätten genutzt, die diese Funktion auch noch lange beibehielten und neben den ersten Tempeln existierten. Der älteste Bau, auf den die Bezeichnung direkt angewendet wird, ist der maltesische Tempel (ab 3.800 v. Chr).
Von der Grundbedeutung des Wortes ausgehend, ist lat. Templum (in der etruskischen und römischen Religion) zunächst nichts anderes als ein vom Bereich des Profanen abgegrenzter Bezirk, in dem Auguren die Beobachtung und Deutung des Vogelfluges und anderer Zeichen ausübten. Auch in der altgriechischen Religion war der Tempel anfangs kein "Gotteshaus", sondern Altar und Götterbild befanden sich innerhalb des Heiligen Bezirks, aber außerhalb des eigentlichen Tempels (so noch in unmittelbar vorklassischer Zeit zum Beispiel auf der Akropolis von Athen). Dementsprechend fand die Gottesverehrung im Freien statt, was auch für andere Völker galt.
Der Tempel ist auf vielfältige Weise in das Religionssystem eingebunden. Der visuelle Aspekt steht anfangs noch nicht im Vordergrund. Der Tempel ist der Ort, an dem rituelle Handlungen für oder durch die Gläubigen (eher durch die in ihrem Auftrag handelnden) ausgeführt werden. Eine kosmologische Symbolik gewinnt bereits beim Tempel von Newgrange (3150 v. Chr.) an Bedeutung, bleibt aber auf wenige Parallelfälle beschränkt. In manchen Kulturen repräsentiert der Tempel den Kosmos schlechthin. Tempel werden oftmals als Aufenthaltsort der Götter aufgefasst. Stellt man sich den Berg als Sitz der Götter vor (Olymp), so ist u. U. auch der Tempel als Berg (Pyramide, Ziggurat) konzipiert. Es kommt schließlich zur Vorstellung eines häuslichen Lebens der Götter, das dem der Menschen entspricht; z.B. Tagesabläufe mit Weckung, Toilette, Speisung. Der sakrale Bezirk ist immer vom profanen Raum getrennt (Temenoi); der Tempel kann bestimmten Göttern vorbehalten sein oder in verschiedene Bereiche aufgeteilt sein, die bei den ältesten Tempeln auch verschiedene göttliche Kompetenzen voraussetzen.
Für die Gläubigen bedeutet der Gang zum Tempel die Begegnung mit dem Heiligen. In Stadtkulturen ist der Tempel das zentrale Bauwerk und prägt die Siedlung. Neben der religiösen Bedeutung des Tempels ist, besonders in Hochkulturen, auch die wirtschaftliche nicht zu unterschätzen. Es kommt zum Austausch materieller und geistiger Güter. Auch die Bildungseinrichtungen sind häufig an den Tempel gebunden.
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[Bearbeiten] Die israelitischen Tempel
Die Hebräer besaßen jeweils nur ein einziges offizielles Heiligtum zur gleichen Zeit. Zuerst das "Zelt der Zusammenkunft", auch Tabernakel oder Stiftshütte genannt. Davon wird in der Hebräischen Bibel erzählt. Es folgten der salomonische und der herodianische Tempel zu Jerusalem. Die Tempel des Judentums unterschieden sich von den Tempeln des klassischen Altertums (s.u.).
Siehe Hauptartikel Israelitischer Tempel
[Bearbeiten] Ursprung der Tempel der klassischen Antike
Der Begriff Tempel ist eine direkte Entlehnung aus dem Lateinischen. Templum stellt sich zum griech. Verbum τέμνω - schneiden. Ursprünglich bezeichnete Templum jenen Bereich, den der Augur aus der natürlichen Topographie "herausschnitt" um in diesem Bereich seine Beobachtungen zu machen. Nur das wurde vom Auspex gedeutet und zum göttlichen Zeichen erhoben, was in diesem Bereich, eben im Templum geschah. Diese Tätigkeit des Auguren nannte man "contemplatio", woher sich der Begriff der Kontemplation, die verinnerlichte Betrachtung ableitet. Die Entwicklung zum Gebäude verlief vermutlich dergestalt, daß ein solches Fanum, also Heiligtum, später materiell vom "Profanen", also der sich außerhalb des Heiligtums befindenden Welt, abgetrennt wurde. Immerhin galten die Zeichen als Manifestationen eines Gottes, und damit beanspruchte dieser Gott dann das Areal für sich.
Die ältesten Bauten mit ausschließlich kultischer Funktion entstanden bereits um 10.000 vor Chr. in der Levante. Bei den Völkern des klassischen Altertums ein der Gottheit geweihter Bezirk, dann das auf demselben stehende Gebäude, zur Aufnahme der Götterbilder, des Altars und der Priester, aber nur selten des Volkes bestimmt. Im Innern des eigentlichen Tempelhauses oder der Zelle (cella) stand vielfach die Bildsäule oder das Bild der Gottheit, welcher der Tempel gewidmet war, auf einem Postament an der dem Eingang gegenüberliegenden Mauer, vor ihm ein entweder runder oder viereckiger Opfer- und Betaltar. Die Decke klassischer Tempel bestand aus Holz, selten aus Stein und war gewöhnlich eben, später bisweilen auch gewölbt. Der Fußboden war anfangs aus Steinplatten, später aus Mosaik hergestellt. Die Säulen der Portikus schmückte man mit erbeuteten feindlichen Schilden.
Stufen hatten die griechischen Tempel in der Regel, und zwar liefen sie stets ringsherum. Der dadurch geschaffene Stufenunterbau hieß Krepidoma. Der Platz um den Tempel, soweit er der Gottheit geweiht war, hieß Peribolus. Mit einer Mauer umgeben, enthielt er Altäre, Statuen, Monumente aller Art.
[Bearbeiten] Tempel der Römer
Im römischen Sakralbau vermischen sich etruskische und griechische Einflüsse.
Die etruskischen Tempel haben einen Sockel und heben sich somit deutlich von der Umgebung ab. Sie sind richtungsbezogen, haben also einen rechteckigen Grundriss. Eine Freitreppe an der Schmalseite führt in die Vorhalle, eine offene Säulenhalle, die vor der oft dreiteiligen Cella, dem Innenraum liegt. Der römische Architekt Vitruv untersuchte die Tempel und überlieferte die Proportionen Länge zu Breite: 6 zu 5; Länge von Vorhalle : je 1/2. Das ganze wird von einem flachen Satteldach mit Tonziegeln abgedeckt.
Die römischen Tempel übernehmen die etruskischen Vorbilder, griechische Einflüsse werden aber im Laufe der Zeit - vor allem nach der römischen Eroberung Griechenlands im 2. Jahrhundert v. Chr. - immer stärker: der Grundriss wird in Längsrichtung gestreckt, die Cella wird im Verhältnis zur Vorhalle größer, Ihre Dreiteilung wird zugunsten eines Großraums aufgegeben. Ein gut erhaltenes Beispiel aus der augusteischen Zeit ist die Maison Carrée in Nîmes.
[Bearbeiten] Tempel im Christentum
Im Judenchristentum spielte in der ersten Zeit der Jerusalemer Tempel noch eine Rolle. Da sich Jesus kritisch gegenüber dem Tempel verhalten hatte und der getaufte Mensch selbst als Tempel Gottes verstanden wurde, endete der Tempelkult im Christentum mit der Zerstörung des zweiten Israelitischen Tempels, welcher eigentlich nur noch Tempel des Stammes Juda war.
Ab Konstantin I. (Rom) entstand eine neue Form in den Kirchenbauten. Die Bauform der Basilika ist einerseits eine neutrale, da auch Gerichts- und Marktgebäude ähnlich aussahen, hatte zuletzt andererseits aber auch dem Kult der vergöttlichten Kaiser gedient und machte insofern die Ablösung des Kaiserkultes durch die neue Religion sichtbar.
Auch in der Orthodoxen Kirche werden die Gotteshäuser als Tempel (griechisch naos) bezeichnet, während das Wort Kirche (griechisch ekklesia) nur für die Gemeinschaft selbst verwendet wird.
Unter den neueren Gemeinschaften auf christlicher Basis ist die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ("Mormonen") für ihre weltweit errichteten Tempel bekannt. Siehe dazu den Artikel Tempel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Eine weitere Gemeinschaft, die sich auf die gleiche Gründerfigur Joseph Smith beruft, die Gemeinschaft Christi, besitzt zwei Tempel. Ebenso nennt die Gemeinschaft in Christo Jesu ihr zentrales Heiligtum, die Eliasburg, Tempel.
[Bearbeiten] Tempel im Hinduismus
Im Hinduismus repräsentiert der Tempel (Mandir) den Kosmos schlechthin. Im Tempel "berühren" sich die Welt der Götter und die Welt der Menschen. Im Gegensatz zu den Hausriten ist der Tempelbesuch jedoch nicht obligatorisch. Es gibt fromme Hindus, die nie oder selten in einen Tempel gehen.
In den Tempeln dienen Priester verschiedenen Ranges. In den großen Heiligtümern überlässt man die technischen Handlungen den Assistenten des Hauptpriesters - oft Personen geringen Ansehens. Bade- und Feuerzeremonien werden von Veda-kundigen Priestern ausgeführt. Andere Priester sind auf die Rezitation spezialisiert, andere (nicht notwendig brahmanische) Helfer sind für die Salbung eines Bildes zuständig.
Auch in schnellwachsenden Großstädten haben Kaufleute und Landbesitzer immer Tempel gegründet und Dichter, Tänzer und Sanskritgelehrte begünstigt. Das Stiften von Tempeln gehört zu den religiös verdienstvollen Handlungen. Neben den riesigen Tempelkomplexen und Pilgerzentren wie Tirumala Tirupati gibt es tausende von sehr einfachen Dorftempeln, in denen weniger gebildete Dorf-Brahmanen ihren Dienst verrichten. Der Zugang zu den Tempeln für Unberührbare (Kastenlose) hat sich im modernen Indien verbessert.
Der Tempelturm - als nordindischer Shikhara oder als südindischer Vimana - stellt als Abbild des mythischen Weltberges Meru den Mittelpunkt des Universums dar. Im Tempelturm befindet sich das heiligste Areal des Tempels, das Garbhagriha (wörtl.: "Schoßhaus"), welches den höhlenartigen unbeleuchteten Innenraum bildet. Im Ritual wird die Gottheit präsent; das Kernstück jeder priesterlichen Aktivität ist die Puja. Eine Predigt wie im Christentum spielt im hinduistischen Tempelritual keine Rolle; hierfür gibt es religiöse Vorträge (lectures), die jedoch außerhalb des Tempels stattfinden.
[Bearbeiten] Tempel im Buddhismus
Zu den Religionen, die Tempel als Heiligtümer haben, gehört der Buddhismus, zu dem auch Zen, Tantra(-ismus) und Lamaismus zählen. Im Buddhismus ist der Begriff Tempel eng mit Kloster verbunden und nicht immer klar zu trennen.
Wichtige Elemente eines buddhistischem Tempel sind Pagode und die Dhamma-Halle (für Zeremonien und Lehrvorträge) in Thailand auch Bot und in Japen Zendo genannt.
Ein Ritual, das in Tempeln häufig abgehalten wird, ist die Puja, eine Andacht zu Ehren Buddhas. Es werden zwar Rauch, Blumen, Speiseopfer und dergleichen mehr verwendet, aber Buddha lehnte (große) Opfer als sinnlos ab. Insofern ist es zu verstehen, dass man durch gute Werke (z.B. das Beschenken von Mönchen) Verdienste erwirbt, die sich gut auf das eigene Glück auswirken sollen.
Die Tempel können je nach Schule und Kulturkreis sehr unterschiedlich sein. So sind z.B. Indien und Sri Lanka für seine Höhlentempel bekannt. Mit der Verbreitung in Deutschland, entstanden auch dort buddhistische Tempel, die den dortigen klimatischen und kulturellen Bedürfnissen angepasst sind, wie z.B. Das Buddhistische Haus.
[Bearbeiten] Tempel im Shintō
Zur besseren Unterscheidung von den buddhistischen Tempeln in Japan hat sich für die religiösen Baustätten des Shintō der Begriff „Schrein“ bzw. „Shintō-Schrein“ eingebürgert, obwohl lange Zeit in Japan kein wesentlicher Unterschied zwischen den Religionen Buddhismus und Shintō sowie ihrer Gebäude gemacht wurde.
[Bearbeiten] Tempel der Bahai
Die Bahai errichten weltweit ihre Häuser der Andacht, die der Einheit der Religionen gewidmet sind und allen Menschen offen stehen. Im Mittelpunkt der Andacht stehen die Heiligen Schriften aller Weltreligionen, welche ohne Predigt, Auslegung oder Kommentar in der Originalsprache oder Übersetzung rezitiert werden.
Gesungene Gebete in allen Sprachen und spirituellen Traditionen der Menschheit sind in den Tempeln willkommen. Die Akustik des zentral angelegten Kuppelbaus trägt die menschliche Stimme. Keine anderen Geräusche sollen die individuelle Reflexion und Meditation stören.
In der Kuppelspitze, der Ampel, ist eine arabische Kalligrafie zu sehen, ein Ausdruck des Lobpreises: „O Herrlichkeit des Allherrlichen!“. Ein weiteres Merkmal verbindet die Tempel: Neun Tore nach allen Seiten symbolisieren die Offenheit für die Anhänger der verschiedenen Religionen.
Ansonsten zeichnen sich die Häuser der Andacht gerade durch ihre architektonische Vielfalt aus, die ganz bewusst verschiedene Stile und Symbole der unterschiedlichen Kulturen repräsentieren.
Der bekannteste Bahai-Tempel steht in Delhi, Indien.
[Bearbeiten] Tempel als touristische Anziehungspunkte
Die Tempelruinen vergangener Kulturen wie die von Ägypten, Assyrien, Babylon, Griechenland, Rom, oder der Azteken und Inka sowie die der vorschichtlichen Kulturen auf Malta, Sardinien etc. sind wichtige archäologische Denkmäler, die häufig auch touristische Anziehungspunkte sind.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Göbekli Tepe, mit ca. 11.500 Jahren bislang die älteste bekannte Tempelanlage der Welt im Südosten der heutigen Türkei
- Besakih, historische Tempelanlage auf Bali; wird noch genutzt.
- Ġgantija, historische Tempelruine auf der Insel Gozo (Malta)
- Matrimandir, zeitgenössischer Tempel und Meditationszentrum im südindischen Auroville
- Vaishno Devi Mandir, einer der wichtigsten Tempel des Hinduismus in Jammu und Kashmir
[Bearbeiten] Weblinks
- Antike Tempel und Kultstätten
- Die Tempel-Türme in Orissa (Indien), von Dr. Bernhard Peter
- Die Tempelstädte von Tamil Nadu (Indien), von Dr. Bernhard Peter
- Tempel der Hoysala-Kultur in Indien, von Dr. Bernhard Peter
- Architektur der Jain-Tempel in Indien, von Dr. Bernhard Peter
- Der Lotus-Tempel der Bahai in Neu-Delhi, von Dr. Bernhard Peter
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