Kloster Ahnaberg
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Das Kloster Ahnaberg im Bereich der heutigen Stadt Kassel war eine Stiftung, gegründet zwischen 1140 und 1148, der Landgräfin Hedwig von Thüringen und ihres zweitgeborenen Sohnes, des Grafen Heinrich Raspe II. von Gudensberg. Das Stift, vermutlich 1148 fertiggestellt, befand sich auf dem Ahnaberg, der heute nicht mehr als solcher erkennbar ist, zwischen dem alten Lauf der Ahna und der Fulda, am so genannten Katzensprung im heutigen Stadtteil „Wesertor“. Neben dem Kloster befand sich später das Stadttor in Richtung Weser, welches der dort beginnenden Straße und dem heutigen Stadtteil seinen Namen gab. Heute befindet sich an der Stelle eine Schule.
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[Bearbeiten] Gründung
Hedwig (* um 1098; † 1148) war einziges Kind und Erbin des Gaugrafen Giso IV. von Gudensberg und Oberlahn (ehemalige Grafschaften Maden und Oberlahn in Nordhessen) und die Gemahlin des Grafen Ludwig I. von Thüringen, der 1131 von Kaiser Lothar III. (von Supplinburg) zum Landgrafen von Thüringen erhoben wurde. Ihr Sohn Ludwig II. beerbte den Vater als Landgraf, während ihr zweiter Sohn Heinrich Raspe II. als Graf von Gudensberg den mütterlichen Erbteil der Gisonen und Bilsteiner, d.h. den hessischen Besitz der Ludowinger, in Nieder- und Oberhessen verwaltete.
Die Gründung des Stifts bezeichnete den Beginn erhöhter Aktivität der Ludowinger im Raum Kassel und hing auch mit dem sich verschärfenden Wettbewerb der Landgrafen von Thüringen mit dem Erzbistum Mainz um die territoriale Vorherrschaft in Nordhessen zusammen. Mit dem Erwerb des Augustiner-Chorherrenstiftes Weißenstein am Osthang des nahen Habichtswalds (spätestens 1137) war Mainz bis auf wenige Kilometer an den an die Landgrafen verlehnten Königshof „Chassela“ vorgestoßen. Die Stiftung von Ahnaberg war somit auch eine Abwehrmaßnahme der mit den Staufern eng verbundenen Ludowinger gegen eine weitere Ausdehnung von Mainz in Nordhessen. Es bot den Ludowinger zudem die Gelegenheit, sich aus Eigengütern und königlichen Lehen im Raum Kassel einen eigenen Herrschaftsbereich aufzubauen. Ein Teil der von Heinrich Raspe II. dem Stift übertragenen Besitzungen, so der Möncheberg und der spätere Fasanenhof, war königliches Lehen der Ludowinger. 1154 bestätigte König Friedrich Barbarossa dem Stift auf Bitte des Grafen diese Schenkungen.
Die Gründung des "Stiftes Ahnaberg" oder "Ahnaberger Klosters", wie es in Kassel genannt wird, steht in engem Zusammenhang mit der Gründung des Prämonstratenser-Chorherren-Stiftes in Spieskappel (bei Frielendorf). Dort sind zwischen 1143 und 1525 ein Männerstift (Unterkappel) und zwischen 1250 und 1497 ein Frauenstift (Oberkappel) nachgewiesen. Die Stiftskirche St. Johannis Baptistae ist heute noch erhalten. Wie das Männerstift Spieskappel wurden auch die Stifte Ahnaberg und Germerode im Jahre 1143 gestiftet. Vermutlich kamen die Prämonstratenser-Chorherren über Spieskappel nach dem Ahnaberg und Germerode. Wann die ersten Prämonstratenserinnen im Stift Ahnaberg aufgenommen wurden, ist unklar.
[Bearbeiten] Tochtergründungen
Bereits 1219 scheint es zu einer Tochtergründung auf dem Eppenberg bei Gensungen gekommen zu sein. Dort ist eine Klosterchronik zu finden, die den Zeitraum 1219-1440 für den Aufenthalt von Prämonstratenserinnen angibt. Dort wird auch erwähnt, dass es sich um eine Filiale vom Ahnaberg handelt und beide unter der Schutzherrschaft der Abtei Spieskappel gestanden hätten. Ebenfalls wird erwähnt, dass 1269 die Gründung des Prämonstratenserinnenstiftes in Homberg/Efze (Kirche St. Georg) von Eppenberg ausging.
[Bearbeiten] Anstoss zur Entwicklung von Kassel
Mit der Gründung des Stifts erhielt die kleine Siedlung, die südlich des Ahnaberges und in der Nähe des ehemaligen fränkischen, später sächsischen Adelshofs „Chasalla“ (von lat. „Castellum“ = Burg) an der Fulda entstanden war, eine erhebliche Aufwertung. Sie wurde schon sehr bald ummauert und zur „civitas“ erhoben. 1189 erhielt der Ort die Stadtrechte, um 1200 die eigene Gerichtsbarkeit. 1277 verlegte Landgraf Heinrich I. die Residenz der neu geschaffenen Landgrafschaft Hessen nach Kassel. Die Klosterkirche diente u.a. Landgraf Johann I. ( † 1311) und der hessischen Prinzessin Adelheid (* 1323/24; † 1371), Ehefrau des polnischen Königs Kasimir III., als Grablege.
Die Altstadt von Kassel lag direkt neben dem Kloster Ahnaberg und wurde ursprünglich von dort seelsorgerisch betreut. Differenzen mit den Karmeliten der langräflichen Residenz führten zu Spannungen und der Festschreibung von Vorrechten. Die PrämonstratenserInnen lebten nach der Regel der AugustinerInnen, mit denen sie deshalb oft gleichgesetzt wurden.
[Bearbeiten] Säkularisierung
1526 führte Landgraf Philipp I. auf der Synode zu Homberg die Reformation in Hessen ein. Am 15. Oktober 1527 kam der hessische Landtag in Kassel zusammen und beschloss, unter anderem, die Aufhebung der Klöster, deren Vermögen zum größten Teil für die Hof- und Landesverwaltung verwendet wurde. Die Nonnen der Kasseler Klöster Ahnaberg und Weißenstein gingen in andere Klöster oder kehrten mit einer Abfindung in das weltliche Leben zurück.
[Bearbeiten] Kaserne
Mit der Reformation in der Landgrafschaft Hessen-Kassel wurde also auch das Ahnaberger Kloster aufgelöst. Das Klostergebäude, erst 1512 neugebaut, ging 1527 in den Besitz der Landgrafen über und wurde bis 1763 als Pferdestall und Fruchtmagazin genutzt. Zusammen mit dem Zeughaus war es ein Teil der Kasseler Festungswerke. 1763 wurde die Anlage zur ersten Kaserne der Garde du Corps und der Artillerie umgebaut. Das Hessen-Kasselsche Garde du Corps wurde 1619, zur Zeit des Landgrafen Moritz des Gelehrten, erstmalig mit 50 Kürassieren erwähnt. Die Garde blieb aber nur bis 1797 in der Kloster-Kaserne. Der Platz der heutigen Oskar-von-Miller-Schule diente als Reitbahn.
Die bereits 1741 erwähnte selbständige Hessen-Kasselsche Artillerie war bis 1918 auf dem Gelände untergebracht. Das Zeughaus diente bereits der Festungsartillerie als Magazin und wurde nach Schleifung der Festung nach 1763 zum Teil der Kloster-Kaserne. Damals befanden sich auf der anderen Seite der Weserstraße weitere Gebäude, so z.B. Anlagen zur Herstellung von Salpeter, Stallungen und die landgräfliche Gießerei, in der Kanonen gegossen wurden. Dort wurde auch 1810 die Firma Henschel & Sohn gegründet. Die Kloster-Kaserne genügte aber bald nicht mehr den Anforderungen und ab 1829 wurde ein Neubau geplant. Obwohl das Gebäude der Kloster-Kaserne tatsächlich noch bis nach 1878 existierte, wurde es im Stadtplan von Koppen 1830 aufgrund der Neuplanung bereits voreilig durch ein anderes Gebäude ersetzt. 1832 war die alte Kloster-Kaserne nur noch Teil der neuen Artillerie-Kaserne. Aus dieser Kaserne, die zuletzt dem 1. Kurhessischen Feldartillerie-Regiment Nr. 11 diente, gingen nicht nur alle späteren hessischen Artillerieverbände hervor, sondern auch das Train-Bataillon Nr. 11 (Train-Kaserne an der Weserspitze in Kassel) und das Pionier-Bataillon Nr. 11 (Hann. Münden).
[Bearbeiten] Literatur
Buck, Herbert: Kassel und Ahnaberg: Studien zur Geschichte von Stadt und Kloster im Mittelalter. Dissertation, Frankfurt am Main, 1968.