Lastenheft
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Ein Lastenheft (auch Anforderungsspezifikation oder Requirement Specification) beschreibt die unmittelbaren Anforderungen, Erwartungen und Wünsche an ein geplantes Produkt. Das Produkt kann dabei eine Software, aber auch ein Auto, eine Kaffeemaschine, eine Lokomotive oder ein Gerät sein.
Gemäß DIN 69905 (Begriffe der Projektabwicklung) beschreibt das Lastenheft die "vom Auftraggeber festgelegte Gesamtheit der Forderungen an die Lieferungen und Leistungen eines Auftragnehmers innerhalb eines Auftrages". Das Lastenheft beschreibt in der Regel also, was und wofür etwas gemacht werden soll. Die Adressaten des Lastenhefts sind lt. Helmut Balzert der (externe oder firmeninterne) Auftraggeber, sowie die Auftragnehmer. In der Softwaretechnik ist das Lastenheft das Ergebnis der Planungsphase und wird in der Regel von den Entwicklern als Vorstufe des Pflichtenhefts erarbeitet.
Das Pflichtenheft beschreibt dann, wie und womit etwas realisiert werden soll. Dabei können gewöhnlich jeder Anforderung des Lastenhefts eine oder mehrere Leistungen des Pflichtenheft zugeordnet werden. So wird auch die Reihenfolge der beiden Dokumente im Entwicklungsprozess deutlich: Die Anforderungen (requirements) werden durch Leistungen (features) erfüllt.
Nach DIN 69905 enthält das Pflichtenheft die "vom Auftragnehmer erarbeiteten Realisierungsvorgaben aufgrund der Umsetzung des vom Auftraggeber vorgegebenen Lastenheftes".
Je nach Einsatzgebiet und Branche können sich Lastenhefte in Aufbau und Inhalt stark unterscheiden. Auch werden in der Praxis die Begriffe Lastenheft, Pflichtenheft und Spezifikation oft nicht klar gegeneinander abgegrenzt oder gar synonym verwendet. Die unklare Verwendung der Begriffe Lastenheft und Pflichtenheft ist häufig Ursache für Missverständnisse.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Aufbau
Ein Lastenheft lässt sich auf verschiedene Weise gliedern. Folgende Angaben sollten berücksichtigt werden:
- Ausgangssituation und Zielsetzung
- Produkteinsatz
- Produktübersicht
- Funktionale Anforderungen
- Nichtfunktionale Anforderungen
- Benutzbarkeit
- Zuverlässigkeit
- Effizienz
- Änderbarkeit
- Übertragbarkeit
- Risikoakzeptanz
- Skizze des Entwicklungszyklus und der Systemarchitektur oder auch ein Struktogramm
- Lieferumfang
- Abnahmekriterien
[Bearbeiten] Raumfahrt
Die in der Raumfahrt benutzten Lastenhefte orientieren sich am NASA Standard, um die internationale Kooperation zu vereinfachen. Es hat sich folgendes Prinzip herausgebildet:
- Der Auftraggeber erstellt eine Anforderungsspezifikation (requirements spec), die die Missionsanforderungen und Rahmenbedingungen enthält (z.B. es soll ein bemanntes Labormodul für die ISS geliefert werden, das mit dem Space Shuttle dorthin transportiert werden soll);
- Der Auftragnehmer antwortet darauf mit einer Implementierungsspezifikation (design-to-spec), die den vom Auftragnehmer gewählten Entwurf spezifiziert (z.B. ein zylinderförmiges Druckmodul mit bestimmtem Durchmesser und Länge);
- Der Auftraggeber akzeptiert formell die mehr Details enthaltende Implementierungsspezifikation. Im Falle eines später auftretenden Konflikts hat die Anforderungsspezifikation jedoch Vorrang.
Für das Columbus Projekt hat die Implementierungsspezifikation (APM Spezifikation) diesen Aufbau:
- Document Change Record
- Para 1. Scope: Purpose, Summary Description, Classification, Applicability)
- Para 2. Related Documents: Applicable Documents, Reference Documents
- Para 3. Functional / Performance Requirements
- Para 4. Support Requirements: Product Assurance, EMC, Contamination etc.
- Para 5. Interface Requirements
- Para 6. Implementation Requirements: Configuration, Budget Allocation
- Para 7. Preparation for Delivery
- Attachments: List of Abbreviations, Verification Requirements.
In einigen Spezifikationen werden die Verifikationsanforderungen zusammen mit den Leistungsanforderungen in den verschiedenen Paragraphen definiert sodass der entsprechende Anhang im obigen Beispiel entfällt.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Normen und Standards
- DIN 69905: Projektwirtschaft - Projektabwicklung - Begriffe
[Bearbeiten] Literatur
- Helmut Balzert: Lehrbuch der Software- Technik 1/2. mit 3 CD-ROMs. Band 1 (2. Auflage, 2000), Band 2 (1. Auflage, 1998) Software- Entwicklung / Software-Management, Software-Qualitätssicherung, Unternehmensmodellierung; Spektrum Akademischer Verlag; ISBN 3827403014