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Lebensmittelbestrahlung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Lebensmittelbestrahlung ist ein Verfahren zur Konservierung von Lebensmitteln mit Hilfe von ionisierenden Strahlen. Zur Verwendung kommen Elektronen und harte Bremsstrahlung aus Teilchenbeschleunigern sowie Gammastrahlen aus dem Zerfall von Cobalt-60 und Cäsium-137.

Die Lebensmittelbestrahlung verfolgt verschiedene Ziele, die durch unterschiedlich hohe Bestrahlungsraten erreicht werden:

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Methode und verwendete Strahlung

Die Wirkung der Bestrahlung beruht auf der Zerstörung des Genoms und damit der Fortpflanzungs- und Überlebensfähigkeit der bestrahlten Organismen. Aufgrund ihrer Größe ist die DNS bedeutend stärker empfindlich gegenüber ionisierenden Strahlen als das bei kürzeren Molekülen der Fall ist weshalb sich die Eigenschaften des Lebensmittels im Vergleich zu anderen Konservierungsmethoden kaum ändern.

Von den verschiedenen Arten ionisierender Strahlung kommen nur Gammastrahlen aus dem Zerfall radioaktiver Isotope, Elektronenstrahlen sowie Bremsstrahlung (Röntgenstrahlung) erzeugt in Beschleunigern zur Verwendung.

Gammastrahlung von radioaktivem Cobalt-60 wird sehr häufig in Großbestrahlungsanlagen eingesetzt; das Cobalt-60 wird in speziellen Kernreaktoren aus stabilem Cobalt-59 "erbrütet". Das technisch ebenfalls geeignete Caesium-137 steht nicht in ausreichend großen Mengen zur Verfügung, da es aus der Aufbereitung abgebrannter Brennelemente gewonnen wird.

Bei Elektronenstrahlen kommt ein weiter Energiebereich in Frage, von wenigen 100 keV bis zu 10 MeV. Bestrahlungsanlagen mit Elektronen sind jeweils nur für bestimmte Anwendungen geeignet, wegen der unterschiedlichen Eindringtiefe von Bruchteilen von Millimetern (Oberflächenbehandlung) bis zu etwa 5 cm. Um diese Beschränkung auszugleichen wird auch Bremsstrahlung eingesetzt, die etwa dasselbe Durchdringungsverhalten wie Gammastrahlung hat. Umgekehrt sind mit Elektronenstrahlen auch Anwendungen möglich, die mit Gammastrahlung nicht oder kaum erreicht werden können.

Die Energie der Elektronen und Photonen ist nach oben beschränkt um eine Aktivierung der Lebensmittel durch Kernphotoeffekt und andere Kernreaktionen auszuschliessen.

[Bearbeiten] Bestrahlungsanlagen

Bestrahlungsanlagen sind im Regelfall nicht ausschließlich auf Lebensmittel zugeschnitten.

Bestrahlte Produkte kommen in unseren Alltag - unerkannt - recht häufig vor, im Vergleich zu diesem Aufkommen ist die Menge der bestrahlten Lebensmittel recht gering.

  • Lebensmittelverpackungen
  • Schrumpffolien
  • Fußbodenheizungen
  • Gas-Fernleitungen
  • Hochgeschwindigkeitsreifen
  • Medizinprodukte
  • Kabel (Isolation)
  • Plastikteile (Autobau)

Auf Hawaii gibt es eine spezielle Anlage mit Röntgenstrahlen, die für Quarantänezwecke (Abtötung von Insekten wie der Fruchtfliege) eingesetzt wird, um frische Früchte ohne chemische oder Hitzebehandlung nach Kontinental-USA verbringen zu können. Eine Gammaanlage in Mulberry, Florida dient vornehmlich der Bestrahlung von Fleisch- und Geflügelprodukten, um gesundheitlich gefährliche Mikroorganismen abzutöten. In Berric, Frankreich gibt es einen Elektronenbeschleuniger, mit dem Geflügelfleisch aus Separatoren bestrahlt wird, um gefährliche Mikroorganismen zu eliminieren und die allgemeine mikrobiologische Belastung zu reduzieren.

Es wird geschätzt, dass es weltweit etwa 200 Großbestrahlungsanlagen mit im Mittel je 1,5 MCi Cobalt-60 (entsprechend einer Gesamt-Strahlungsleistung von rund 4,5 MW) und etwa 1000 Beschleunigeranlagen von 25 kW bis ca. 700 kW (entsprechend einer Gesamt-Strahlungsleistung von rund 50 MW) gibt.

[Bearbeiten] Kritik/Biologische Verträglichkeit

Nach Meinung aller internationalen und nationalen, zuständigen Gremien ist die ionisierende Bestrahlung von Lebensmitteln gesundheitlich zuträglich, unabhängig von der Art des Lebensmittels und der Höhe der Strahlendosis. Gegner der Bestrahlung wenden ein, dass diese Frage noch nicht abschließend geklärt sei und vor allem noch Langzeitversuche beim Menschen über die Wirkung des Verzehrs bestrahlter Lebensmittel in größeren Mengen fehlten. Derartige Untersuchungen sind aber aus wissenschaftlicher Sicht grundsätzlich nicht möglich. Vielmehr wurde in mehr als 50 Jahren Forschung in außerordentlich zahlreichen Versuchen an Testsystemen, an Tieren und an menschlichen Freiwilligen in keinem Fall eine nachteilige Wirkung festgestellt. Kein anderes Verfahren der Be- und Verarbeitung von Lebensmitteln wurde jemals derart gründlich untersucht.

Auch bei der Einführung der Hitzepasteurisierung der Milch, die inzwischen gesetzlich verbindlich ist, wurden fast wortgleich dieselben Argumente vorgebracht wie jetzt gegen die Bestrahlung. Dennoch ist heute die Pasteurisierung der Milch allgemein akzeptiert; irgendwann sollte dies auch für die Lebensmittelbestrahlung eintreten. Technisch gesehen ermöglicht die ionisierende Bestrahlung bei festen Lebensmitteln etwas Vergleichbares, wie es die Hitzebehandlung flüssiger Lebensmittel ist. Deshalb wird das Verfahren gelegentlich auch "Kalt-Pasteurisierung" genannt (es kommt zu keiner Erwärmung des Lebensmittels).

Gegner der Bestrahlung und "Verbraucherschützer" behaupten immer wieder, durch die Lebensmittelbestrahlung würden die Verbraucher getäuscht, insbesondere über die "Frische" eines Produktes; außerdem setze "die Industrie" das Verfahren dazu ein, bereits eingetretenen Verderb zu maskieren. Diese Argumente sind keinesfalls ehrlich und auch nicht zutreffend: So ist "Frisch"-Milch immer hitzepasteurisiert, so kommen "frische" Äpfel lange nach der Ernte aus speziellen Lägern mit niedrigen Temperaturen und modifizierter Atmosphäre auf den Markt. Und auch ein einmal eingetretener Verderb kann durch die Bestrahlung nicht rückgängig gemacht werden. (Ein stinkender Fisch stinkt weiter, auch wenn er strahlensterilisiert wurde.) Das geforderte und bisher weitgehend gültige Verbot der ionisierenden Bestrahlung von Lebensmitteln bedeutet daher in Wirklichkeit, dass der Verbraucher bevormundet wird und seines Rechts auf freie Wahl beraubt wird.

Die Stiftung Warentest weist darauf hin, dass bei der Bestrahlung neu entstehende Substanzen, so genannte Radiotoxine, im Tierversuch Chromosome schädigen und Missbildungen verursachen können. Die Täuschung des Verbrauchers entsteht durch ein makellos und frisch erscheinendes Äußeres der Lebensmittel, welches ein bestrahltes Produkt gar nicht besitzt( wie z.B. das von innen heraus Braunwerden einer Zwiebel). Auch die Notwendigkeit der Bestrahlung von Lebensmitteln darf bezweifelt werden, selbst das Bundesgesundheitsamt wendet ein ,dass die Bestrahlung "nur schwer zu begründen ist".Die Lebensmittelhygiene sei in Deutschland so hoch entwickelt,dass sich eine Bestrahlung erübrige. Zudem stehen andere , teilweise billigere Verfahren zur Verfügung.Selbst für die Entkeimung von Gewürzen gibt es alternative Methoden,z.B. die Hitzebehandlung.Zur Vermeidung von Salmonellen kann die artgerechte Tierhaltung empfohlen werden. Aus ökologischer Sicht gilt es zu bedenken, dass der Einsatz von radioaktivem Kobalt-60 mit teils erheblichen Risiken verbunden ist. Sowohl die Herstellung als auch Transport und Endlagerung können zur radioaktiven Belastungen in der Umwelt beitragen.

[Bearbeiten] Rechtliche Lage

In Deutschland war die Bestrahlung von Lebensmitteln lange Zeit grundsätzlich untersagt. Mit der Neufassung der Lebensmittelbestrahlungsverordnung im Jahr 2000 (gültig seit dem 21. Dezember 2000) hat sich dies im sehr eingeschränkten Umfang geändert. Die geänderte Verordnung erlaubt die Behandlung von getrockneten Kräutern und Gewürzen mit Elektronen, Gamma- und Röntgenstrahlung. Die genaue Spezifikation dieser Strahlenarten ist nachzulesen im Anhang 1 der Verordnung unter http://bundesrecht.juris.de/lmbestrv_2000/BJNR173000000.html.

Seit 1999 gilt EU-weit ein Bestrahlungsverbot, außer für getrocknete aromatische Kräuter und Gewürze. Lediglich sechs EU-Länder (Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Vereinigtes Königreich) haben noch wenige weitere Zulassungen aufrecht erhalten, die allerdings obsolet werden, wenn die EU eine abschließende 'Positivliste' der Zulassungen erlassen sollte. Von diesen speziellen Zulassungen wird allerdings nur in beschränktem Umfang Gebrauch gemacht. In Frankreich sind Froschschenkel zum Schutz der Verbraucher vor Infektionen meistens bestrahlt.

Der Codex Alimentarius hat die ionisierende Bestrahlung vorbehaltlos als Behandlungsmethode für Lebensmittel anerkannt und sowohl einen Standard als auch einen 'Code of Practice' hierzu definiert. Nach dem WTO-Abkommen darf daher kein Mitgliedsland der WTO den Import bestrahlter Lebensmittel ablehnen.

Es ist eine ausnahmslose Kennzeichnung bestrahlter Lebensmittel vorgeschrieben, selbst dann, wenn sie nur als geringste Mengen an Zutaten enthalten sind, welche sonst nicht zu deklarieren wären. Um diese Vorschrift und auch die Bestrahlungsverbote durchzusetzen, wurden analytische Nachweisverfahren entwickelt, die auch von der Lebensmittelüberwachung regelmäßig eingesetzt werden.

[Bearbeiten] Weblinks

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