Leitender Notarzt
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Der Leitende Notarzt (Abkürzung "LNA" oder "Ltd. Notarzt") ist ein Einsatzleiter im medizinischen Bereich der Notfallrettung. Er hat alle medizinischen Maßnahmen am Schadensort zu leiten, zu koordinieren und zu überwachen.
Er führt zusammen mit dem Organisatorischen Leiter (OrgL) die ihm unterstellten Einheiten zur Bewältigung von Großschadensereignissen mit mehreren Verletzten oder Erkrankten (Massenanfall von Verletzten, Katastrophen) mit dem Ziel einer bestmöglichen Versorgung aller Betroffenen.
Er handelt zur Gefahrenabwehr (nicht zur Vorbeugung). In manchen Bereichen wird aber auch der Ärztliche Leiter Rettungsdienst als Leitender Notarzt bezeichnet.
Seine Aufgaben umfassen:
- Feststellung und Beurteilung der Lage aus medizinischer Sicht (Lagebeurteilung, Art des Schadens, Art der Verletzungen/Erkrankungen, Anzahl Verletzter/Erkrankter, Intensität/Ausmaß der Schädigung, Zusatzgefährdungen, Schadensentwicklung, Befreiung aus Zwangslagen, notwendiges Einsatzpotenzial, Anzahl der benötigten Kräfte, insbesondere Ärzte, Bedarf an Verbandsmaterial, Medikamenten und medizinischem Gerät, notwendige Transportkapazität, stationäre und ambulante Behandlungskapazität)
- Feststellung des Schwerpunktes und der Art des medizinischen Einsatzes (Sichtung, medizinische Versorgung, Transport)
- Festlegung der Behandlungs- und Transportprioritäten, der medizinischen Versorgung, Delegation medizinischer Aufgaben, Festlegung der Transportmittel und Transportziele.
Dazu sind neben notfallmedizinischer Erfahrung gute Kenntnis der regionalen Rettungsdienststrukturen, einsatztaktische Ausbildung und Führungskompetenz notwendig.
Leitende Notärzte rekrutieren sich aus dem Kreis der aktiven Notärzte.
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[Bearbeiten] Deutschland
Aufgaben, Unterstellungsverhältnisse, Voraussetzungen/Ausbildung, Alarmierung/Einsatzindikationen, Kennzeichnung und Benennung der "Leitenden Notärzte" in Deutschland werden von den Bundesländern, zuständigen Kreisverwaltungen oder Hilfsorganisationen unterschiedlich geregelt.
[Bearbeiten] Norm
Das Deutsche Institut für Normung eV. (Normenausschuß Rettungsdienst und Krankenhaus NARK und der Normenausschuß Feuerwehrwesen FNFW) definiert den Begriff in der DIN 13050 "Rettungswesen, Begriffe" (Entwurf vom April 2000):
- 3.17 Leitender Notarzt (LNA)
- Ein beim Rettungsdienst tätiger Arzt, der am Notfallort bei einer größeren Anzahl Verletzter, Erkrankter sowie auch bei anderen Geschädigten oder Betroffenen oder bei außergewöhnlichen Ereignissen alle medizinischen Maßnahmen zu leiten hat. Der Leitende Notarzt übernimmt medizinische Führungs- und Koordinationsaufgaben. Er verfügt über die entsprechende Qualifikation und wird von der zuständigen öffentlichen Stelle berufen.
[Bearbeiten] Bayern
[Bearbeiten] Rechtsgrundlage
Der LNA in Bayern ist in mehreren Gesetzen/Richtlinien definiert:
- "Bayerisches Gesetz zur Regelung von Notfallrettung und Krankentransport (Bayerisches Rettungsdienstgesetz, BayRDG)" vom 8. Januar 1998 (Artikel 21, Absatz 3)
- "Richtlinien für die Bewältigung von Schadensereignissen mit einer größeren Anzahl Verletzter oder Kranker (Massenanfall von Verletzten)", Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern Nr. ID4-2252.22-7 vom 01. September 1999
[Bearbeiten] Unterstellungsverhältnisse
Der LNA bildet zusammen mit dem OrgL die Sanitätseinsatzleitung (SanEL), diese ist in Bayern den Einsatzleitungen der Feuerwehr, der Polizei und anderen Behörden und Organisationen gleichberechtigt.
Er untersteht dem Örtlichen Einsatzleiter und berät diesen in medizinischen Fragen.
Dem LNA und dem OrgL unterstehen alle vor Ort zur Verfügung stehenden Kräfte des Rettungsdienstes, des Notarztdienstes, des Sanitäts- und des Betreuungsdienstes der freiwilligen Hilfsorganisationen sowie alle weiteren Ärzte (z.B. Hausärzte, die mithelfen).
Der LNA kann den im Einsatz mitwirkenden Ärzten in medizinisch-organisatorischen Fragen Weisungen erteilen.
[Bearbeiten] Voraussetzungen, Aus- und Fortbildung
Als LNA soll nur bestimmt werden, wer über eine mindestens dreijährige Einsatzerfahrung im Notarztdienst verfügt, regelmäßig im Notarztdienst des Rettungsdienstbereiches tätig ist, bei der Bayer. Landesärztekammer die Fortbildung zum Leitenden Notarzt vollständig absolviert hat oder über eine von der Bayer. Landesärztekammer als gleichwertig anerkannte Qualifikation verfügt und über die erforderlichen Kenntnisse der regionalen Organisation und Leistungsfähigkeit des Rettungs- und Gesundheitswesens verfügt.
Die tätigen LNA werden in den Bereichen Führungsorganisation und Führungstaktik fortgebildet.
[Bearbeiten] Alarmierung und Einsatzindikationen
Die Rettungsleitstelle alarmiert den LNA bei
- Katastrophen und bei größeren Schadensereignissen mit zehn und mehr Verletzten;
- Schadensereignissen, bei denen mehr als drei Notärzte zum Einsatz kommen;
- sonstigen Schadenslagen, bei denen es nach dem Meldebild einer Koordinierung besonders bedarf.
[Bearbeiten] Kennzeichnung
Die Kennzeichnung ist vom Innenministerium nur mit dem Begriff "einheitliche Weste" vorgegeben. Die bayerischen Hilfsorganisationen haben sich abgestimmt, dass die bayerischen LNA (und OrgL) gelbe Westen mit Rückenaufschrift sowie einen Helm mit einem 4cm breiten, umlaufenden blauen Band tragen.
[Bearbeiten] Berufung
Der Rettungszweckverband bestellt in Abstimmung mit der Kassenärztlichen Vereinigung und den für die Bestellung der Organisatorischen Leiter zuständigen Kreisverwaltungsbehörden die zur Sicherstellung des Einsatzes notwendige Anzahl von Leitenden Notärzten.
[Bearbeiten] Sonstiges
Die benannten LNA sind berechtigt, auf ihren privaten Fahrzeugen Sondersignal (blaues Blinklicht und Einsatzhorn) zu führen, dies ist in einer weiteren Richtlinie des bayerischen Innenministeriums (Nr.IC/ID-3612.354-6 vom 23. Juli 2003) geregelt. Meist stellt jedoch die Hilfsorganisation ein Einsatzfahrzeug oder die Rettungsleitstelle veranlasst den Transport durch ein Rettungsdienstfahrzeug, ein Transportmittel der Schnelleinsatzgruppen oder ein sonstiges Fahrzeug (z.B. der Feuerwehr oder Polizei).
[Bearbeiten] Literatur
- Th.Mitschke, H.Peter (Hrsg.): "Handbuch für Schnell-Einsatz-Gruppen", Stumpf und Kossendey-Verlag, Edewecht, 1. Auflage, 1994, ISBN 3-923124-45-7