Lucona
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Der Frachter Lucona wurde vom Wiener Konditoreibesitzer (Demel) Udo Proksch 1977 gechartert, in Chioggia mit einer bei der Bundesländer-Versicherung in Wien für 212 Millionen Schilling versicherten angeblichen Uranerzaufbereitungsanlage beladen und mit einer mittels Zeitzünder zur Explosion gebrachten Sprengladung in der Gegend der Malediven im Indischen Ozean versenkt. Dabei kamen 6 Menschen ums Leben.
Die Bundesländer-Versicherung verweigerte, auf Druck ihres britischen Rückversicherers, allerdings die Auszahlung der Versicherungssumme, da sie den Verdacht hegte, die Lucona habe nicht die behauptete wertvolle Fracht, eine Uranerzaufbereitungsanlage, sondern vielmehr Schrott geladen gehabt, was sich letztlich als richtig erweisen sollte: Die Lucona war in Wirklichkeit von einer aus österreichischen Heeresbeständen stammenden Bombe zerrissen worden und die Ladung repräsentierte einen wahren Wert von lediglich einer Million Schilling. Der Adressat der Lieferung war ein Strohmann Prokschs. Der „Fall Lucona“ gilt als negatives Lehrstück in Sachen Wirtschaftskriminalität und versuchten Versicherungsbetruges.
Leider wurde nie geklärt, wie mit der damaligen Technologie von einem kleinen Büro aus eine Fernzündung über 6000 km durchgeführt hätte werden können. Das Gleiche gilt auch für das exakte Timing der Zeitzünderauslösung im Indischen Ozean. Zeitzünder aus österreichischen Heeresbeständen arbeiteten auf chemischer Basis und konnten maximal auf 10 Tage eingestellt werden.
Zur Klärung der Verwicklung von Politikern in den Fall, insbesondere politischer Verbindungen zur SPÖ („Club 45“), wurde 1988-1989 ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt, in dessen Folge der Nationalratspräsident Leopold Gratz und der Innenminister Karl Blecha zurücktraten. Die juristische Aufarbeitung des Vorfalls stürzte das Land in einen nie da gewesenen Politskandal: 16 Politiker, Juristen und Spitzenbeamte wurden von ihren Posten entfernt, angeklagt oder verurteilt; ein Dutzend weiterer beteiligter Personen kam auf mysteriöse Weise ums Leben.
Der Gerichtsprozess gegen Proksch endete 1992 mit einem Schuldspruch wegen sechsfachen Mordes und mit der Verurteilung zu lebenslanger Haft. Proksch starb Ende Juni 2001 nach einer Herzoperation während der Haft. Der zweite Drahtzieher im „Fall Lucona“ -Hans Peter Daimler - wurde 1997 in Kiel zu einer 14-jährigen Haftstrafe wegen Beihilfe zum sechsfachen Mord verurteilt. Hinweise auf etwaige Verstrickungen ausländischer Geheimdienste (CIA, KGB, Stasi und BND) in dieser Affäre und damit einhergehende Scheingeschäfte wurden vor dem Gericht in Kiel zwar aufgebracht, jedoch nicht weiter verfolgt. Der Versuch Daimler als Bauernopfer darzustellen scheiterte.[1]
Der Fall Lucona wurde durch den Journalisten Gerald Freihofner nach umfangreichen Recherchen in zahllosen Titelgeschichten für die Wochenpresse aufgedeckt. Auf dieser Basis verarbeitete der Journalist Hans Pretterebner die Kriminalgeschichte literarisch. Sein Buch diente als Vorlage für eine Verfilmung (1993) mit David Suchet in der Rolle des dort in Rudi Waltz umbenannten Proksch.
Der Lucona-Skandal war der größte Skandal der Zweiten Republik, der 1977 bis 1992 Österreich bewegte.
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[Bearbeiten] Verfilmung
- 1993 erschien der Film Der Fall Lucona, in dem Proksch, umbenannt in Rudi Waltz, von dem britischen Schauspieler David Suchet (bekannt auch als Hercule Poirot in der gleichnamigen englischen Fernsehserie) gespielt wird.
[Bearbeiten] Musical
- 2004 wurde in Wien das Musical „Udo 77“ der Künstlergruppe monochrom (Gruppe) zur Uraufführung gebracht, das sich mit dem Fall Lucona und Udo Proksch auseinandersetzte.
[Bearbeiten] Literatur
- Hans Pretterebner: Der Fall Lucona, Droemer Knaur 1989, ISBN 3426040158
- H. Pretterebner: Das Netzwerk der Macht: Anatomie der Bewältigung eines Skandals ISBN 3-900710-02-3
[Bearbeiten] Weblinks
- Der Film Der Fall Lucona in der Internet Movie Database
- Der Fall Lucona bei AEIOU