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Man nannte ihn Hombre

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Filmdaten
Deutscher Titel: Man nannte ihn Hombre
Originaltitel: Hombre
Produktionsland: USA
Erscheinungsjahr: 1967
Länge (PAL-DVD): 107 Minuten
Originalsprache: Englisch
Altersfreigabe: FSK 12
Stab
Regie: Martin Ritt
Drehbuch: Irving Ravetch und Harriet Frank Jr. nach einem Roman von Elmore Leonard
Produktion: Irving Ravetch
Martin Ritt
Musik: David Rose
Kamera: James Wong Howe
Schnitt: Frank Bracht
Besetzung

Man nannte ihn Hombre ist ein US-amerikanischer Spielfilm von Martin Ritt aus dem Jahr 1967 nach einem Roman von Elmore Leonard. In diesem Western spielt Paul Newman den bei Indianern aufgewachsenen Weißen John Russell, genannt Hombre, dem die Gesellschaft der Weißen auch in der Extremsituation fremd bleibt, als die Reisegesellschaft, mit der er in einer Kutsche reist, von Banditen überfallen wird. Durch inhaltliche Brüche mit den Genrekonventionen kann der Film der Gruppe der Spätwestern oder der Anti-Western zugeordnet werden.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Handlung

John Russell ist ein weißer Mann, der von Apachen großgezogen wurde. Als er gerade dabei ist, eine wilde Pferdeherde einzufangen, bekommt er Besuch von Billy Lee Blake, einem jungen Mann, der ihn auffordert, Russells mexikanischen Freund Mendez aufzusuchen. Dieser eröffnet ihm, dass sein Vater, der Besitzer einer Pension in der Kleinstadt Sweetmary, verstorben sei und er diese nun geerbt habe. Russell reist nach Sweetmary und eröffnet Jessie, der Hausverwalterin, er werde kein zivilisiertes Leben unter Weißen führen, sondern die Pension für eine Pferdeherde verkaufen und wolle nun in der nächsten größeren Stadt diesen Handel perfekt machen. Die Eisenbahnlinie hat Sweetmary noch nicht erreicht, aber die Pferdekutschenlinie, für die Mendez und Blake gearbeitet haben, hat bereits ihren Dienst eingestellt. So findet sich eine kleine Reisegesellschaft zusammen, für die die letzte verbliebene Kutsche nochmals reaktiviert wird: Russell, Mendez, die nun arbeitslose Jessie, der ihr Geliebter Sheriff Braden einen Korb gegeben hat, Billy Lee Blake mit seiner Frau Doris, der Indianeragent Dr. Favor mit seiner Frau Audra sowie der finstere und ruppige Cicero Grimes reisen gemeinsam ab.

Audra fühlt sich durch den Indianer Russell gestört, der aufgefordert wird, den Passagierraum zu verlassen und auf den Kutschbock mitzureisen. Als sie an einer Station rasten, erfahren sie, dass sich verdächtige Reiter in der Nähe herumtreiben. Sie wählen eine alternative Route, die sie zu einem verlassenen Bergwerk führt, an dem sie abermals ihr Lager aufschlagen. Bei dieser Rast zeigen sich weitere Risse in der Reisegesellschaft: Grimes zeigt sich bedrohlich gegenüber den Mitreisenden und vergewaltigt beinahe Doris, Russell sondert sich in harscher Weise von den anderen ab.

Als sie weiterreisen, werden sie von Banditen überfallen, deren Komplize Grimes ist und unter denen sich auch Sheriff Braden, der desillusioniert die Seiten gewechselt hat, befindet. Sie rauben eine Summe von 12.000 Dollar, um die Favor die Indianer des Reservats, für das er zuständig ist, betrogen hat. Grimes flieht mit einem Teil der Banditen und Audra als Geisel, der andere Teil wird von Russell mit einer versteckt gehaltenen Waffe erschossen. Die Reisegruppe, nun wieder im Besitz des Geldes und eines knappen Wasservorrats, flieht zu Fuß in die Berge, wobei Russell nur widerwillig die Führung übernimmt. Grimes setzt ihnen nach und reitet in einen Hinterhalt, bei dem Russell und Mendez auf die Banditen feuern, womit sie etwas Zeit für ihre Flucht gewinnen. Favor will die Kontrolle über das Geld und das Wasser an sich reißen, doch er wird von Russell überwältigt und unbewaffnet und ohne Vorräte in die Wüste weggeschickt.

Die übrigen Fliehenden Russell, Mendez, Jessie, Billy Lee und Doris treffen wieder im Bergwerk ein, in dem sie sich verstecken und verschanzen. Auch Favor hat, am Ende seiner Kräfte, alleine den Weg dorthin geschafft. Gegen Russells Willen macht Jessie den durstigen Favor auf sie aufmerksam, doch dadurch entdecken auch die gerade eintreffenden Banditen das Versteck. Grimes wird von Russell angeschossen, als er die Geisel gegen das Geld tauschen will. Schließlich binden die Banditen Audra in der prallen Sonne fest, um eine Entscheidung zu erzwingen. Niemand ist bereit, die Geisel gegen das Geld zu tauschen, bis schließlich Jessie sich ein Herz fasst und den Austausch vollziehen will. Russell, von Jessies Mut beeindruckt, stellt sich letztendlich selbst den Banditen, nicht jedoch ohne vorher das Geld gegen Schmutzwäsche ausgetauscht zu haben. Es kommt zu einem Showdown, bei dem Russell und Grimes sich gegenseitig niederschießen. Russell stirbt, Mendez und Jessie stehen bei ihm.

[Bearbeiten] Entstehungsgeschichte

Der Film wurde im Coronado National Forest und in einer aufgelassenen Kupfermine bei Helvetia im Pima County, Arizona gedreht. Die Dreharbeiten gestalteten sich aufgrund anhaltenden Regens schwierig[1].

[Bearbeiten] Rezeption

Man nannte ihn Hombre war Ritts kommerziell erfolgreichster Film [1]. Die Kritik beurteilte sowohl Ritts inszenatorische Arbeit, als auch die Schauspielerleistungen positiv. Roger Ebert sah den Film in der Tradition der großen sozialkritischen Western und sprach Ritt die beste Regieleistung in einem solchen seit Die gefürchteten Vier von Richard Brooks zu. Die Darstellerleistungen seien „ausnahmslos exzellent“, der Regisseur agiere „mit sicherer Hand“, die Dialoge seien es wert, dass man ihnen zuhöre; sie seien „intelligent“, hätten aber auch eine „gewisse Eleganz“. [2]

Variety konstatierte, die Charaktere sprächen manchmal in „Floskeln, die überstrapazierte Gemeinplätze“ seien. Newman spiele „exzellent“, Fredric March punkte in einer „starken, unsympathischen, gelegentlich pathetischen Rolle“, Richard Boones Spiel sei „kraftvoll und doch bewundernswert zurückhaltend“.[3]

Das Lexikon des internationalen Films stellt fest, der Film sei ein „spannender, psychologisch gut aufgebauter und hervorragend fotografierter tragischer Western“, der „mehr Wert auf die innere Spannung von Charakteren und Dialogen (...) als auf äußere Effekte“ lege. Er verdichte die Ereignisse „unter Vermeidung einer genreüblichen Idyllisierung (...) zu einer unsentimentalen, bestürzend realistischen Studie über menschliche Verhaltensweisen“[4]

[Bearbeiten] Filmanalyse

[Bearbeiten] Gesellschaftspolitische Motivation

Ritt machte während seiner gesamten Karriere immer wieder soziale Missstände zum Thema seiner Filme, etwa Rassismus in Die große weiße Hoffnung und in Das Jahr ohne Vater oder die Stellung der Gewerkschaften in den USA in Norma Rae - Eine Frau steht ihren Mann. Die gesellschaftliche Ächtung der indiogenen Bevölkerung der USA, die den Hintergrund für Man nannte ich Hombre bildet, war für Ritt „eine schreckliche Tragödie“. Die Indianer seien eine „von der Gesellschaft ausgeschlossene Gruppe“ und würden „wirklich vernachlässigt“. Er führt weiter aus: „Könnte ich einen Film über dieses Thema finden, der erstklassig wäre, ich würde vor Freude in die Luft springen, ihn machen zu dürfen.“[5] Es sei ihm aber nicht möglich gewesen, die Hauptrolle mit einem indianischen Darsteller zu besetzen, denn das möglicherweise als heikel empfundene Thema habe einen kassenträchtigen Filmstar wie Newman benötigt, um als Filmprojekt verwirklicht werden zu können [6]

[Bearbeiten] Entmythologisierung des Westerns

Die Ausgangssituation von Man nannte in Hombre erinnert an den klassischen Western Stagecoach von John Ford aus dem Jahr 1939. Wie dort muss sich eine bunt zusammengewürfelte Reisegruppe der Angriffe von außen erwehren. Während Stagecoach, so Miller, ein „Loblied auf die menschliche Gemeinschaft“[7] ist, die Einzelnen im Erkennen der gegenseitigen Abhängigkeit zu einer verschworenen Gruppe werden und es auch für die Außenseiter - die Prostituierte Dallas, den zu Unrecht gefangengehaltenen Ringo - ein Happy End gibt, ist die Reisegesellschaft in Hombre eine Ansammlung von desillusionierten Charakteren, denen es nicht gelingt, erfolgreich zusammenzuarbeiten. Die Figurendisposition besonders der Frauen spiegelt den Zeitgeist der 1960er-Jahre wider: Jessie, vom Leben gezeichnet, gibt sich keinen romantischen Wunschträumen mehr hin, als Ehefrau ein beschütztes und versorgtes Leben führen zu können, sondern nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand; Audra, die Frau des Betrügers Favor, ist von ihrer Ehe gelangweilt und sexuell frustriert.

Die Stadt Sweetmary, der sie alle entfliehen, ist keine hoffnungsvolle Pionierstadt mehr, sondern auch in der inszenatorischen Umsetzung dem Tode geweiht: außer von den Protagonisten wird sie nur von wenigen Statisten belebt, das Alltagsleben scheint zum Erliegen gekommen zu sein.

[Bearbeiten] Der Held als entfremdeter Charakter

Die Hauptfigur John Russell wird von Miller als der „vielleicht entfremdetste Charakter der Westerngeschichte“[8] beschrieben. Sein Hintergrund an indianischer Lebenserfahrung und Kultur lässt ihn kein Verantwortungsgefühl für die ihm fremde Gruppe von Weißen entwickeln; seine Handlungsmotivation ist nicht, die anderen altruistisch zu unterstützen, sondern nur, den Indianern ihr Geld zurückzubringen. Er, so Lenihan, „weigert sich, Zugeständnisse bezüglich seiner Würde zu machen, indem er sich nicht an jene Gesellschaft anpasst, durch die die Indianer unterdrückt werden.“[9]. Schwäche von anderen wird von ihm nicht verziehen: ohne zu zögern schickt er den verräterischen Favor ohne Wasser in die Wüste.

Im Diskurs mit Jessie, deren Handlungsmotivation ihr Mitleid für ihre Mitmenschen ist, wird Russell zwar von ihrer Haltung berührt, aber seine Entfremdung macht es ihm unmöglich, darauf zu antworten. Erst Jessies Selbstaufopferung, als sie Audra retten will, motiviert Russell zu seiner heroischen Geste, das erste Mal für das Wohl der Gemeinschaft einzutreten. Ob es nun eine noble Handlung aufgrund einer Entwicklung in seiner Persönlichkeit ist oder lediglich ein Trick, um im Besitz des Geldes zu bleiben, lässt Ritt offen; der Film wird damit, so Miller, „vor einem sentimentalen und grob vereinfachenden Ende gerettet“[10] Lenihan wertet die Tatsache, dass Russell letztendlich sein Leben opfert so, dass er dies nicht „aus irgendeinem Sinn für soziale Verpflichtungen“ tue, sondern „aus dem Respekt für den Anstand eines anderen Passagiers“[9] - gemeint ist die mitfühlende Jessie - heraus. Russells Tod wird von Ritt kalt, fatalistisch und ohne Untertöne, die an ein Märtyrertum Russells gemahnen würden, inszeniert. Russells Reise in die zivilisierte Gesellschaft ist gescheitert, für ihn ist sie eine Reise in den Tod, den er gleichmütig hinnimmt.

Miller resümiert: „Zum Zeitpunkt seines Erscheinens war Man nannte ich Hombre, zusammen mit Der Wildeste unter Tausend, der hoffnungsloseste der modernen Western.“[11]

[Bearbeiten] Russells Tod als christliche Erlösungssymbolik?

Armando Jose Prats untersucht in seinem Buch Invisible Natives die Frage, ob Russells Opfertod „als neue Einsicht in eine überlegene Humanität des Indianers“ oder als „ein Indianisch-Sein, das nur hauchdünn eine ursprüngliche (...), reine Vorstellung vom Christentum kaschiert“ zu werten sei[12]. Er sieht Russell als Hombre, als einen Mann oder den Mann, der in der Art eines Erlösers christusgleich sein Leben für die Rettung der Gemeinschaft opfert. Prats Schlußfolgerung ist, dass Russell durch seinen fremden, aber nicht notwendigerweise indianischen Hintergrund „der Andere“ ist, ein Mensch außerhalb der sündigen weißen Gesellschaft und nur dadurch in der Lage, durch seinen selbstopfernden Tod diese Gesellschaft von ihren Sünden zu reinigen und zu erlösen[13].

[Bearbeiten] Filmische Mittel

Im Vorspann des Films sind zur Titelmusik alte oder auf alt gemachte, Sepia-eingefärbte Fotos von indianischen Ureinwohnern im Stil eines Edward Curtis zu sehen. Unter den Indianern ist auch ein weißer Junge zu entdecken. Der Schnitt auf Russells Gesicht in Großaufnahme in der ersten Einstellung des Films soll darauf hinweisen, dass es sich hierbei um den bei den Indianern aufgewachsenen weißen Jungen handelt; ein Mittel, um die Handlung, so Prats, zu historisieren und ihr eine gewisse Plausibilität zu verschaffen[14]

Diese Großaufnahme von Russells Gesicht - mit langer Haartracht nach indianischer Art - ist für die Eröffnungssequenz eines Westerns, der traditionellerweise eher mit einer Landschaftsaufnahme beginnt, ungewöhnlich. Indem Ritt diese Großaufnahme im schnellen Wechsel gegen das Bild des schwarzen Hengstes schneidet, den Russell fangen will, wird die Verbundenheit Russells zur Natur und zu indianischen Traditionen etabliert. Ritt, der in seinen Filmen sonst lange Sequenzen in der Totalen oder Amerikanischen unter nur spärlichem Einsatz von Close-Ups bevorzugt, macht dadurch von Beginn an deutlich, dass der Standpunkt des Films der von Russell ist; ein Perspektivenwechsel gegenüber der Buchvorlage, in der ein Charakter namens Carl Allen Russells Geschichte aus der Position eines Außenstehenden erzählt.[15]

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. a b Miller 2002: S.174 f
  2. Kritik von Roger Ebert
  3. Kritik von Variety
  4. Kritik des Lexikons des internationalen Films
  5. Miller 2002: S.115
  6. Miller 2002: S.30
  7. Miller 2000: S.61
  8. Miller 2000: S.60
  9. a b John H. Lenihan: Showdown - Confronting Modern America in the Western Film, University of Illinois Press, Urbana and Chicago, 1980, ISBN 0-252-01254-2 S.182
  10. Miller 2000: S.65
  11. Miller 2000: S.66
  12. Prats S.207
  13. Prats S.207-220
  14. Prats S.208
  15. Miller 2000: S.61

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Romanvorlage

Elmore Leonard: Man nannte ihn Hombre Heyne Verlag 1987 ISBN 3453206169

[Bearbeiten] Sekundärliteratur

  • Gabriel Miller (Hrsg.): Martin Ritt - Interviews University Press of Mississippi, Jackson, 2002, ISBN 1-57806-434-1
  • Gabriel Miller: The Films of Martin Ritt - Fanfare for the Common Man University Press of Mississippi, Jackson, 2000, ISBN 1-57806-277-2
  • Armando Jose Prats: Invisible Natives - Myth & Identity in the American Western Cornell University Press, Ithaca und London 2002, ISBN 0-8014-8754-4

[Bearbeiten] Weblinks

Andere Sprachen
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