Mangold-Entscheidung
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Die Mangold-Entscheidung vom 22. November 2005 des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist eine wichtige Entscheidung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts.
Der Gerichtshof hatte in der Sache C-144/04 Mangold gegen Helm darüber zu entscheiden, ob ein befristeter Arbeitsvertrag, der sich ausdrücklich nur auf § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) stützt, mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. In einem offenbar konstruierten Rechtsstreit hatte ein damals 56-jähriger Arbeitnehmer geltend gemacht, dass die Vertragsklausel, die § 14 Abs. 3 TzBfG als Grund für die Befristung seines Arbeitsvertrages nennt, nicht mit der Richtlinie 1999/70 über befristete Arbeitsverträge und der Richtlinie 2000/78 über die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vereinbar ist. § 14 Abs. 3 TzBfG, der den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit Arbeitnehmern über 58 Jahren ohne Einschränkung erlaubt, war im Zuge der Hartz-Gesetzgebung insoweit geändert worden, als dass die Altersgrenze bis zum 31. Dezember 2006 auf 52 Jahre gesenkt wurde.
[Bearbeiten] Die Entscheidung des EuGH
Der EuGH hat in seinem Urteil offen gelassen, ob ein Verstoß gegen die Richtlinie 1999/70/EG vorliegt, da es sich bei dem in Frage stehenden Arbeitsvertrages um einen erstmalig befristeten Arbeitsvertrag handelt. Zur Frage, ob § 14 Abs. 3 TzBfG gegen die Richtlinie 2000/78/EG verstoße, sah der EuGH eine direkte Ungleichbehandlung auf Grund des Alters für gegeben an. (Altersdiskriminierung) Er erkannte auch die Ziele des deutschen Gesetzgebers die Eingliederung älterer arbeitsloser Arbeitnehmer zu fördern als legitimes Ziel an, zog jedoch dann den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit heran und stellte fest, dass die Regelung des § 14 Abs. 3 TzBfG ältere Arbeitnehmer über 52 Jahre dauerhaft von unbefristeten Arbeitsverhältnissen ausschließt.
[Bearbeiten] Folgen des Urteils
Das Urteil ist nicht wegen seines Ergebnisses spektakulär, sondern wegen des Weges, den der EuGH gegangen ist. Als unmittelbare Folge steht lediglich fest, dass die Herabsetzung der Altersgrenze auf 52 unwirksam ist. Eine Befristung aufgrund des Alters bei unter 58jährigen ist nicht mehr möglich.
Unabsehbar sind zur Zeit jedoch die Folgen, die sich der Vorgehensweise des EuGH ergeben. Dies hat vor allem mit einer besonderen Form der Rechtsetzung auf europäischer Ebene zu tun; den so genannten Richtlinien. Vereinfacht ausgedrückt gibt es zwei Rechtsordnungen: die europäische und die nationale Rechtsordnung. Richtlinien vermeiden, dass europäisches Recht unmittelbar in nationales Recht eingreift. Sie geben ein Ziel vor überlassem dem Mitgliedstaat in seiner Rechtsordnung das Ziel zu regeln. Das Urteil stellt dieses System in Frage: Zum einen hat der EuGH einen allgemeinen Grundsatz des Europarechts (Primärrecht) angewendet, obwohl die Mitgliedstaaten wegen der Richtlinie einen eigenen Gestaltungsfreiraum hatten. Zum anderen hat es den Anschein, dass der EuGH von nationale Gerichten verlangt, Richtlinien im Zweifel vorrangig vor nationalem Recht anzuwenden.
Insgesamt könnte sich aus diesen Ansätzen etwas ergeben, was die Rechtswissenschaft mit den Stichwort unmittelbare Wirkung zwischen Privaten bezeichnet und meint, dass Richtlinienrecht die Rechtsbeziehungen Privater regelt, ohne dass es ein nationales Gesetzes bedarf. Anders ausgedrückt: der Private könnte sich nicht darauf verlassen, dass ein nationales Gesetz tatsächlich auch gilt. Konkret im Fall: Ein Arbeitgeber kann nicht auf den Wortlaut des § 14 Abs. 3 TzBfG vertrauen.
[Bearbeiten] Weblinks
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