Nachhaltige Lebensweise

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Du hast neue Nachrichten auf deiner Diskussionsseite.

Um das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung zu erreichen, ist nicht nur eine entsprechende Politik und eine Veränderung der Wirtschaftsweise notwendig, sondern auf der Ebene der einzelnen Verbraucherinnen und Verbraucher auch der Umstieg auf eine nachhaltige Lebensweise. Dazu gehört die Nutzung nachhaltig hergestellter Produkte und Dienstleistungen, welche bei den meisten Menschen aus Industrieländern einen Wandel ihrer Lebensstile hin in Richtung Suffizienz unabdingbar macht. Grundlagendokument ist hier international die 1992 bekannt gemachte Agenda 21, Kapitel 4, wo es zur nachhaltigen Lebensweise heißt:

"Besondere Aufmerksamkeit gebührt der durch nicht nachhaltige Verbrauchsgewohnheiten und übermäßigen Konsum bedingten Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen und der schonenden bzw. effizienten Ressourcennutzung im Einklang mit dem Ziel, ihrer Verknappung soweit wie möglich entgegenzuwirken und Umweltbelastungen zu reduzieren. Während in bestimmten Teilen der Welt übermäßig konsumiert wird, bleiben die Grundbedürfnisse eines großen Teils der Menschheit unbefriedigt. Dies führt zu überhöhten Ansprüchen und einer auf Dauer nicht vertretbaren Lebensweise der wohlhabenden Bevölkerungsanteile, was wiederum mit einer immensen Belastung der Umwelt einhergeht. Die ärmeren Teile der Weltbevölkerung indessen sind nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse in bezug auf Nahrung, Gesundheitsfürsorge, Wohnraum, Bildung und Erziehung zu befriedigen. Eine Veränderung der Verbrauchsgewohnheiten setzt eine aus mehreren Elementen bestehende Strategie voraus, die sich gezielt mit den Fragen des Bedarfs und der Deckung der Grundbedürfnisse der Armen befaßt und die dem Abbau, der Verschwendung und der Übernutzung begrenzter Ressourcen im Rahmen des Produktionsprozesses entgegenwirkt."

Inhaltsverzeichnis

1 Diskussion in der Gesellschaft
2 Politische Rahmenbedingungen für nachhaltige Lebensweise
3 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Lebensweise
4 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Lebensweise
5 Literatur
6 Weblinks

[Bearbeiten] Diskussion in der Gesellschaft

Politiker verweisen auf die meist kurzfristigen Erwartungen der Wähler sowie der Konzerne. Die Unternehmen ihererseits berufen sich auf die Gesetze des Marktes, nach denen sie nur das produzieren und verkaufen können, was die Konsumenten kaufen wollen, wobei allerdings diesen Kaufwünschen durch Werbung massiv nachgeholfen wird. Deshalb scheint von besonderer Bedeutung die dritte Aktionsebene.

Zukunftsfähiges Lebensweise ist eine Aufgabe der Wähler und Konsumenten, also jedes Einzelnen in unserer Gesellschaft. Es gibt heute bereits zahlreiche Möglichkeiten, sich als Konsument für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen zu entscheiden: energiesparende Geräte und Fahrzeuge, biologisch abbaubare Reinigungsmittel, Farb- und Baustoffe, Recycling wertvoller Materialien, Pfandflaschen, ökologisch erzeugte Lebensmittel, Nutzung von Fahrrad, Bus und Bahn soweit wie möglich, fair gehandelter Waren. Der Rat für Nachhaltigkeit entwickelte den Nachhaltigen Warenkorb. Diese Einkaufshilfe zeigt solche Beispiele auf und stellt somit einen "Wegweiser zum zukünftigen Konsum" dar. Der Nachhaltige Warenkorb gibt dem Konsumenten in sechs Bereichen, nämlich Lebensmittel und Ernährung, Textilien und Bekleidung, Finanzdienstleistungen, Tourismus und Reisen, Wohnen und Haushalt sowie Mobilität und Verkehr, einen konkreten Überblick über nachhaltige Produkt- und Dienstleistungenalternativen zum Statistischen Warenkorb. Jedoch will der Nachhaltige Warenkorb nicht zum übermäßigen Konsum anregen, da bei jedem Produkt und somit auch bei einem nachhaltig produzierten Produkt Rohstoffverbrauch, Herstellungs- und Transportenergie, oft auch Kühl- und Lagerenergie anfallen; zusammengenommen ein 'ökologischer Rucksack'. Daher gehört zu einer nachhaltigen Lebensweise auch die Frage, ob ein bestimmter Konsum überhaupt nötig ist. Entsprechende Entscheidungen stehen besonders bei den Mobilitätsbedürfnissen an. Denn jede Fortbewegung mit einem Verbrennungsmotor oder konventionell erzeugter Elektrizität trägt zum Treibhauseffekt und somit zur Klimaveränderung bei. Dies gilt zwar auch für öffentliche Verkehrsmittel, aber die Prokopfzahlen sind besonders ungünstig beim privaten Auto und extrem hoch für das Fliegen. Auch bei der Frage nach der Notwendigkeit von Luxusartikeln oder Prestigeobjekten kommt der Konsument über die Suffizienzfrage nicht hinweg.

Eine nachhaltige Lebensweise erfordert von den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft sowie von jeder ökonomisch aktiven Person einen hohen Stand an Information, Bewusstheit und ethischer Motivation. Das gilt für viele kleine Schritte auf dem Weg zur Zukunftsfähigkeit und erst recht für die Abschiede von manchen liebgewordenen Gewohnheiten und vermeintlich dringenden Bedürfnissen.

In diesem Zusammenhang wird der Begriff "Suffizienz" in die Diskussion gebracht. Er ist mit dem englischen Wort "sufficient" verwandt und kann mit dem Wort "Genügsamkeit" übersetzt werden. Dabei geht es um solche Fragen: Wieviel ist genug? Haben nicht die meisten Menschen in unserer Gesellschaft längst zu viel von allem? Leben wir nicht in einem krank machenden Überfluss, während andere Menschen auf dieser Erde kaum überleben können? Ist nicht das "Immer-Mehr-Haben-Wollen" eine Art Sucht geworden? Und ist Geiz wirklich geil? Könnten wir unseren materiellen Konsum einschränken und dabei sogar an Lebensqualität (Zeit, Ruhe, Freiheit, Ausgeglichenheit) gewinnen?

Hier sei die tiefste Dimension von Zukunftsfähigkeit wenigstens angedeutet. Wenn die Menschen in den reichen Ländern in einer suchtartigen Abhängigkeit von der bisherigen konsumorientierten Lebensweise gefangen sind - wofür es deutliche Symptome gibt - , dann geht es um nichts Geringeres als um Befreiung aus einem überholten, weil nicht mehr zukunftsfähigen Kulturmuster. Dann brauchen wir neue Orientierungen und Werte für unser Leben (vom Haben zum Sein – E. Fromm). Dies zu verwirklichen, ist Aufgabe der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Es könnte sein, dass gerade deshalb das Interesse an spirituellen Traditionen und Übungen – unabhängig von institutionellen Religionen - in den letzten Jahrzehnten so stark zugenommen hat.

[Bearbeiten] Politische Rahmenbedingungen für nachhaltige Lebensweise

Eine nachhaltige Lebensweise zu fördern, ist auch Aufgabe der Politik. Demtsprechende politisch-rechtliche Maßnahmen können Gesetzesvorhaben, Subventionen oder Steuererhöhungen sein. Beispielsweise können die Maßnahmen die Herstellung und den Gebrauch umweltfreundlicher Produkte subventionieren oder unterstützen, z.B. in der Landwirtschaft, im Verkehr oder in der Energieverwendung und –gewinnung, und gleichzeitig umweltschädliches Verhalten verteuern (Bsp. Ökosteuer, Kerosinbesteuerung, Geldstrafen). Die Politik kann die Umwelt schützen durch Verbote besonders umweltschädlicher Stoffe (bisherige Beispiele sind DDT, FCKW, Asbest, PVC) und sich für internationale Absprachen einsetzen (z.B. zum Schutz der Meere, des Klimas, der Ozonschicht, der Regenwälder oder bedrohter Tierarten). Hinsichtlich des Nord-Süd-Ausgleiches kann die Politik durch Entwicklungszusammenarbeit, Instrumente des Welthandels und des internationalen Finanzsystems, über die Institutionen der Vereinten Nationen (UN) und vor allem durch Kriegsvermeidung handeln.

Eine nachhaltige Lebensweise zu fördern, ist jedoch auch ein politisches Bildungsthema. Die Politik kann verstärkt Bildung für eine nachhaltige Entwicklung fördern. Seit dem Weltgipfel in Johannesburg 2002 hat die Bildung in diesem Zusammenhang an Bedeutung gewonnen. Globales Lernen sowie Umweltbildung sollen verstärkt in Bildungseinrichtungen umgesetzt werden, dass dies allerdings staatliche Investitionen in adäquarte Schulung und Weiterbildung von Personal voraussetzt ist nicht zu bestreiten. Das Ziel staatlich unterstützter Umweltbildung kann sein, einen nachhaltigen Bewusstseinswandel zu fördern. Momentan liegt der Focus der Umweltpolitik mehr auf dem Gestalten politisch-rechtlicher Rahmenbedingungen und nicht auf der Unterstützung nachhaltiger öffentlicher Rahmenbedingungen.

[Bearbeiten] Wirtschaftliche Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Lebensweise

Zweitens ist nachhaltige Lebensweise eine Aufgabe der Wirtschaft. Sie kann z.B. für rohstoff- und energiesparende Produktion und Produkte sorgen, recycelbare Materialien bevorzugen sowie umweltbelastende Abfälle reduzieren oder ganz vermeiden. Allerdings steht die Fixierung der kapitalorientierten Wirtschaft auf Gewinnmaximierung und deshalb auf Kostensenkung sehr oft gegen die Erfordernisse einer globalen Zukunftsfähigkeit. Dies gilt besonders für die zentrale Forderung nach einem maximalen Wirtschaftswachstum. Denn dieses tendiert in exponentiell steiler Kurve in Richtung Unendlichkeit, was auf der endlichen Erde zum Zusammenbruch des ökologischen und sozialen Systems führen muss (s. Studien "Grenzen des Wachstums" von 1972 und "Die neuen Grenzen des Wachstums" von 1992).

[Bearbeiten] Wissenschaftliche Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Lebensweise

Die Querschnittsdisziplin Nachhaltigkeitswissenschaft widmet sich zum einen der heutigen Ausmaße nicht-nachhaltiger Entwicklung und erforscht zum anderen Möglichkeiten zur Umsätzung einer nachhaltigen Entwicklung.

[Bearbeiten] Literatur

D. und D. Meadows, J. Randers: "Die neuen Grenzen des Wachstums", Stuttgart 1992
Misereor/BUND (Hg.): "Zukunftsfähiges Deutschland – ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung", Basel 1995
J.de Graaf, D.Waun, Th.Naylor: "Affluenza – Zeitkrankheit Konsum", München 2002
World Watch Institute (Hg.): "Zur Lage der Welt 2004. Die Welt des Konsums", Münster 2004
Jakubowicz: "Genuss und Nachhaltigkeit – Handbuch zur Veränderung des persönlichen Lebensstiles", 3.Aufl. Wien 2002
Lehle, Georg: "Nachhaltige Lebensfreude, Wege vom inneren zum äußeren Frieden", Murnau 2005