Nibelungenfestspiele Worms
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Die Nibelungenfestspiele Worms sind ein Theaterfestival, das seit seiner Wiederbegründung 2002 alljährlich im August im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz stattfindet. Aufführungsort ist eine Freiluftbühne direkt vor dem Wormser Dom.
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[Bearbeiten] Geschichte
Während des Dritten Reichs 1937 begründet, stand auf dem Spielplan der Nibelungenfestspiele ausschließlich Hebbels dreiteiliges Drama „Die Nibelungen“ von 1861. Die Festspiele wurden nach kurzer Unterbrechung Mitte der 40er-Jahre noch bis 1956 fortgeführt und fielen dann in einen 46-jährigen Dornröschenschlaf.
Im Jahre 2002 gab es die erste Neuinszenierung der Nibelungenfestspiele, um Worms wieder als Festspielstadt zu etablieren. Theater- und Filmgrößen, allen voran Dieter Wedel, Mario Adorf und Maria Schrader, wurden engagiert, um bundesweit Aufsehen zu erregen, was auch gelang. In der Fassung von Moritz Rinke fanden am Südportal des Wormser Domes dann die ersten Festspiele statt. Die Aufführungen sind seit der Premiere fast ausnahmslos ausverkauft. Bundesweit konnte man eine Aufnahme der Generalprobe im Fernsehen anschauen.
Kritik gab es allerdings auch: Kurz nach der ersten Saison häuften sich die Meldungen über die enormen Kosten, die für die Stadt anfallen. Zum Beispiel wurden damals die lebensgroßen Eispferde 2002 mit ihrem enormen Kühlaufwand und Instandsetzungskosten gerügt. Daraufhin wurden viele Konsequenzen gezogen, um die Kosten niedrig zu halten und den Fortbestand der Spiele gewährleisten zu können.
2006 wurde zum ersten Mal ein Jugendkurs für junge Leute, die Schauspieler werden wollen, angeboten.
[Bearbeiten] Die Rinke-Inszenierung
Die beiden ersten Aufführungen 2002 und 2003 wurden von Dieter Wedel nach der Fassung von Moritz Rinke aufgeführt. Rinke wurde von der Stadt Worms beauftragt, das Stück zu dramatisieren, und schuf eine Neuinterpretation, ohne wirklich neu zu interpretieren. Die Begründung Rinkes und seiner Auftraggeber lautet: Er vermeide Patriotismus und schwäche verhängnisvolles Ehrgefühl ab, um so den bitteren Beigeschmack des von den Nationalsozialisten missbrauchten germanischen Mythos zu vermeiden. Das „nationalsozialistische Vorurteil gegenüber der Nibelungensage“ abzulegen, war eines seiner Ziele.
Anstoß erregte unter anderem die Schlussszene, als Hildebrand sagt:
"Noch niemals standen Männer
Zusammen wie die Nibelungen hier
Und was sie auch verbrochen haben mögen
Sie habens gut gemacht durch diesen Mut
Und diese Treue, die sie doppelt ehrt."
Kritik wird häufig daran geübt, dass Rinke die blinde Gefolgschaftstreue und übertriebenes Ehrgefühl, wie man sie vom Original und von anderen Fassungen her kannte, einfach weglässt, somit die unvermeibaren Konsequenzen nicht klar als solche erkennen lässt und dass das Stück sich in dieser Form von der Intentionen des Dichters unterscheidet.
Dieter Wedel arbeitete 2002 eng mit dem stets präsenten Rinke zusammen. Die Fassung wurde insgesamt von über 50.000 Freispielgästen gesehen.
[Bearbeiten] Die Hebbel-Inszenierung
Seit 2004 wird die Inszenierung von Friedrich Hebbel aus dem Jahre 1861 aufgeführt. Hebbel brachte die 2379 4-zeiligen Aventiuren auf 5456 Zeilen Dialog. Durch die Dramaform und wohl auch aus Zeitgründen – vielleicht aus Gründen der politischen Korrektheit – wurde der Stoff gerafft. Einige Szenen und Details sind daher nur gekürzt, wenn überhaupt vorhanden. (Dies ist jedoch ein allgemeiner Zug der Zeit; auch in der Internet-Ausgabe von Gutenberg-Spiegel fehlen viele Sätze und u. a. die kompletten Szenen 10–14 des 5. Aufzugs. Vollständige Ausgaben sind auch in Buchform seit 1978 nicht mehr erhältlich.) Dennoch hat dieses Werk den Ruf als das klassische Bühnenstück zur Nibelungensage.
Unter der Regie von Karin Beier werden nun die Rollen der beiden Königinnen Brunhild und Kriemhild hervorgehoben. Sie werden als Opfer der von Männern dominierten Politik dargestellt.
[Bearbeiten] Chronologische Einordnung
- 2002
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Regie: Dieter Wedel Fassung: Moritz Rinke Siegfried: Götz Schubert Hagen: Mario Adorf Kriemhild: Maria Schrader Brunhild: Judith Rosmair Giselher: André Eisermann Ort: Südportal des Doms
- 2003
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Regie: Dieter Wedel Fassung: Moritz Rinke Intendant: Dieter Wedel Siegfried: Götz Schubert Hagen: Manfred Zapatka Kriemhild: Maria Schrader Brunhild: Wiebke Puls Giselher: André Eisermann Sprecher Prolog: Mario Adorf Ort: Südportal des Doms
- 2004
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Regie: Karin Beier Fassung: Friedrich Hebbel Intendant: Dieter Wedel Siegfried: Martin Lindow Hagen: Manfred Zapatka Kriemhild: Maria Schrader Brunhild: Wiebke Puls Giselher: André Eisermann Gunther: Joachim Król Ort: Nordportal des Doms Zuschauer: über 16.000
- 2005
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Regie: Karin Beier Fassung: Friedrich Hebbel Intendant: Dieter Wedel Siegfried: Götz Schubert Hagen: Manfred Zapatka Kriemhild: Maria Schrader Brunhild: Wiebke Puls Giselher: André Eisermann Gunther: Joachim Król Gernot: Sebastian Hufschmidt Ort: Nordportal des Doms Termin: (12.-27. August)
- 2006
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Regie: Dieter Wedel Fassung: Moritz Rinke Intendant: Dieter Wedel Siegfried: Robert Dölle Hagen: Wolfgang Pregler Kriemhild: Jasmin Tabatabai Brunhild: Annika Pages Giselher: Christian Nickel Gunther: Roland Renner Gernot: Robert Joseph Bartl Isolde: Sonja Kirchberger Ort: Südportal des Doms Termin: (11.-26. August)
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
Festspieljahr 2006:
- Ausführlicher Bericht der Nibelungenfestspiele und dem Rahmenprogramm sowie Bilder und Videoclips mit besonderem Blick auf "Kriemhild" (Jasmin Tabatabai)
- Bildergalerien und Videoclips von den Proben auf der Homepage der Stadt Worms
- Dokumentation zu drei Vorträgen: "Zum Selbstverständnis der Deutschen" mit O-Ton, Textfassungen und den Lebensläufen der Referenten aus dem Kulturprogramm der Nibelungenfestspiele am 13. August 2006 in Worms
Festspieljahr 2005:
- Ausführlicher Nachbericht von Berthold Röth zu den Nibelungenfestspielen vom 12. bis 27. August 2005
- O-Ton-Dokumentation der Podiumsdiskussion "Was ist deutsch?" im Rahmenprogramm zu den Nibelungenfestspielen am 21. August 2005 in Worms