Nukleophilie
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Nukleophilie (griechisch nukleos = Kern, philos = Freund) ist in der Chemie ein Maß für die Fähigkeit eines Atoms mit einem freien Elektronenpaar ein (partiell) positives Atom unter Ausbildung einer kovalenten Bindung anzugreifen. Aus dem Blickwinkel des angegriffenen Atoms wird dessen Fähigkeit zum Angriff an ein Nukleophil als Elektrophilie bezeichnet.
In der Umgangssprache wird die Nukleophilie eines Moleküls in der Regel mit der Nukleophilie des nukleophilsten Atoms gleich gesetzt.
Die Nukleophilie eines Teilchens hängt also im wesentlichen vom angreifenden Atom ab. Verallgemeinert lässt sich sagen, dass "weiche" Lewis-Basen bessere Nukleophile sind (vgl. HSAB-Prinzip erklärt unter Komplexchemie). Bei gleichem angreifendem Atom in gleicher Oxidationsstufe korreliert die Nukleophilie gut mit der Basizität. Die Nukleophilie wird stark von der Sterik beeinflusst. Sehr raumgreifende Substituenten am nukleophilen Atom schirmen dieses gut ab und unterbinden so einen nukleophilen Angriff. Weiterhin reagiert die Nukleophilie empfindlich auf Lösungsmitteleinflüsse. Ein hoher Solvatationsgrad verringert die Nukeophilie erheblich.
Das Gegenteil von nukleophil ist nukleophob. Ein solches Molekül oder Ion zieht Elektronen an, da es einen Elektronenmangel aufweist. Nukleophobie wird meistens Elektrophilie genannt.
[Bearbeiten] Nukleophile Teilchen und Stoffe
Als Nukleophil wird der Reaktionspartner bezeichnet, welcher das Elektronenpaar für die neu zubildende Bindung liefert. Typische Nukleophile sind oft negativ geladen oder besitzen zumindest ein freies Elektronenpaar in einem relativ energiereichen Orbital. Je energiereicher dieses Elektronenpaar ist, desto stärker ist das Nukleophil. Typische anionische Nukleophile sind Alkoholate, Thiolate, Carbanionen, Halogenide, Peroxidionen, Cyanidionen, Azidionen, und viele mehr. Wichtige neutrale Nukleophile sind Amine, Phosphine, Kohlenstoffmonoxid, Alkene und Aromaten, ...
In der Zellbiologie beschreibt Nukleophilie die Eigenschaft bestimmter Farbstoffe, bevorzugt an Strukturen eines Zellkerns zu binden. Dieses wird zur besseren Beobachtung des Zellkerns in der Lichtmikroskopie genutzt. Meist sind es basische Farbstoffe, die an Nukleinsäuren binden. Siehe dazu auch Basophilie und Eosinophilie.
[Bearbeiten] Nukleophile Reaktionen
Eine nukleophile Reaktion ist die Verknüpfung zweier Reaktionspartner über eine kovalente Bindung. Charakteristisch ist dabei das der eine Reaktionspartner beide für die Bindung benötigten Elektronen zur Verfügung stellt (Nukleophil), während der andere nur seine Fähigkeit zur Stabilisierung des Elektronenpaares einbringt (Elektrophil). Jede nukleophile Reaktion ist zugleich auch eine elektrophile Reaktion. Üblicherweise betrachtet man aus der Sicht des kleineren Reaktionspartners. Die Ausbildung der Atombindung kann im Sinne einer Substitutions- oder Additionsreaktion erfolgen. War das Elektrophil zuvor nicht abgesättigt, so ist das sich zunächst bildende Addukt aus Nukleophil und Elektrophil stabil (→ Addition). Bei einem abgesättigten Elektrophil führt die chemische Reaktion mit einem Nukleophil zu einer Verdrängung eines anderen Molekülteils (Abgangsgruppe, Nukleofug) aus dem Elektrophil (→ Substitution).
Die wichtigste chemische Reaktion der Nukleophile ist die Substitutionsreaktion, bei der eine Abgangsgruppe durch ein Nukleophil ersetzt wird. Das Nukleophil ist dabei eine Lewis-Base. Als Beispiel sei hier die nukleophile Substitution (SN) genannt.