Open Source Definition
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Die Open Source Definition (Abk.: OSD) ist eine Richtlinie zur Bewertung von Software-Lizenzen.
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[Bearbeiten] Geschichte und Entwicklung
Die Open Source Definition stammt von Bruce Perens, dem ehemaligen Maintainer von Debian GNU/Linux. Debian sah sich angesichts der Nachbarlizenzen herausgefordert, genauer zu definieren, was die Freiheit sei, die das Projekt meint. Diese Positionen formulierte Perens nach einer E-Mail-Diskussion mit den anderen Debian-Entwicklern 1997 im Debian Social Contract ([1]), einem Bekenntnis, dass Debian zu 100 Prozent Freie Software bleiben, dass das Projekt alle Neuerungen an die Community zurückgeben und keine Fehler verstecken wird, sowie in den Debian Free Software Guidelines (DFSG).
Aus dem Geist dieser beiden Texte heraus entstand die OSD. Eric S. Raymond spielte bei der Universalisierung eine Rolle, da er Perens in seine Bemühungen, „das Konzept der Freien Software an Leute zu verkaufen, die Krawatten tragen“ (Perens, 1999, S. 173), eingespannt hatte. Raymond hielt die DFSG für das richtige Dokument, um Open Source zu definieren. Perens entfernte alle debian-spezifischen Referenzen, tauschte „Free Software“ gegen „Open Source Software“ aus und änderte den Namen. Schließlich registrierte er für SPI, die Schirmorganisation von Debian, ein Certification Mark (CT) auf den Begriff „Open Source“. Ein CT ist eine Form von Trademark, eine Art Gütesiegel, das den Produkten von Dritten verliehen werden kann:
- „Da die Community ein verlässliches Verfahren benötigt, um zu wissen, ob ein Stück Software wirklich ‚open-source‘ ist, nimmt die OSI für diesen Zweck Anmeldungen von Zertifizierungszeichen entgegen: ‚OSI-zertifiziert‘ […] Wenn Sie das ‚OSI-zertifiziert‘-Zeichen für ihre Software verwenden möchten, können Sie dies tun, indem Sie ihre Software unter einer anerkannten Lizenz aus der Liste verbreiten und die Software entsprechend kennzeichnen.“ The OSI Certification Mark and Program [2].
Nachdem Raymond und Perens mit dem dezidierten Ziel, die Open-Source-Kampagne und ihr CT zu verwalten, die Open Source Initiative (OSI) gegründet hatten, wurden die Rechte an dem CT von SPI auf die OSI übertragen. Gut zwei Dutzend Lizenzen hat die OSI gutgeheißen und zertifiziert, sodass sie offiziell den geschützten Titel „Open Source“ tragen dürfen (vgl. OSI, The Approved Licenses [3]).
[Bearbeiten] Aussagen und Implikationen
Die OSD ist also keine Lizenz, sondern ein Standard, an dem Lizenzen gemessen werden; neben den eingangs genannten Freiheiten und den beiden problematischen Punkten, die im Anschluss behandelt werden, enthält die OSD einige Besonderheiten. Während die meisten Lizenzen die Nutzungen ihrer Software ohne Einschränkung an jedermann freistellen, gibt es einige, die explizite Ausnahmen vorsehen.
In der Erläuterung zur OSD, Version 1.0, führt Perens das Beispiel einer Lizenz des Aufsichtsgremiums der Universität von Kalifornien in Berkeley an, die die Verwendung eines Elektronikdesign-Programms durch die südafrikanische Polizei untersagt (vgl. Perens, 1999, S. 179). Obgleich das Anliegen zu Zeiten der Apartheid löblich gewesen sei, sei ihr Sinn heute weggefallen, die Lizenzvorschrift für diese und alle abgeleitete Software bestehe jedoch weiter. Ebenso sei es verständlich, dass Autoren den Einsatz ihrer Software in der Wirtschaft, der Genforschung oder einer Abtreibungsklinik untersagen wollten, doch auch diese Anliegen gehörten nicht in eine Lizenz.
Deshalb schreibt die OSD für Open-Source-Lizenzen vor, dass sie nicht gegen Personen oder Gruppen (Ziff. 5) und gegen Einsatzgebiete (Ziff. 6) diskriminieren dürfen. Bei der Weitergabe an Dritte soll die Lizenz wirksam sein, ohne dass Rechteinhaber (der Copyright-Halter) und Lizenznehmer einen Vertrag unterzeichnen (Ziff. 7). Die Gültigkeit von unterschriftslosen Lizenzverträgen wird derzeit auch für den proprietären Bereich diskutiert (s. u.), insofern ist die Erläuterung zur Ziff. 7 der OSD, Ver. 1.0, (ebd., S. 179) eher ein frommer Wunsch. In der Erläuterung zur Ver. 1.761 heißt es, dass damit eine Schließung durch zusätzliche Anforderungen wie ein NDA ausgeschlossen werden soll.
Die OSD-Ziff. 8 besagt, dass die gewährten Rechte nicht davon abhängig gemacht werden dürfen, dass das Programm Teil einer bestimmten Distribution ist. Es muss frei bleiben, auch wenn es von dieser Distribution getrennt wird.
[Bearbeiten] OSI-zertifizierte Lizenzen
Zu den von der OSI zertifizierten Lizenzen gehören:
- GPL und LGPL,
- BSD-Lizenz,
- MIT- oder X-Konsortium-Lizenz,
- Artistic License (für Perl entwickelt, [4]),
- Mozilla Public License (MPL, [5]),
- Qt Public License (QPL, [6]),
- IBM Public License ([7]),
- MITRE Collaborative Virtual Workspace License (CVW License, [8]),
- Ricoh Source Code Public License ([9]),
- Python-Lizenz ([10]),
- zlib/libpng-Lizenz.
[Bearbeiten] Möglichkeit der Mehrfachlizenzierung
Die MPL ist die einzige Lizenz, die die Möglichkeit der Mehrfachlizenzierung ausdrücklich erwähnt. Ziff. 13 erlaubt es dem ursprünglichen Entwickler, nämlich Netscape, nicht aber den Kontributoren, ihren Code unter die MPL und zugleich eine alternative Lizenz zu stellen, unter denen Nutzer ihre Wahl treffen können. Darin ist die Handschrift von Perens zu erkennen, der denjenigen, die ihre Software frei belassen und sie zugleich verkaufen möchten, eine beliebige kommerzielle Lizenz plus der GPL als freie Lizenz empfiehlt (vgl. Perens, 1999, S. 185).
Eine eigenartige Konstruktion ist die CVW-Lizenz des MITRE. Sie ist nur eine Art Rahmenlizenz, in der die Warenzeichen von MITRE von der Werbung für abgeleitete Werke ausgeschlossen werden. Darüber hinaus stellt sie dem Empfänger der Software frei, ob er sie unter der GPL oder der MPL nutzen möchte, die beide in der CVW-Lizenz enthalten sind.
[Bearbeiten] Literatur
- Volker Grassmuck: Freie Software. Zwischen Privat- und Gemeineigentum. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2002, ISBN 3-89331-432-6 (Online-Version)