Reichsritterschaft
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Reichsritterschaft war im Heiligen Römischen Reich die Gemeinschaft der freien uradligen Herren, die auf ihren Besitzungen in Schwaben, Franken und im Rheinland die unmittelbare Unterordnung unter Kaiser und Reich bewahren konnten, ohne jedoch auf den Reichstagen des Reiches Sitz und Stimme zu haben. Die Reichsritterschaft gehörte damit zum niederen Adel ohne Reichsstandschaft.
[Bearbeiten] Geschichte
Sie genossen den besonderen Schutz des Kaisers, blieben aber vom Reichstag ausgeschlossen und wurden auch nicht in die Reichskreisverfassung einbezogen. Ab dem Spätmittelalter schlossen sich die Reichsritter in Ritterbünden zusammen, die sich seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu quasi-territorialen Zwangsverbänden entwickelten. Sie bauten dabei auf der älteren Tradition der im Schwäbischen Kreis entstanden Gesellschaft mit Sankt Jörgenschild auf, übernahmen auch dessen Kantonalstruktur. Auf Grund von Steuerforderungen gegenüber den Reichsrittern im Jahre 1542, die wegen der drohenden Gefahr durch die Türken vom Kaiser erhoben wurden, mussten die Reichsritter eine Organisationsform finden, die es einerseits erlaubte, ihre Rechte und Priviligien zu bewahren und auf der anderen Seite ihre Pflichten gegenüber dem Kaiser zu erfüllen.
Deshalb organisierte sich die Reichsritterschaft seit der Mitte des 16. Jahrhunderts in insgesamt 15 Ritterorten, die wiederum, bis auf eine Ausnahme, seit 1577 in drei Ritterkreise zusammengefasst wurden. Die Ritterorte wurden seit dem 17. Jahrhundert, entsprechend dem Vorbild der Kantone der Schweizer Eidgenossenschaft, Ritterkantone genannt. Die sechs Kantone Odenwald, Gebürg, Rhön-Werra, Steigerwald, Altmühl und Baunach gehörten dem fränkischen, die fünf Kantone Donau, Hegau-Allgäu-Bodensee, Neckar-Schwarzwald, Kocher und Kraichgau dem schwäbischen und die drei Kantone Oberrhein, Mittelrhein (hierzu gehörte z.B. die Wetterauer Ritterschaft mit Sitz in Friedberg) und Niederrhein dem rheinischen Ritterkreis an. Der Kanton Niederelsass nahm als 15. Kanton eine Sonderstellung ein.
Seit 1577 fanden zwar als „Generalkorrespondenztage“ bezeichnete Zusammenkünfte der Reichsritterschaft statt, jedoch blieben die Kreise und besonders die Kantone auf Grund der starken territorialen Verankerung der Ritter wesentlich wichtiger.
Die Reichsritter wurden sehr häufig durch den Kaiser zu Kriegsdiensten herangezogen und gewannen dadurch einen sehr großen Einfluss im Militär und der Verwaltung des Reiches, aber auch auf die Territorialfürsten.
Jeder Kanton hatte seinen Ritterhauptmann und führte eine Adelsmatrikel (Rittermatrikel) über die zur Ritterschaft gehörenden Personen und Güter. Die Ritterschaft war befreit von Reichssteuern und Einquartierungen. Mit der Gründung des Rheinbundes im Jahre 1806 wurden die Gebiete der Reichsritterschaft der Hoheit der Fürsten, von deren Territorien sie umgeben waren, unterstellt. Die meisten Reichsritter nahmen den Freiherrntitel an.
Eine andere Kategorie der Reichsritterschaft war der vom Kaiser in den Reichsritterstand erhobene Briefadel, der keine Besitzungen in den „drei Ritterkreisen“ besaß.
Ein schönes Denkmal der Reichsritterschaft, das Palais der Reichsritterschaft, befindet sich in der Ortenau (Offenburg).