Reineke Fuchs
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Reineke Fuchs ist die Hauptfigur eines gleichnamigen Tierepos in Versen, dessen europäische Tradition bis ins Mittelalter zurückreicht. Eine 1498 in Lübeck gedruckte Fassung wurde im 16. Jahrhundert ins Lateinische und in verschiedene Landessprachen übersetzt. Infolgedessen wurde die Geschichte in ganz Europa zum Bestseller und inspirierte Schriftsteller und Illustratoren bis auf den heutigen Tag.
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[Bearbeiten] Inhalt
Die Geschichte erzählt davon, wie sich der Übeltäter Reineke, der Fuchs, vor dem König der Tiere, dem Löwen, durch eine geniale Lügengeschichte aus allen Anklagepunkten rettet und sich so gegen alle seine Widersacher als Sieger durchsetzt. Am Ende fordert die Königin Reineke zum Duell heraus, aber dort verliert sie auf schimpfliche Weise und Reineke wird zum Reichskanzler ernannt.
[Bearbeiten] Herkunft
Die Ursprünge der Figur sollen in Sagen des Vorderen Orient liegen, als Reineke Fuchs ähnliche Züge wie Isegrim, der Wolf, getragen haben soll.
Im Mittelalter entstand sie in ihrer heutigen Gestalt. Damals waren Tierfabeln zur satirischen Versinnbildlichung archetypischer menschlicher Charakterzüge oder gesellschaftlicher Zustände sehr beliebt. Zwischen 1175 und 1250 entstand in Frankreich durch Aneinanderreihung verschiedener Tiererzählungen der „Roman de Renart“ von Pierre de Saint-Cloud über einen schlauen Fuchs, der über einen starken Löwen triumphiert.
Heinrich der Gleißner (Heinrich der Glîchezære) aus dem Elsaß dichtete Ende des 12. Jahrhunderts den Reinhart Fuchs. Es ist aber umstritten, ob es diesen Autor wirklich gegeben hat (Glîchezære bedeutet nämlich nichts anderes als Betrüger) oder ob ein anderer, anonymer Autor nur diesen Erzählernamen wählte. Auch ein Übersetzungsfehler ist hier nicht ausgeschlossen. In dem Werk beginnt Der Gerichtstag so:
- Ditz geschah in eime lantvride,
- den hatte geboten bi der wide
- ein lewe, der was Vrevil genant,
- gewaltic vber daz lant.[1]
Im 13. Jahrhundert entstand eine niederländische Version des Epos, Van den vos Reynaerde.
[Bearbeiten] Druck
Das Gedicht fand Eingang in das Volksbuch Reinke de vos, gedruckt in mittelniederdeutscher Sprache bei Hans van Ghetelen in Lübeck 1498.
[Bearbeiten] Rezeption
Johann Wolfgang von Goethe verwendete die 1752 von Gottsched herausgegebene gleichnamige Dichtung für seine Fabel vom Reineke Fuchs. Gottsched hatte seiner Ausgabe eine Übersetzung in Prosa beigefügt. Wahrscheinlich konnte sich Goethe auch auf die Historie van reynaert de vos (Delft 1485, Nachauflage 1783) stützen. 1834 veröffentlichte Jacob Grimm, der sich zu dieser Zeit mit dem mittelalterlichen Tierepos auseinandersetzte, eine Version von "Reinhard Fuchs".
Wilhelm von Kaulbach illustrierte die Ausgabe des Reineke Fuchs von Johann Wolfgang von Goethe (1846 erschienen).
1872 adaptierte der luxemburgische Autor Michel Rodange die Fabel in Goethes Version als Renert oder de Fuuss am Frack an a Maansgréiss. Er übertrug sie auf die aktuellen Verhältnisse in seinem Land und benutzte dabei regionale Dialekte.
Der Name Reinhart (Renart) wurde durch die mittelalterliche Sage so bekannt, dass statt der altfranzösischen Bezeichnung für Fuchs, "Goupil", stattdessen heute im Französischen der Fuchs "Renard" heißt und die alte Bezeichnung in Vergessenheit geraten ist.
[Bearbeiten] Ausgaben (u.a.)
- De Warheyt my gantz fremde ys/ De Truwe gar seltzen/ dat ys gewiß. Reynke Vosz de olde/ nyge gedrücket / mit sidlikem vorstande vnd schonen figuren/ erlüchtet vñ vorbetert. Jn der lauelyken Stadt Rozstock/ by Ludowich Dyetz gedrucket. 1539
- Reineke Fuchs: das niederdeutsche Epos "Reynke de vos" von 1498. Übertragung und Nachwort von Karl Langosch. Stuttgart: Reclam, 1967, Nachdruck 1994 ISBN 3-15-008768-6
- Von Reinicken Fuchs. Heidelberg, 1981. Faksimile der Ausgabe Frankfurt 1544 (mit einer Einführung von Hubertus Menke)
[Bearbeiten] Literatur (u.a.)
- Helmut de Boor/Richard Newald: Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hamburg, 1953. Zweiter Band, S. 398 - 400.
- Amand Berteloot / Loek Geeraedts (Hrsg.): Reynke de Vos - Lübeck 1498. Zur Geschichte und Rezeption eines deutsch-niederländischen Bestsellers. Münster: Lit 1998 (Niederlande-Studien, Kleinere Schriften 5) ISBN 3-8258-3891-9
- Hubertus Menke / Ulrich Weber (Hrsg.): Die unheilige Weltbibel: der Lübecker Reynke de Vos (1498 - 1998). Ausstellung der Abteilung für Niederdeutsche Sprache und Literatur der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in Zusammenarbeit mit der Bibliothek der Hansestadt Lübeck und der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Kiel: Abt. für Niederdt. Sprache und Literatur der Christian-Albrechts-Universität 1998
[Bearbeiten] Weblinks
- bestiary.ca Version der mittelalterlichen Sage (Englisch, PDF)
- http://www.linden.de/museum1.htm Reineke-Fuchs-Museum
- manituh2.tripod.com Über die Geschichte von Reineke Fuchs
- Reineke Vos. Nach der Lübecker Ausgabe vom Jahre 1498, hrsg. von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Breslau 1852
- Gesamtfassung des Werkes 'Reineke Fuchs' von J. W. von Goethe
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ zitiert nach: Helmut de Boor, S.738 (ungeprüft)
Kategorien: Epos | Fabel