Schiffsfriedhof von Nouadhibou
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Der Schiffsfriedhof von Nouadhibou ist der weltweit größte Schiffsfriedhof, der aus dem Verfall preisgegebenen – d. h. ursprünglich noch fahrtauglichen – Schiffen besteht. Der Schiffsfriedhof liegt östlich der Halbinsel Cap Blanc, auf der sich Nouadhibou (früher Port-Étienne), die zweitgrößte Stadt von Mauretanien (Westafrika), befindet. Die Schiffe sind dadurch gegen die Wellen und Strömungen des offenen Ozeans geschützt. Der Großteil der Wracks befindet sich in der Cansado-Bucht südöstlich von Nouadhibou, die übrigen Schiffe liegen in der Baie du Repos nordöstlich der Stadt und erstrecken sich knapp zwei Kilometer entlang der Küste. Mindestens bis zum Jahr 2004 lebten auf einigen der Schiffe noch Besatzungsmitglieder, die im Auftrag der Schiffseigentümer die wertvolle Ausrüstung, die sich noch auf den Schiffen befand, – meist Radar und Radio – bewachten.[1]
Die Behörden ließen jahrelang zu, dass Schiffe in den Buchten ausgemustert wurden und verfielen. Im Jahr 2004 zählte eine Expedition der Oxford University 104 Schiffe, die zumindest teilweise über die Wasseroberfläche herausragten, sowie 22 Schiffe unter der Wasseroberfläche.[1] Die bei weitem meisten Schiffe wurden etwa 1955 bis 1980 gebaut und wurden nach 1984 aufgegeben. Bis 1979 hatte Mauretanien keine eigene Fischereiflotte gehabt, sondern Lizenzen an ausländische Fischer vergeben.[2] Der Schiffsfriedhof wuchs dramatisch an, als die mauretanische Fischwirtschaft nationalisiert wurde und unerfahrene Fischer nicht rentable – unter anderem wegen Überfischung[3] – oder in schlechtem Zustand befindliche Schiffe kauften und später verfallen ließen. Die mauretanische Fischerflotte war trotz eines 1989 in Nouadhibou eröffneten Reparaturdienstes generell in schlechtem Zustand: 1992 waren nur etwa 50% der Schiffe einsatzbereit.[3] – Abgesehen von den Fischerschiffen liegen unter anderem auch einzelne Fahrzeuge der mauretanischen Marine auf dem Schiffsfriedhof vor Nouadhibou.[1]
1999 versuchte das Fischministerium von Mauretianien, die Wracks entfernen zu lassen: Das französische Unternehmen ETR sollte die Schiffe abwracken und für den symbolischen Preis von einem Franc pro Tonne zum Recycling nach Europa schicken. Als ETR mit seinem Gerät nach Nouadhibou kam, protestierten jedoch die Schiffseigentümer und verlangten Schadenersatz, woraufhin ETR – aus Sorge vor einem Rechtsstreit – den Vertrag kündigte.[4]
Da der Schiffsfriedhof von Nouadhibou ein Umweltrisiko (vor allem durch Ölverlust) darstellte und außerdem den Schiffsverkehr in den flachen Fahrtrinnen zum Hafen behinderte, stellte die Europäische Union zwei Millionen Euro für die Beseitigung der Wracks bereit (Stand 2004). Die Wracks sollten daraufhin zunächst in die Mitte der nahen Bucht Baie du Lévrier geschleppt werden, die tief genug ist, damit keine Probleme für die Schifffahrt entstehen, und in der außerdem die Schleppnetzfischerei verboten ist. Dort sollten die Wracks außerdem als neues Habitat (Lebensraum) die Fischpopulation vergrößern.[1]
Die Pläne wurden allerdings geändert, und mittlerweile werden von der EU-Kommission 26,2 Millionen Euro bereitgestellt, um eine "Verbesserung der Schiffbarkeit, Einhaltung der Sicherheitsnormen in der Bucht von Nouadhibou, Umweltschutz und Stärkung der Verwaltungskapazitäten" zu erreichen.[5] Dazu sollen 55 der Wracks an eine Lagerstelle weiter nördlich in der Bucht (Plage Nord, frz. etwa „Nordstrand“; zwischen der Pointe Rey im Osten und dem Port Artisanal im Westen) abgeschleppt bzw. werden.[6] Die 55 Wracks, deren Schadstoffe vor der Lagerung entsorgt werden sollen, befinden sich zum Teil unter der Wasseroberfläche und/oder sind nicht mehr schwimmfähig. Die Ausschreibung für das Projekt läuft noch bis zum 7. Mai 2007.[7]
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ a b c d Berny Sèbe, Paul Holland, Daniel Richelet (2005): Mauritania 2004. Bulletin of the OUEC, Vol. 1 (Überblick über die Expedition zum Schiffsfriedhof in Nouadhibou) (abgerufen am 4. März 2007)
- ↑ (Mauretanien:) Fishing auf www.country-studies.com (engl.; abgerufen am 4. März 2007)
- ↑ a b Mauritania. Fishing auf www.nationsencyclopedia.com (engl.; abgerufen am 4. März 2007)
- ↑ (2. April 1999) Mauritania seeks to scrap ships. American Metal Market (engl.; abgerufen am 4. März 2007)
- ↑ (23. August 2006) Kommission stellt 26 Mio. € für ein Projekt zur Bergung der Schiffswracks in der Bucht von Nouadhibou in Mauretanien bereit. IP/06/1119 (abgerufen 4. März 2007)
- ↑ Mauritanië: EDF - removal of 55 wrecks and abandoned ships in Nouadhibou bay (6.4.2006) auf www.evd.nl (Behörde des niederländischen Wirtschaftsministeriums) (engl.; abgerufen am 4. März 2007)
- ↑ (25.01.2007) Mauritanië: EDF - removal of 55 wrecks in Nouadhibou bay auf www.evd.nl (Behörde des niederländischen Wirtschaftsministeriums) (engl.; abgerufen am 4. März 2007)
[Bearbeiten] Weblinks
- Satellitenbild des Schiffsfriedhofs in der Bucht von Nouadhibou auf Wikimapia (Schiffe in der Bucht sowie entlang der Strände)
- Überblick über eine Expedition der Oxford University zum Schiffsfriedhof von Nouadhibou 2004 (pdf-Datei; engl.)
- Bilder der Bucht von Nouadhibou (Gute bildliche Darstellung, der nicht durch Belege gesicherte Text hingegen gibt die Tatsachen vermutlich falsch wieder.)
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