Schrei in der Stille
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Filmdaten | |
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Deutscher Titel: | Schrei in der Stille |
Originaltitel: | Reflecting Skin |
Produktionsland: | UK / Kanada |
Erscheinungsjahr: | 1990 |
Länge (PAL-DVD): | 95 Minuten |
Originalsprache: | Englisch |
Altersfreigabe: | FSK 16 |
Stab | |
Regie: | Philip Ridley |
Drehbuch: | Philip Ridley |
Produktion: | Dominic Anciano |
Musik: | Nick Bicat |
Kamera: | Dick Pope |
Schnitt: | Scott Thomas |
Besetzung | |
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Schrei in der Stille erzählt das ländliche Leben der 1950er-Jahre in Idaho, USA aus der Sicht eines neunjährigen Jungen. Nachdem sein Vater, der eine Tankstelle führt, ihm erzählt hat, dass es Vampire gibt, ist der Junge überzeugt, dass die Witwe im Nachbarhaus, ein Vampir ist. Als sein Bruder (Viggo Mortensen) aus dem Koreakrieg nach Hause kommt, versucht Seth (Jeremy Cooper) diesen, Cameron, davon abzuhalten, Dolphin Blue (Lindsay Duncan) zu sehen. Seth muss in seinem Leben zurechtkommen mit einer herrschsüchtigen, zänkischen Mutter (Sheila Moore), einem sehr schwachen, wenn auch sanften, Vater (Duncan Fraser), der einen Hang zum gleichen Geschlecht hat und den Wirren der Vorpubertät.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Inhalt
Der Film beginnt vorerst in idyllischer Umgebung. Seth Dove und seine beiden Freunde Eben (Codie Lucas Wilbee) und Kim (Evan Hall) wandern durch goldene Weizenfelder und bewundern einen soeben gefundenen großen Frosch. In ihrer kindlichen Unschuld nehmen die Jungen einen Strohhalm, um den Frosch aufzublasen, legen diesen auf den Rücken in die Mitte des Weges. Als sich Dolphin Blue, die Nachbarin der Familie Dove, nähert, schießen sie auf ihn mit einer Steinschleuder, Dolphin über und über dadurch mit seinem Blut bespritzend.
"Frösche explodieren lassen" nennen sie dieses Spiel, das sie nicht zum ersten Mal gespielt haben. Ihnen ist nicht bewusst, was sie eigentlich angestellt haben, wie sinnlos grausam sie das Tier behandelten.
Seth lebt mit seinen Eltern in einem kleinen Haus mit einer schäbigen Tankstelle davor. Seine Mutter ist eine äußerst neurotische Person, die sich ständig über den Mann und seinen Benzingeruch beschwert, ständig an diesem schwachen, ruhigen Menschen herummäkelt, obwohl doch sie selber ihn überhaupt erst dazu gebracht hatte, die Tankstelle zu eröffnen. Luke Dove selber wäre viel lieber Imker geworden. Als sich Dolphin Blue bei der Mutter über die Missetat mit dem Frosch beschwert, zwingt diese ihren Sohn eine Gallone Wasser zur Strafe zu trinken. Seth schickt sie dann zum Entschuldigen zur Nachbarin hinüber, die allerdings weniger verärgert über den toten Frosch war als darüber, dass das Kleid ruiniert hätte sein können. Die seltsame Frau erzählt ihm nun nicht nur von ihrer britischen Heimat, wo sie in ihrer Kindheit Katzen Knallkörper an den Schwanz gebunden hatte, sondern auch von ihrer kurzen Ehe und dem Selbstmord ihres Gatten durch Erhängen. Sie zeigt ihm auch ein Kistchen mit Erinnerungen an ihn, wie einen Zahn und auch Haare sowie ein Fläschchen, an dem sie begierig schnuppert - es sei sein Geruch. Als sie ihm, nach Schätzung ihres Alters auf 50 Jahre, auch noch "gesteht", sie sei in Wirklichkeit bereits 200, bestätigt dies nur seine Überzeugung, dass sie tatsächlich ein Vampir sei.
Ein schwarzer Cadillac fährt durch die idyllisch wirkende Gegend, mit vier Männern (Jason Wolfe, Dean Hass, Guy Buller, Jason Brownlow) darin, die bei der Tankstelle der Doves halten. Seth bedient sie, während sein Vater vorm Haus wieder in einem seiner geliebten Horror-Groschenromane liest. Die jungen Männer wirken vom Aussehen eher schmierig, haben aber ausgezeichnete Manieren. Der Fahrer beobachtet Seth im Rückspiegel bei der Arbeit, erfragt dann seinen Namen und meint, dass er ihn bald wieder sehen würde, nachdem er ihm auf eigenartige, um nicht zu sagen, pädophile Art und Weise, über das Gesicht gestreichelt hat.
Sehnsüchtig erwartet indessen Mutter Ruth Dove die Rückkehr des älteren Sohnes Cameron (Viggo Mortensen), der im Koreakrieg kämpft und sehnt seine Heimkehr mit beinahe inzestiös anmutender Besessenheit herbei.
In der Zwischenzeit wird Eben, einer der beiden Freunde Seths, im Hausbrunnen der Doves von Seth, als er für seinen Vater einen Becher Wasser holt, ermordet aufgefunden.
Sheriff Ticker (Robert Koons) schickt seinen Gehilfen (David Bloom) zu den Doves, die verhört werden. Als dieser Andeutungen hinsichtlich der Vergangenheit von Vater Dove macht, schickt die Mutter den Jungen Seth aufs Zimmer, dieser lauscht jedoch und hört mit, wie der Deputy darauf anspielt, ob sie damals so früh und schnell geheiratet hätten, damit Frau Dove seinen guten Ruf rettet. Vater Dove war erwischt worden, wie er in einer Scheune einen Jungen geküsst habe. Empört weist Ruth dies zurück, dieser sei schließlich kein Kind und 17 gewesen.
Der Vater ist verzweifelt, geht später nach draußen, trinkt erst Benzin, übergießt sich dann damit und zündet sich an - vor den Augen seines Sohnes, der nur ein entsetztes "Papa" von sich gibt und mit weit aufgerissenen Augen zusieht.
Aufgrund dieser Ereignisse kommt der erwachsene Sohn, Cameron vorzeitig nach Hause. Auf dem Friedhof treffen er und Seth erst auf den Sheriff, der den Jungen zur Seite nimmt und befragt, ob sein Vater irgendwann einmal pädophile Handlungen an ihm vorgenommen habe. Cameron trifft indessen auf Blue und spricht diese an.
Die beiden einsamen Menschen verlieben sich ineinander.
In der Zwischenzeit muss Seth aus einiger Entfernung mitansehen, wie die vier Männer im Cadillac seinen Freund Kim in ihr Auto zerren und mit ihm wegfahren. Kurz darauf wird Kim tot aufgefunden. Kims Mutter beschuldigt Seth, als dieser zu deren Haus kommt, mehr über den Mord zu wissen und zwingt ihn, immer wieder zu sagen, dass er sündig sei. Auch der anwesende Sheriff hat den Verdacht, dass der knapp Neunjährige mehr weiß, als er zugibt.
Seth hat Angst, dass Blue, mit der sein Bruder nun zusammen ist und gemeinsam mit ihr fortgehen will, seinen Bruder ermordet, da sie seiner Meinung nach ja ein Vampir ist. Ihn beunruhigt, dass sein Bruder anscheinend zu viele Haare verliert und auch einiges an Gewicht verloren hat, seit er heimgekommen ist (möglicherweise im Zusammenhang stehend mit den Atombombentests, denen er beiwohnen musste). Er verdrängt, dass sie mit dem Tod seiner Freunde nichts zu tun hat, nichts zu tun haben kann. Bei der Entführung von Kim war ja Cameron bei ihr im Haus, dies hatte Seth gesehen, als er sich ins Haus einschlich und war davon gelaufen. Im Innersten hofft er, dass sie das nächste Opfer sein würde. Und kurz darauf trifft er tatsächlich auf Dolphin, diesmal nicht in dunkler Kleidung, sondern ganz hell angezogen, am Wegrand stehend. Sie erzählt ihm, dass sie auf ein Auto warte und in die Stadt wolle. Der Cadillac kommt vorbei und die Männer bleiben vor den beiden stehen. Der Fahrer fragt Seth, ob er mitfahren wolle und dieser lehnte ab, ein anderes Mal, heute nicht. Die Nachbarin fragt die Männer, ob sie sie mitnehmen würden und steigt lächelnd ein.
Cameron und Seth sehen später vom Haus aus mehrere Leute aus dem Dorf und auch die Polizei stehen. Cameron läuft hin und Seth hinterher. Als Cameron Dolphin tot auf dem Boden liegen sieht, bricht er weinend über ihrem Leichnam zusammen.
Dem Jungen wird nun wohl erst bewusst, was er angestellt hat und seinem Bruder angetan und er läuft davon durch die Weizenfelder bis er schließlich stehen bleibt und sich seinen Schmerz und seine Verzweiflung von der Seele schreit. Und damit endet auch der Film.
Der englische Titel bezieht sich auf die Atombombenversuche, denen Cameron beigewohnt hat und eines der drei Fotos, die er immer bei sich in der Brieftasche mitträgt und eines Tages Seth zeigt (die anderen beiden Bilder stellen ein blondes, ihm unbekanntes Pinup dar bzw. ein Foto von ihm und Seth). Es ist darauf ein verstrahltes Baby mit silbern verfärbter Haut zu sehen, in dessen Gesicht man sich spiegeln kann und das eine morbide Anziehungskraft und Faszination auf Cameron ausübt.
[Bearbeiten] Auszeichnungen
- 1990 - Katalonisches internationales Filmfestival: Lindsay Duncan als beste Schauspielerin und Dick Papst für die Beste Kinematographie
- 1990 - Internationales Filmfestival von Locarno: Philipp Ridley erhielt den C.I.C.A.E. Preis, FIPRESCI-Preis, den Silbernen Leoparden und war für den Goldenen Leoparden nominiert
- 1990 - Stockholm International Film Festival: Philipp Ridley bekam den FIPRESCI Preis
[Bearbeiten] Kritiken
- Die Zeitschrift TV Spielfilm bezeichnet den Film als „surrealen Bilderbogen des Bösen.“
- Lt. Steve Davis vom Austin chronicle ist es ein Film mit atemberaubendem blauen Himmel und Van-Gogh-goldenen Weizenfeldern. Der Film erinnere an David Lynchs "Blue Velvet" oder an "Twin Peaks"
- Chris Hicks von den Desert News meint, dass eine Sache sicher sei, der Filmmacher Philip Ridley hätte zu viele David Lynch-Filme gesehen. Schrei in der Stille sei wie Twin Peaks vom Gesichtspunkt eines Kindes her betrachtet, vergleichbar auch die goldenen Weizenfelder mit einem Andrew-Wyeth-Gemälde.
- Michael W.Phillips, jr. schrieb in den Goaddog's Moves ebenfass, dass Philip Ridley anscheinend zu viele Lynch-Aufnahmen gesehen habe und er scheine eine Vorliebe für das Groteske und Makabere zu haben, einfache Leute mit außergewöhnlichen Situationen konfrontierend. Allerdings wäre der Unterschied zu Lynch, dass bei diesem das Benehmen der handelnden Charaktere weniger vorhersehbar sei. In Schrei in der Stille würde sich niemand wie ein normaler Mensch benehmen und der Zuschauer fühle sich wie in einer Freakshow. Von den Aufnahmen her sei der Film überwältigend.