Selbstkritik

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Selbstkritik bezeichnet eine Kritik die sich auf die eigene Person bzw. von ihr ausgeführte Handlungen oder Eigenschaften bezieht. Die Selbstkritik kann zu positiven genauso auch zu negativen Folgen zu den kritisierten Gegenständen, Personen oder Sachverhalten führen.

Überheblichkeit kann sich zum Beispiel in mangelnder Selbstkritik äußern, allerdings kann es auch zu mangelndem Selbstzutrauen bei Personen, die allzu häufig Kritik von außen erfahren haben, kommen.

Selbstkritische Menschen nehmen sich anders wahr, als ihre Umgebung sie wahrnimmt. Sie sehen viele Sachverhalte und ihre Folgen als schlimmer an, als sie tatsächlich sind. Dabei unterliegen sie teilweise typischen Wahrnehmungsfehlern und haben die Neigung sich selbst damit seelisch, psychisch und moralisch in ein Ungleichgewicht zu stürzen.

[Bearbeiten] Geschichte

Selbstkritik wurde von kommunistischen Bewegungen und Staaten als Instrument der internen Disziplinierung genutzt: Hatte sich jemand in einer Weise geäußert, die der herrschenden Ideologie bzw. den Ansichten der herrschenden Funktionäre zuwiderlief, so hatte er anschließend öffentlich „Selbstkritik“ zu üben und seine geäußerten Ansichten zu widerrufen. Die gerade für die kommunistischen Systeme kennzeichnende Menschenverachtung liegt hier darin, dass der Beschuldigte nicht nur - wie in demokratischen Systemen - öffentlichem, diskursivem Widerspruch ausgesetzt wurde, sondern vielmehr gezwungen wurde, eine Ansicht, die er kraft seines individuellen Verstandes entworfen hatte, selbst öffentlich als falsch darzustellen. Er wurde also zum bloßen Werkzeug einer Ideologie gemacht, da er jeden sozialen Geltungsanspruch verlor, sobald er sich zu ihr in Widerspruch setzte. Als Vorläufer dieser Vorgehensweise können insofern die Inquisitionsprozesse im Mittelalter gesehen werden. Eine Extremform von Selbstkritik wurde in den Schauprozessen der stalinistischen Sowjetunion praktiziert: Die politisch missliebigen Angeklagten mussten durch Folter erzwungene Geständnisse öffentlich vortragen bzw. bestätigen. Auf diese Weise wurden auch interne Krisen des kommunistischen Systems als Werk von „Verrätern“ und Agenten befeindeter, kapitalistischer Mächte dargestellt, was dem eigentlichen Zweck von Selbstkritik – Krisenbewältigung durch Einsicht der eigenen Fehlbarkeit – genau zuwiderläuft.

Der christliche, viel allgemeiner angelegte Begriff für Selbstkritik ist Demut. Das meint nicht die Demut gegenüber anderen, „höherrangigen“ Menschen, sondern ausschließlich die Demut gegenüber Gott als Erkenntnis der eigenen, menschlichen Unvollkommenheit. Selbst Papst Benedikt XVI. bekannte sich – noch als Vorsitzender der Glaubenskongregation – zu seiner menschlichen Unvollkommenheit: „Jeder einzelne muß ständig seine Fehlbarkeit vor Augen haben. ... Ich muß sagen, daß ich in den Jahrzehnten meiner Lehrtätigkeit als Professor die Krise des Wahrheitsanspruches bei mir selbst sehr stark empfunden habe. Meine Befürchtung war, daß es eigentlich Anmaßung ist, wie wir mit dem Begriff der Wahrheit des Christentums umgehen ...“ (Benedikt XVI., Gott und die Welt, München 2000, 2005, S. 280-282.)