Sozialgericht
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Das Sozialgericht (SG) ist das Gericht erster Instanz innerhalb der deutschen Sozialgerichtsbarkeit. Seine Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind nach § 51 SGG funktionell zuständig für Entscheidungen in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten
- in Angelegenheiten der Sozialversicherung in ihren verschiedenen Zweigen (Renten-, Kranken-, Unfall- und Pflegeversicherung) sowie der privaten Pflegeversicherung und der Arbeitsförderung einschließlich der sonstigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
- in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II),
- in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts (Ausnahme: Kriegsopferfürsorge)
- seit dem 1. Januar 2005 in Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsrechts,
- bei der Feststellung von Behinderungen und bei anderen Feststellungen nach § 69 SGB IX,
- die aufgrund des Lohnfortzahlungsgesetzes entstehen und
- für die durch Gesetz der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit besonders eröffnet worden ist (z. B. § 73 Abs.2 SGB XI: Klage gegen die Ablehnung eines Versorgungsvertrages – d. i. die Zulassung einer Pflegeeinrichtung oder eines Pflegedienstes zur Versorgung – durch die Landesverbände der Pflegekassen).
Eine Ausnahme besteht für das Land Bremen. Dort wird befristet bis zum 31. Dezember 2008 in Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes sowie der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Sozialgerichtsbarkeit durch besondere Spruchkörper des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts ausgeübt. Die übrigen Bundesländer (auch nicht Niedersachsen, das mit Bremen ein gemeinsames Landessozialgericht unterhält) haben von dieser Option des § 50a SGG keinen Gebrauch gemacht.
Darüber hinaus sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit funktionell zuständig für Entscheidungen in privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Kranken-, der sozialen und der privaten Pflegeversicherung.
Sachlich zuständig ist das Sozialgericht für Entscheidungen aller Streitigkeiten im ersten Rechtszug (in erster Instanz), für die die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit funktionell zuständig sind (§ 8 SGG).
Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort oder Beschäftigungsort der Klägerin oder des Klägers. Klagt eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts oder ein Unternehmen der privaten Pflegeversicherung oder hat eine Klägerin oder ein Kläger ihren oder seinen Wohnsitz im Ausland und keinen Beschäftigungsort im Inland (denkbar etwa bei Rentnerinnen und Rentnern), ist abweichend von der allgemeinen Regel für die örtliche Zuständigkeit der Sitz der oder des Beklagten ausschlaggebend (§ 57 SGG).
Die Spruchkörper des Sozialgerichts (Kammern) sind regelmäßig mit einer Berufsrichterin oder einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richterinnen oder Richtern besetzt (§ 12 SGG). Nach dem Sozialgerichtsgesetz sind jeweils besondere Kammern für die Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitsförderung, für das Recht der schwerbehinderten Menschen, das soziale Entschädigungsrecht (Kriegsopferversorgung, Soldatenversorgung, Opferentschädigung u. ä.), Kassenarztrecht (Streitigkeiten zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten und Vertragszahnärzten sowie deren Vereinigungen) zu bilden (§ 10 SGG). Die oder der vorsitzende Berufsrichter kann einfach gelagerte Fälle im schriftlichen Verfahren durch Gerichtsbescheid allein entscheiden, der in seiner Wirkung einem Urteil gleichsteht (§ 105 SGG)
Die Verfahrensvorschriften ähneln im Übrigen sehr stark denen der Verwaltungsgerichtsordnung, sind aber allgemein gesprochen etwas klägerfreundlicher ausgestaltet.
So gilt der Amtsermittlungsgrundsatz (kein Beibringungsgrundsatz wie im Zivilprozess). Es besteht kein Vertretungszwang. Das Verfahren ist für Versicherte, Sozialleistungsempfängerinnen und -empfänger sowie für behinderte Menschen und solche, die im Fall des Obsiegen als solche anzusehen wären, gerichtskostenfrei (§§183 S.1, 2 iVm. S.3 SGG).
An Unterschieden zum Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist die der Klägerin oder dem Kläger gegebene Möglichkeit hervorzuheben, sich – allerdings gegebenenfalls nach Bestimmung der oder des Vorsitzenden auf eigene Kosten – von einer Ärztin oder einem Arzt ihrer oder seiner Wahl begutachten zu lassen (§ 109 SGG). Außerdem können – und werden in der Praxis – verschiedene Klagearten kombiniert werden (§ 54 SGG).
Weiter bestehen kleinere Unterschiede in der Verfahrensbeendigung.
Anders als die Verwaltungsgerichte fällen die Sozialgerichte in der Regel sogenannte Stuhlurteile, das Urteil wird also unmittelbar in der Sitzung verkündet.
Außderdem werden die meisten Leistungsurteile, d.h. Urteile die die Behörden zur Leistung verpflichten, nur dem Grunde nach gefällt (§ 130 I S.1 SGG). Damit ist gemeint, dass die Höhe der Leistung nicht vom Gericht errechnet wird, sondern von dem jeweiligen Leistungsträger.
Gegen Urteile des Sozialgerichts findet regelmäßig die Berufung zum Landessozialgericht statt. Eine Ausnahme besteht für Urteile mit nur geringem Streitwert (Geldleistung bis zu 500 Euro). In bestimmten Fällen ist die Sprungrevision zum Bundessozialgericht möglich.
Die Arbeitsbelastung der Sozialgerichte ist durch die Einführung des Arbeitslosengeldes II ("Hartz IV") zum 1. Januar 2005 erheblich angestiegen. Dies hat bundesweit mit Ausnahme von Bremen zu einer erheblichen personellen Verstärkung der Sozialgerichte geführt.
Berufungs- und Beschwerdeinstanz des Sozialgerichts ist regelmäßig das Landessozialgericht. Revisionsgericht ist das Bundessozialgericht mit Sitz in Kassel.
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