Soziologische Grundbegriffe
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Der Begriff Soziologische Grundbegriffe wurde zuerst von Max Weber (1913, 1922) in die Wissenschaft eingeführt. Weber bezog sich damals auf die im entstehen begriffene Soziologie, die unter anderem von Georg Simmel, Ferdinand Tönnies („Grundbegriffe der reinen Soziologie“) und Emile Durkheim geprägt war. Weber ging es primär um Begriffsdefinitionen einer empirisch arbeitenden Soziologie. Bis heute gilt Weber als Wegbereiter der Soziologie, deren Sozialwissenschaften und ihrer Begriffsbildung. Weber hat des weiteren auf die wechselseitige Verbindung von Politologie, Kultur-, Wirtschafts-, und Religionswissenschaften verwiesen. Er definierte, was „Handeln“, „Soziales Handeln“ und „Sinn“ meint. In siebzehn Paragrafen („Wirtschaft und Gesellschaft“) werden weiteren soziologische Begriffe definiert.
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[Bearbeiten] Anlass und Ziel der Soziologischen Begriffsbildung
Weber ging es darum, einheitliche Begriffe für den Soziologen zu entwickeln, damit in „korrekter pedantischer Ausdrucksweise“ formuliert wird, „was jede empirische Soziologie tatsächlich meint, wenn sie von den gleichen Dingen spricht“. Damit ist der Anlass und das Ziel bestimmt: die bisherige unterschiedliche soziologische Terminologie der damaligen Zeit sollte für empirische Untersuchungen aufbereitet werden. In „Wirtschaft und Gesellschaft“ (1922) werden wesentliche soziologische Begriffe definiert: „Handeln“, „Soziales Handeln“, „Sinn“, „Arten des Handelns“ („zweckrational“, „wertrational“, „affektuell“, „traditional“),. Zunächst sind es einfache Begriffe, die Weber definiert. Im Laufe des Kapitels werden dann komplexe Begriffe eingeführt („Macht“, „Herrschaft“, „Politischer Verband“, „Hierokratischer Verband“). Hier verwischt sich dann die definitorische Begriffsbildung mit der Beschreibung und Analyse (siehe auch Webers „Idealtypus“). War der Anspruch bei Weber zunächst der einer Nominaldefinition (Festlegung eines Begriffes durch Aufzählung der Prädikate) ging Weber dann über zur aristotelischen Wesensdefinition (nächsthöhere Gattung (genus proximum) plus spezifische Differenz (differentia specifica)), welche dann umfangreich ausfällt.
[Bearbeiten] Weiterentwicklung der Soziologischen Grundbegriffe
Weber hatte insbesondere mit seinen „Soziologischen Grundbegriffen“ großen Einfluss auf die amerikanische Soziologie um Robert Merton und Talcott Parsons. Insbesondere Parsons ging es in seiner „strukturfunktionalen Systemtheorie“ ( siehe Strukturfunktionalismus) um einen Begriffsapparat, den er unter anderem bei Weber vorfand. Parsons bettet dass „soziale Handeln“ (Max Weber) ein in ein System und fragte, was muss ein System leisten, um überleben zu können. Antwort: jedes Soziale System muss vier Funktionen erfüllen (A-G-I-L): Anpassung an die Umwelt (A-Adaption), Fähigkeit Ziele zu definieren (G-Goal Attainment), Integration ihrer Individuen (I-Integration) und Erhaltung der Strukturen (L-Latent Pattern Maintenance). Damit sind die wichtigsten s.G. bei Parson fixiert.
[Bearbeiten] Grundbegriffe als Axiome
Bei Weber waren die s.G. lediglich eine Ansammlung von als nützlich für die empirische Forschung angesehenen Definitionen: damit jeder weiß, was gemeint ist. Parsons ging einen Schritt weiter und baute seine s.G. in ein System ein. Sehr viel anspruchsvoller ist die Aufgabe die s.G. als Axiome einzuführen. Bedingungen, die grundsätzlich innerhalb eines gewissen Systems gelten, nennt man Axiome. Axiome sollen nach allgemeiner Ansicht vier Ansprüchen genügen: (1) widerspruchsfrei, (2) unabhängig, (3) erschöpfend und (4) evident. Unabhängig (2) sind die s.G. bei Weber sicherlich nicht; die Frage nach der Vollständigkeit (3) wird von Weber erst gar nicht gestellt; die Widerspruchsfreiheit (1) bei Weber muss erst noch geprüft werden – lediglich auf die Evidenz (4) kann sich Weber berufen. Rene König wies bereits in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts auf die Notwendigkeit hin, die s.G. weiter auf die Axiomatisierung hin fortzuentwickeln. Ihm ging es um eine Kategorienlehre oder Axiomatik als Analytik der apriorischen Strukturen des Denkens. König bezieht sich ausdrücklich auf Immanuel Kant (siehe Kant, KrV). Schon Tönnies („’reine’ Soziologie“) und noch mehr Weber waren von Kant beeinflusst. S.G. sind für König „Interaktion“ ( = “Soziales Handeln“), „Rolle“, „Position“, „Situation“, „Orientierung“ „usf.“. Vorbild sind hier einerseits die von Peano in der Mathematik für die natürlichen Zahlen gebildeten Axiome und die von David Hilbert formulierten Axiome für die Geometrie (u.a. Wigand Siebel).
Zuletzt wurde von Renate Mayntz (2006) darüber nachgedacht, ob der freie Wille als Axiom für soziologische Analysen taugt: nicht der freie Wille lässt Menschen sozial Handeln sondern in der Befolgung von Regeln handelt der Mensch sozial.
[Bearbeiten] Soziologische Grundbegriffe heute
Bernhard Schäfers/Johannes Kopp (2006) knüpfen dagegen eher an die Vorstellungen von Max Weber an. Ihnen geht es genau so wie Weber um eine „begriffliche und theoretische Grundlegung der Soziologie“ für „Orientierung und Einführung“ in die Soziologie. Damit ist die Vorstellung zunächst aufgegeben, „Grundbegriffe“ als terminologische nicht weiter analysierbare Begriffe axiomatisch einzuführen und sie an den Anfang von Theorien/Systemen zu stellen. Schäfers/Kopp tragen damit – wie andere Soziologen – der Tatsache Rechnung, dass „keine einheitliche Lehrmeinung“ in der Soziologie zur Zeit vorhanden ist.
[Bearbeiten] Literatur:
- Weber, Max, Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie, Erschienen in: Logos, Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur 4 (1913). S.253-294 („Logos IV“)
- Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft, 1922, 1925, Erster Teil, Kapital I. „Soziologische Grundbegriffe“
- Weber, Max, Schriften zur Soziologie, Reclam, Einleitung von Michael Sukale, 1995, 2005
- Parson, Talcott, The Social System, 1951
- Mayntz, Renate, Einladung zum Schattenboxen. Die Soziologie und die moderne Biologie, MPIfG Discussion Paper 06/7
- Schäfers, Bernhard und Johannes Kopp, Grundbegriffe der Soziologie, Stuttgart 2006
- König, René (Hrsg.): Soziologie, Frankfurt a.M., 1958ff
- Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, Hrsg.: Jürgen Mittelstraß, Stuttgart 1995, 2004 (insbesondere die Artikel „Axiom“ und „Begriff, einfacher“).