SS-23 Spider
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Die SS-23 Spider ist eine taktische ballistische Boden-Boden-Rakete aus russischer Produktion und gehört zur Klasse der Kurzstreckenraketen (SRBM). Der GRAU-Index lautet OTR-23 Oka. Der Systemindex der russischen Streitkräfte lautet R-400 Oka, die Lenkwaffe trägt die Bezeichnung 9M714.
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[Bearbeiten] Entwicklung
Die SS-23 wurde als Nachfolgemodell der SS-1C Scud-B konzipiert. Im Jahre 1971 begann man im Konstruktionsbüro Kolomna KBM in Udmurt mit der Systementwicklung. Die SS-23 wurde im Jahr 1980 bei den russischen Streitkräften eingeführt. In den darauf folgenden Jahren wurden 127 Start- und Transportfahrzeuge, sowie 239 Lenkwaffen hergestellt.
Eine Weiterentwicklung der SS-23 is das System SS-26 Stone / Iskander.
[Bearbeiten] Varianten
Im Herstellerwerk Kolomna KBM wurden drei Lenkwaffentypen produziert:
- Die Standardversion 9M714V mit dem AA-75 (9N63) Nuklearsprengkopf. Die Reichweite liegt bei 480 km.
- Die Version 9M714F mit einem 450 kg schweren konventionellen Splittergefechtskopf. Die Reichweite liegt bei rund 450 km.
- Die Version 9M714K mit einem 715 kg schweren Gefechtskopf für Bomblets (Submunition). Die Reichweite liegt bei rund 300 km.
Der AA-75 Nuklearsprengkopf besitzt eine selektierbare Sprengleistung von 10-50 kT.
[Bearbeiten] Technik
Das System ist auf dem geländegängigen BAZ-6950 Osnova LKW untergebracht. Der Systemindex der russischen Streitkräfte für dieses Fahrzeug lautet 9P71. Das System ist hochmobil und schnell verlegbar. Es wird eine minimale Reaktionszeit aus voller Fahrt, bis zum Raketenverschuss von unter 6 Minuten erreicht. Jedes Fahrzeug ist mit einer 9M714 Rakete bestückt.
Die SS-23 wird von einen hochenergetischen Feststofftreibsatz angetrieben, welcher die Rakete auf eine Marschgeschwindigkeit von Mach 8,6 beschleunigt. Die Steuerung der SS-23 erfolgt mittels einer Inertialen Trägheitsnavigationsplattform. Es wird eine Präzision (CEP) von 50-150 m erreicht. Optional kann zusätzlich ein Radar Endphasen-Lenksystem zum Einsatz kommen. Dieses enthält ein digital arbeitendes Radarsystem in der Lenkwaffenspitze. Diese Radarsystem steuert die Rakete im Zielendanflug selbstständig auf einen Punkt zu, welcher vorgängig auf einer digitalen Radar-Satellitenkarte markiert wurde. Mit diesem Zusatzsystem wird eine Präzision (CEP) von 30-50 m erreicht.
Der Bomblet-Gefechtskopf der 9M714K öffnet sich in einer Höhe von 3000 m. Die Bomblets gehen in einem kreissförmigen Gebiet von 80.000 - 100.000 m² nieder.
Die SS-23 verfügt über eine ganze Reihe von Systemen zur Überwindung von gegnerischen Abwehrmaßnahmen. Als erstes verfügt die Rakete über eine flache semi-ballistische Flugbahn. Bei der maximalen Schussdistanz der SS-23 (rund 480 km) beträgt das Apogäum lediglich 120 km. Eine solch flache Flugbahn erschwert die Zielerfassung durch Überwachungsradars. Während der Schlussphase des Zielanfluges (Wiedereintrittes) führt die Rakete nach dem Zufallsprinzip mehrere abrupte Ausweichmanöver mit einer Belastung von 25 g durch. Auch befindet sich an Bord ein rund 30 kg schwerer Störsender, welcher auf das Feuerleitradar der MIM-104 Patriot abgestimmt ist.
[Bearbeiten] Einsatz
Während den 80er Jahren war die SS-23 in der Sowjetunion im Einsatz. Die Systeme waren auf dem Gebiet der heutigen Ukraine und Weißrussland stationiert. Daneben beschafften sich die Tschechoslowakei und Bulgarien eine Anzahl Systeme. Die NVA der DDR führte 1985 vier Startrampen des Systems SS-23 ein.[1][2]
Im Zuge des INF-Abrüstungsabkommen (Intermediate-Range Nuclear Forces) wurde die SS-23 ab dem Jahre 1991 ausgemustert und verschrottet. Einzig Bulgarien verfügt noch über eine kleine Anzahl SS-23. Sämtliche Systeme sind jedoch eingelagert und warten auf die Verschrottung.
[Bearbeiten] Technische Daten der SS-23 Spider
System | OTR-23 Oka |
---|---|
Lenkwaffe | 9M714V |
NATO-Code | SS-23 Spider |
Einführungsjahr | 1980 |
Antrieb | 1 Stufe Feststoff |
Länge | 7,53 m |
Rumpfdurchmesser | 914 mm |
Gewicht | 4.690 kg |
Sprengkopf | Nuklear 10-50 kT |
Einsatzreichweite | 480 km |
Treffergenauigkeit (CEP) | 30-150 m |
[Bearbeiten] Verweise
[Bearbeiten] Literatur
- JANE'S STRATEGIC WEAPON SYSTEMS Edition 2003 Jane's Verlag
- Landgestützte sowjetische/russische ballistische Lenkwaffen von A. Ochsenbein, DTIG - Defense Threat Informations Group, Juli 2005
- Bolt From the Blue - Russian land-based precision-strike missiles von Michal Fiszer und Jerzy Gruszczynski, März 2003
[Bearbeiten] Weblinks
- Globalsecurity.org
- www.dtig.org Übersicht ballistischer Lenkwaffen aus russischer Produktion (deutsch)
- Missilethreat.com
- Aeronautics.ru
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Sigurd Hess, NVA übte Atomwaffeneinsätze noch 1990, in: Marineforum 7/8-1999 S.3f
- ↑ Harald Nielsen, Die DDR und die Kernwaffen, Die nukleare Rolle der Nationalen Volksarmee im Warschauer Pakt, Nuclear History Program, Internationale Politik und Sicherheit Band 30/6, hrsg. von der Stiftung Wissenschaft und Politik Ebenhausen, Baden-Baden 1998