Tassilokelch
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Als Tassilokelch bezeichnet man einen im Stift Kremsmünster aufbewahrten Kelch, der um 780 von dem bayrischen Herzog Tassilo und seiner Gemahlin Luitpirga gestiftet wurde, möglicherweise anlässlich der Gründung Kremsmünsters 777.
Die genaue Entstehungsgeschichte ist unklar. Da die Inschrift am Fuß die Hochzeit Tassilos voraussetzt, kommt nur eine Entstehung nach 768/69 in Frage. Als Entstehungsort wird eine Salzburger Werkstätte vermutet, es sind aber auch der bairische oder der oberitalienische Raum nicht völlig auszuschließen. Die im insularen Stil kontinentaler Prägung ausgearbeiteten Flechtband- und Tierornamente führten früher zur Vermutung, dass der Kelch vielleicht sogar in England hergestellt worden sein könnte.
Der Tassilokelch ist ca. 25,5 cm hoch, 3,05 kg schwer, fasst ca. 1,75 Liter und besteht aus Kupfer, wobei Kuppa und Knauf je einzeln gefertigt sind. Auf den teilweise vergoldeten Kelch sind Silbermedaillons aufgelötet, wobei die fünf großen Brustbilder an der Kuppa Christus mit den Initialen IS (Jesus Salvator) umgeben von den vier Evangelisten, die kleineren am Fuß die heilige Maria und Johannes den Täufer und nach einer unsicheren Interpretation die Langobardenkönigin Theodolinde (eine Verwandte Tassilos) und den heiligen Theoto zeigen. Der Kelch ist darüber hinaus mit Ornamenten in verschiedenen Stilrichtungen und Techniken verziert, so Tierornamenten in insularem Stil kontinentaler Prägung, Pflanzenornamenten und geometrischen Motiven. Aufgrund der Größe und reichen Verzierung des Kelchs handelt es sich wohl um einen sogenannten Spendekelch (calix ministerialis) der bei besonders festlichen Gottesdiensten benutzt wurde, um den Gläubigen die Kommunion zu reichen.
Die Inschrift am Fuß lautet: "TASSILO DVX FORTIS + LIVTPIRC VIRGA REGALIS". (Tassilo mutiger Herzog + Liutpirg, Jungfrau königlichen Geblüts)
[Bearbeiten] Literatur
Standardwerk:
- G. Haseloff, Der Tassilokelch. Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 1. München 1951.
weiterführend:
- G. Haseloff, Zum Stand der Forschung zum Tassilokelch. In: Jung, H. (Hrsg), Baiernzeit in Oberösterreich. Von Severin zu Tassilo. Linz 1977.
- V. Bierbrauer, Liturgische Gerätschaften aus Baiern und seinen Nachbarregionen in Spätantike und frühem Mittelalter. In: Dannheimer, H. (Hrsg.): Die Bajuwaren. Von Severin bis Tassilo 488-788. München 1988.