Thema (byzantinische Verwaltung)
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Das Thema (θέμα) ist die Nachfolgeeinrichtung der Provincia im byzantinischen Reich. Die wahrscheinliche Bedeutung ist „Zuweisungs-“ bzw. „Aufstellungsraum“. Eine Vorstufe der Themen ist das Exarchat. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes war schlicht „Armee“, die Truppen des magister militum des spätrömischen Heeres.
[Bearbeiten] Allgemeines
Unter Druck der arabischen Invasion (Islamische Expansion) entstanden diese Militärdistrikte um die Mitte des 7. Jahrhunderts zuerst in Kleinasien (Armeniakon, Thrakesikon, Opsikion, Anatolikon). Die byzantinischen Gebietsverluste hatten eine Verwaltungsreform nötig gemacht, die der veränderten Realität Rechnung trug. Die zivilen eparchiai überlebten allerdings parallel bis mindestens in das 8. Jh. Später wurde die Themenverwaltung auch auf die von Slawen und Bulgaren bedrohten byzantinischen Gebiete in Europa und die zurückeroberten Gebiete im Osten übertragen.
Die Datierung und die Modalitäten der Einführung der Themenverfassung sind in der modernen Forschung umstritten. Sie galten lange als Reform des Kaiser Herakleios (Diehl 1905). Nach Georg Ostrogorsky (1953) schuf sie Herakleios im Umfeld der Perserkriege, indem er den Truppen Land zuwies und Militärprovinzen einrichtete, in denen bevorzugt die Rekrutierung stattfand. Seiner Deutung schlossen sich Franz Dölger, Wilhelm Enßlin, John Leland Teall und Charles Diehl an.
Andere gingen von einer allmählichen Entstehung im 6. oder 7. Jahrhundert aus dem spätrömischen Bewegungsheer und den limitanei aus. Paul Lemerle (1958) lehnte jede Verbindung zwischen dem Militärland und den Themen ab.
Mittlerweile hat sich weitgehend die Position durchgesetzt, dass die Themen nicht von Herakleios, sondern erst von seinem Enkel Konstans II. eingerichtet wurden. Viele Historiker gehen davon aus, dass die ersten Themen durch die Neugruppierung der alten oströmischen Grenztruppenverbände im Inneren Kleinasiens entstanden: Die Truppen, die bis zum Angriff der Araber unter dem magister militum per Orientem in Syrien und Mesopotamien gedient hatten, zogen sich in das Thema Anatolikon (gr. anatolé = lat. Oriens) zurück, während die Soldaten des magister militum per Armeniam das Thema Armeniakon verteidigten. Gleiches gilt – folgt man dieser Hypothese – auch für die Truppen, die bislang dem magister militum per Thracias unterstanden hatten (Thema Thrakesion), sowie für die dem magister militum praesentalis unterstehenden Einheiten der Garde (obsequium), die das Thema Opsikion verteidigen sollten. Zugleich verschwand das Amt des magister militum. Trifft diese Theorie zu, so war die Entstehung der Themenordnung die Folge des Zusammenbruchs der spätrömischen Grenzverteidigung und des Rückzugs dieser Armeen nach Kleinasien. Martha Gregoriou-Iannidou und Warren Treadgold haben dieser Revision der Datierung jedoch entschieden widersprochen.
Obwohl die Militärverwaltung zuerst von der Zivilverwaltung strikt getrennt war, wie es bereits in der Spätantike üblich gewesen war, übernahmen die Militärgouverneure um 840 auch diese Funktion, nun unterstützt von untergeordneten protonotarioi, deren Bedeutung im Laufe des 9. Jh jedoch mehr und mehr zunahm. Selbst jetzt scheint aber, wie das Kleterologion des Philotheos anzeigt (899), eine parallele Zivilverwaltung bestanden zu haben, wenn auch unter der Kontrolle des entsprechenden strategos (στρατηγός) stand.
In der Spätzeit zerfielen die großen Themata in kleinere Einheiten (besonders im Zusammenhang mit der byzantinischen Expansion ab der Mitte des 9. Jahrhunderts). Im 11. Jahrhundert brach die Themenordnung, in der auch die Ansiedlung von Soldatenbauern an der Grenze eingebunden war, aufgrund der wirtschaftlichen und militärischen Katastrophen des byzantinischen Reiches zusammen. Die Zahl der Themen schwankte zwischen vier (zur Zeit ihrer Entstehung) und ca. fünfzig (während der byzantinischen Expansion Ende des 10. und zu Beginn des 11. Jahrhunderts).
[Bearbeiten] Organisation
Die Verwaltung der Themen unterstand dem Militär, der Gouverneur eines Themas war gleichzeitig der Oberkommandierende der Armee. Er hieß gewöhnlich Strategós, der des Opsikion Komes (sehr frei: „Graf“), der von Anatolien und Armenien Patrikios. Ab Johannes I. Tzimiskes wurden die Kommandeure der Tagmata und der Grenz-Themen „Grafen“ genannt. Afrika und Italien waren Exarchien, Zypern, Kreta und Thessaloniki Archontate.
Die Neuorganisation gab den Strategen relativ viel Macht, ab 668 sind demnach auch Rebellionen von Strategen belegt. Daher wurden die Themen unter den folgenden Herrschern verkleinert, Konstantin V. richtete aus Teilen der Truppen des Opsikion die Tagmata ein, eine Art kaiserliche Haustruppe, die allerdings auch Militärgüter bewirtschaftete.
Die Soldaten, auch die fremden Söldner, erhielten innerhalb der Themen Land zugewiesen, damit konnte ihr Sold deutlich verringert werden. Die Zahl der Beamten konnte nun von 2.500 auf 500 verringert werden. Die Soldaten mussten die Kosten für Uniformen, Ausrüstung, Pferde und Fourage aus dem Erlös ihrer Landwirtschaft bestreiten. Ab 659 sind Bleiplomben kaiserlicher Lagerhäuser bekannt, in denen die Militärausrüstung verkauft bzw. verteilt wurde. Sie wurden von dem Militärlogotheten verwaltet. Der Verkauf selbst oblag den kommerkiarioi, die ab dem 7. Jh zahlreich durch Siegel belegt sind.
Die Themen waren in 2–18 Drungi unterteilt, die aus jeweils 1.000 Soldatengütern bestanden. Sie unterstanden einem Drungarchen. Mehrere Drungi bildeten ein Turma unter einem Turmarchen.
Ob die Landzuweisungen an die Soldaten bereits unter Herakleios oder später erfolgten, ist in der Forschung noch immer umstritten. Das Land stammte wahrscheinlich von den großen kaiserlichen Gütern, auch brachliegendes Land auf den großen Familiengütern – die spätantike Senatsaristokratie war seit etwa 600 in eine schwere Krise geraten – wurde vielleicht genutzt. Früher wurde mitunter vermutet, Herakleios (bzw. seine Nachfolger) habe sich bei der Neuorganisation vielleicht an der persischen Heeresreform von Chosrau I. orientiert, doch bleibt dies letztlich Spekulation. Bereits Kaiser Maurikios hatte die Exarchen der Prätorianerpräfektur unterstellt und damit militärische und zivile Verwaltung vermischt.
W. Treadgold schätzt die Stärke der Themen-Armeen für 780 auf 62.000 Mann, die der Tagmata auf 18.000. Neue Themen im Osten wurden unter Leo IV. und Romanos I. eingerichtet.
Nachdem die arabischen Angriffe auf Kleinasien zurückgingen, wurden in vielen Themen die Kampfeinsätze selten, die Soldaten wurden allmählich zu Bauern. Teilweise mussten die Soldaten Gelder abführen, insgesamt erhielten sie aber Zahlungen, ohne dafür viel zu leisten. Konstantin IX. begann Themen aufzulösen, die Überführung von Teilen des armenischen Themas 1053 gegen jährliche Steuer-Zahlungen (ca. 50.000 Mann) in den Zivilstand führte allerdings dazu, dass große Teile der Provinz von den Seldschuken überrannt wurden. Nach der Schlacht von Manzikert (1071) begann sich die Themen-Organisation aufzulösen, ab ca. 1100 scheint sie verschwunden zu sein. Spätere Kaiser setzten vor allem Söldnertruppen ein.
Name | Lage | erste Erwähnung | entstanden aus | |
---|---|---|---|---|
Anatolikon, Ανατολικόν | Zentrales Anatolien | 669 | ehemalige Armee des Heermeisters des Ostens | |
Opsikion, Οψίκιον | nördliche Ägäis und Küste des Marmarameeres | 688 | kaiserliche Gardetruppen | |
Paphlagonia | abgeteilt von Opsikion | |||
Kappadokia | abgeteilt von Anatolikon | |||
Bukellarioi | nordwestliches Anatolien und Schwarzmeerküste | abgeteilt von Opsikion | ||
Thrakesion, Θρακήσιον | westliches Anatolien und ägäische Küste zwischen Pergamon und Milet | 711-741 | wohl ehemalige Truppen des thrakischen Heermeisters | |
Thrakisches Thema | Thrakien, Vorfeld von Konstantinopel | |||
Karabisianisches (Καραβησιάνων) oder Kibyrrhaeotisches Thema (Flotte) | Ägäische Küste zwischen Milet und Seleukia | 687 | Quaestura exercitus | |
Sizilien | Sizilien und Kalabrien | |||
Hellas | Peloponnes | |||
Armeniakion, Αρμενιακόν | östliche Schwarzmeerküste und Anatolien bis Kayseri | 667/668 | Armee des ehemaligen Heermeisters von Armenien | |
Optimation | östlich des Bosporus | abgeteilt von Opsikion | ||
Charsianon | Zentralanatolien um Kayseri | abgeteilt von Armeniakon | ||
Koloneia | Schwarzmeerküste zwischen Sinope und Sebasteia | abgeteilt von Armeniakon | ||
Chaldia | östliche Schwarzmeerküste um Trabzon | 820 | abgeteilt von Armeniakon | |
Dalmatia | östliche Adriaküste | 869 | ||
Nikopolis | Epirus | |||
Lykandos | ||||
Mesopotamia | ||||
Sebasteia | ||||
Leontokome | ||||
Charpezikion | ||||
Chosanon | ||||
Exarchat Ravenna | 578-602 | |||
Exarchat Karthago | 578-602 |
[Bearbeiten] Literatur
- E. W. Brooks: Arabic Lists of the Byzantine Themes. In: Journal of Hellenic Studies 21, 1901, S. 67-77 (online mit Karte).
- John Haldon: Military Service, Military Lands, and the Status of Soldiers: Current Problems and Interpretations. In: Dumbarton Oaks Papers 47, 1993, S. 1–67.
- John Haldon: Byzantium in the Seventh Century. The Transformation of a Culture 2. Auflage, Cambridge 1997.
- Johannes Koder: Thema. In: Lexikon des Mittelalters. Band 8, Spalte 615 f.
- Ralph-Johannes Lilie: Die zweihundertjährige Reform. Zu den Anfängen der Themenorganisation im 7. und 8. Jahrhundert. In: Byzantinoslavica 45, 1984, S. 27-39 und 190-201.
- Warren Treadgold: A concise history of Byzantium. Basingstoke 2001 (bzgl. der Datierung der Themenverfassung problematisch).
- Warren Treadgold: Byzantium and its army. Stanford University Press, Stanford 1995.