Tragfläche
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Die Tragfläche (umgangssprachlich als Flügel bezeichnet) ist das Bauteil eines Flugzeugs, dessen Hauptaufgabe in der Erzeugung von Auftrieb besteht.
In der Wirkungsweise analog ist die Funktion als Flügel beim Rotorblatt von Propellern (treibenden Rotoren) und Repellern (vom Wind angetriebenen Rotoren).
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[Bearbeiten] Funktionsprinzip
Da sich die aerodynamischen Abläufe nur mit den komplexen Navier-Stokes-Gleichungen vollständig beschreiben und berechnen lassen, können hier nur vereinfachte Modelle dargestellt werden.
Der Auftrieb entsteht dynamisch durch Luft, die um die Tragfläche herum strömt. Die Luft wird insgesamt kraftvoll nach unten abgelenkt, und nach dem dritten Newton'schen Gesetz (Kraft=Gegenkraft) entsteht dabei an der Tragfläche eine nach oben gerichtete Auftriebskraft. Diese hält das Flugzeug - entgegen der nach unten gerichteten Schwerkraft - in der Luft.
Wenn man die Luftströmung um eine Auftrieb erzeugende Tragfläche im Detail betrachtet, stellt man fest, dass die Luft oberhalb der Tragfläche schneller als unterhalb fließt. Die Beschleunigung der Luft auf der Oberseite und Verzögerung der Strömung auf der Unterseite geht gemäß dem Bernoulli-Effekt mit Druckdifferenzen einher: verringerter Druck auf der Oberseite und erhöhter Druck auf der Unterseite. Druckdifferenzen entstehen in Strömungsfeldern, wenn durch Hindernisse gekrümmte Stromlinien erzwungen werden. Die Analyse der Krümmungen in realen Strömungen um Hindernisse erschließt die Druckverteilung an Profilen. Empirisch zeigt sich, dass der Unterdruck an der Oberseite relativ stärker ausgeprägt ist als der Überdruck an der Unterseite. Eine typische Tragfläche verrichtet mithin den größeren Teil ihrer Arbeit mit der Oberseite.
Die spezielle Form (das „Profil“) der meisten Tragflächen, deren Oberseite meist konvex gewölbt ist, verstärkt den Geschwindigkeitsunterschied zwischen Ober- und Unterseite (siehe Coandă-Effekt), das Ausmaß der Luftablenkung und somit letztlich den Auftrieb. Die Form des Tragflügels ist auch entscheidend für eine laminare bzw. turbulente Strömung, die über die Qualität des Auftriebs entscheidet (Verhältnis von Auftriebs- zu Widerstandskraft). Grundsätzlich erzeugt jedoch jede flache Form einen Auftrieb, sofern sie mit einem Anstellwinkel schräg zur Luftströmung gehalten wird. Beispiele hierfür sind ein Papierflieger oder die aus dem fahrenden Auto gehaltene Hand. Da die Auftriebserzeugung immer gleich funktioniert, sind Flugzeuge mit allen Flügelprofilen in der Lage, grundsätzlich auch auf dem Rücken zu fliegen.
Detailliertere Modelle sprechen von einer Zirkulation, die aufgrund des Anstellwinkels (Neigung der Tragfläche zum Luftstrom) um die Tragfläche herum entsteht. Diese zirkuliert auf der Oberseite der Tragfläche mit dem Luftstrom und auf der Unterseite gegen den Luftstrom und addiert sich zur ungestörten Luftströmung. Tatsächlich strömt die Luft auf der Unterseite der Tragfläche nicht entgegengesetzt. Es handelt sich hierbei um ein mathematisches Modell, das erklären soll, dass der Luftstrom auf der Oberseite der Tragfläche aufgrund der Zirkulation beschleunigt und auf der Unterseite leicht verlangsamt wird.
Entscheidend beeinflusst wird der Auftrieb durch Veränderungen des Anstellwinkels (z.B. durch Betätigung des Höhenruders) - allerdings nur bis zu einem bestimmten Punkt. Wird versucht, den Anstellwinkel noch weiter zu erhöhen, löst sich die Luftströmung von der Oberseite der Tragfläche ab (Strömungsabriss). Die Luftablenkung nach unten und somit der Auftrieb brechen dabei zusammen, und es entstehen statt dessen nur noch Luftwirbel.
Die zum Fliegen notwendige Leistung besteht aus den zur Erreichung des Auftriebs und zur Überwindung des Luftwiderstandes notwendigen Teilleistungen.
Die nach oben gerichtete Auftriebskraft entspricht der vertikalen Impulsänderung pro Zeiteinheit einer über der Flügelfläche angenommenen Luftmasse nach unten. Die Höhe dieser Luftmassensäule steigt aufgrund der Viskosität der Luft mit zunehmender Geschwindigkeit. Da der Luftmasse durch ihre Beschleunigung nach unten kinetische Energie zugeführt wird, lässt sich darüber die für den Auftrieb notwendige Leistung bestimmen. Diese kinetische Energie pro Zeiteinheit ergibt sich über E=mv²/2. Und da der Impuls pro Zeiteinheit mit m*v konstant sein soll, ergibt sich mit steigender Reisegeschwindigkeit und damit steigender Luftsäule erstaunlicherweise ein umgekehrt proportionales Sinken der Auftriebsleistung, da der Anstellwinkel des Flügels verkleinert werden kann.
Die zur Überwindung des Luftwiderstandes des Flügels notwendige Leistung steigt allerdings mit steigender Geschwindigkeit in 3. Potenz. Somit ergibt sich für jeden Flugzeugtyp ein Optimum der Reisegeschwindigkeit, bei der die Summe beider Leistungsanteile einen minimalen Kraftstoffverbrauch über die Reisezeit ergibt. Da bei geringer Reisegeschwindigkeit eher die Auftriebsleistung dominant ist, wohingegen bei hohen Geschwindigkeit die Widerstandsleistung überwiegt, haben langsame Flugzeuge (Segler, Doppeldecker, …) eher relativ große Flügelflächen, während schnelle Flieger (Kampfjets) mit relativ kurzen Flügeln konstruiert werden.
[Bearbeiten] Form
In der Frühzeit der Fliegerei waren die Tragflächengrundrisse entweder einfache Rechtecke, Ellipsen, oder in ihrer Form dem Vogelflügel nachempfunden, da zunächst das gewölbte Profil die entscheidende Verbesserung und von Bedeutung war. Zum Tragflächenprofil hat vor allem Otto Lilienthal entscheidende Beiträge geleistet. Heutige Tragflächen haben eine Vielzahl verschiedener Formen. In der Regel sind sie lang gestreckt und haben eine tropfenähnliche Form im Profil. Zum Ende hin verjüngen sie sich. Bei moderneren Verkehrsflugzeugen gehen sie in so genannte Winglets über. Durch den geringeren Luftdruck auf der Oberseite der Tragflächen strömt die Luft an deren Spitzen von unten nach oben. So entstehen Luftwirbel, die sich unter anderem in den gefürchteten Wirbelschleppen fortsetzen. Die Winglets vermindern Luftverwirbelungen an den Enden der Tragflächen, reduzieren so den Energieverlust, den die Wirbelschleppen mit sich bringen, und machen so das Flugzeug sparsamer im Verbrauch. Überschallflugzeuge, beispielsweise die Concorde, haben oft dreieckige Tragflächen oder Deltaflügel. Diese sind den beim überschallschnellen Flug auftretenden Effekten besser angepasst als der sonst üblicherweise eingesetzte Trapezflügel.
Beim Flug mit Überschallgeschwindigkeit treten Verdichtungsstöße auf. Dies sind Bereiche, in denen der Druck des umgebenden Fluids, also der Luft, sprunghaft ansteigt. Einige dieser Stöße breiten sich in einer Form um das Flugzeug aus, der die Pfeilung des Flügels angepasst ist. (Je höher die Fluggeschwindigkeit sein soll, um so stärker muss der Flügel gepfeilt sein.) Beim Flug mit Überschallgeschwindigkeit tritt ein (schräger) Stoß an der Vorderkante auf. Beim Flug mit Transschallgeschwindigkeit tritt ein (senkrechter) Stoß auf der Flügeloberseite auf, hinter dem die Geschwindigkeit der Luftströmung plötzlich in den Unterschall fällt, was eine Umkehrung einiger strömungmechanischer Effekte zur Folge hat. Kombiniert man also durch eine falsche Flügelkonfiguration diese unterschiedlichen Effekte auf einem Flügel, können sich diese gegenseitig eliminieren. Man erhält eine homogene Anströmungsgeschwindigkeit auf die Vorderkante des Flügels, wenn diese der Anströmung selbst angepasst ist.
Durch die Pfeilung verringert sich diese Geschwindigkeit mit dem Kosinus des Pfeilwinkels und führt zum Verlust von Auftrieb. Nachteilig ist außerdem, dass neben dieser Normalgeschwindigkeit auch eine Tangentialkomponente auftritt, die sich entsprechend vergrößert. Diese bewirkt ein Abschwimmen der Grenzschicht zum äußeren Flügelbereich hin. Dadurch wird die Grenzschicht aufgedickt, und es kann zu einem Ablösen der Strömung an den Flügelspitzen kommen. Dies verringert die Querruderwirksamkeit.
Daneben sind noch eine Reihe weiterer Formen, zum Beispiel ringförmige Tragflächen (Ringflügel) möglich, die aber bislang nur bei Modell- und Experimentalflugzeugen verwirklicht wurden.
Insbesondere bei Flugzeugen mit Strahlantrieb ("Düsenflugzeuge") sind die Tragflächen zum Ermöglichen des Überschallflugs oft pfeilförmig nach hinten abgewinkelt. Eine Reihe von Militärflugzeugen, die in der 1960er und 1970er Jahren konstruiert wurden, können durch eine variable Geometrie die Pfeilung ihrer Tragflächen im Flug verstellen (Schwenkflügel), um sie optimal an die jeweilige Geschwindigkeit anzupassen.
Ein Forscherteam (Miklosovic/Murray/Howle/Fish) hat vor kurzem nach dem Vorbild der Vorderflossen des Buckelwals eine Flügelform im Windkanal erprobt, die an der Vorderkante gewellt ist. Dadurch konnte gegenüber einem sonst gleichen Flügel mit gerader Vorderkante der Auftrieb um bis zu 8 Prozent gesteigert und gleichzeitig der Luftwiderstand um bis zu 32 Prozent gesenkt werden. Der Anstellwinkel, bei dem es zum Strömungsabriss (Stall) kam, lag 40 Prozent höher. Der Grund für diese guten Leistungsdaten liegt in der Energieeinleitung in die Strömung durch die gewellte Vorderkante (ähnlich Vortexgeneratoren).
[Bearbeiten] Anordnung
Je nach Höhe der Anbringung der Tragflächen teilt man Flugzeuge in Tiefdecker (die Tragflächen sitzen unter dem Rumpf), Mitteldecker (mittlere Höhe), Schulterdecker (bündig mit der Rumpfoberkante) und Hochdecker (Tragflächen über dem Rumpf) ein. Flugzeuge bei denen das Höhenleitwerk vor dem Flügel angeordnet ist, heißen Enten- oder Canardflugzeuge, Flugzeuge bei denen das Höhenleitwerk hinter dem Flügel angeordnet ist, heißen Drachenflugzeuge. Moderne Großraumflugzeuge sind als Tiefdecker konstruiert, wobei die beiden Flügel über einen Flügelmittelkasten mit dem Flugzeugrumpf verbunden werden.
Die meisten modernen Flugzeuge besitzen auf jeder Seite des Rumpfs eine Tragflächenhälfte. In den ersten Jahrzehnten der Fliegerei waren Doppeldecker mit jeweils zwei Tragflächen übereinander häufig, vereinzelt wurden sogar Dreidecker gebaut. Heute werden Doppeldecker nur noch für den Kunstflug gebaut. Es gibt auch Flugzeuge mit nur einer Tragfläche, ohne Leitwerk. Solche nennt man Nurflügel oder auch Schwanzlose. Flugzeuge mit zwei oder mehreren hintereinander angeordneten Tragflächen (Tandemanordnung) blieben eine Rarität. Als weitere Variante gibt es noch die Boxwing Tragfläche, die bei einem Ultraleichtflugzeug verwendet wird.
[Bearbeiten] Antrieb
Anders als bei den Flügeln der Tiere, die Vortrieb und Auftrieb erzeugen, liefern Tragflächen nur Auftrieb. Der Vortrieb muss von separaten Triebwerken erzeugt werden. Zu Beginn der Fliegerei wurde mit Tragflächen experimentiert, die den Flügelschlag der Vögel nachahmen und dadurch Vortrieb erzeugen sollten. Diese Konstruktionen (Schwingenflugzeuge oder auch Ornithopter) erwiesen sich jedoch für die manntragende Fliegerei als ungeeignet und wurden bisher nur im Modellflug erfolgreich verwirklicht.
Die einzige praktikable Lösung einer Kombination von Vor- und Auftrieb in der Tragfläche besteht darin, die Tragflächen um eine vertikale Achse rotieren zu lassen. In diesem Fall spricht man dann aber von einem Rotorblatt (siehe Hubschrauber).
[Bearbeiten] Weitere Funktionen
Tragflächen moderner Flugzeuge erfüllen noch eine Reihe weiterer Funktionen:
- Sie enthalten große Treibstofftanks
- Sie tragen eine Vielzahl von Klappen zur Steuerung, z. B. Querruder, Spoiler, Trimmruder
- Sie verfügen über Auftriebshilfen
- Durch eine elastische Bauweise sind die Tragflächen gleichzeitig die „Federung“ des Flugzeugs und fangen vertikale Kräfte wie zum Beispiel Luftwirbel ab
- Sie bilden bei vielen Großflugzeugen die Aufhängung für die Triebwerke (meistens in Gondeln darunter)
- Sie dienen bei einigen Flugzeugen mit einziehbarem Fahrwerk der Aufnahme des Fahrwerks.
- In den 40er Jahren benutzte der deutsche Flugzeughersteller Junkers die Tragflächenansätze (Flügelwurzel) zur Passagierunterbringung
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Tragfläche – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |