Umweltgerechtigkeit
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Umweltgerechtigkeit bezieht sich auf die soziale Verteilung von Umweltbelastungen oder durch die Nutzung der Umwelt gewonnenen Reichtümern. Der Begriff hat seinen Ursprung in der US-amerikanischen Umwelt- und Bürgerrechtsbewegung. Daher und durch seine ausdrückliche Beschäftigung mit dem Thema Gerechtigkeit ist er stark normativ geprägt.
Wissenschaftliche Untersuchungen, in deren Fokus Umweltgerechtigkeit stehen, fragen typischerweise nach der Aufteilung der Kosten und Gewinne von Umweltverschmutzung oder nach dem Vorkommen von umweltbedingten Krankheiten unter verschiedenen sozialen Gruppen oder Staaten. Der Begriff der Umwelt ist dabei weit gefasst zu verstehen und kann so verschiedene Dinge meinen wie die Atemluft als globales öffentliches Gut oder die allernächste Umgebung des eigenen Wohnraums. Der Begriff ist nicht zu verwechseln mit dem Adjektiv "umweltgerecht", der ein Verhalten oder Verfahren beschreibt, welches sich im Einklang mit der Umwelt befindet. Dem gegenüber betont Umweltgerechtigkeit vielmehr den Bezug auf den Menschen und ist daher anthropozentrisch.
Überlegungen zur Umweltgerechtigkeit schließen oft das Verursacherprinzip mit ein. Wer für einen Umweltschaden verantwortlich ist, soll seine Beseitigung und eventuell entstandene weitere Kosten selber tragen und nicht zur Behebung der Allgemeinheit überlassen, also einer Umwelthaftung unterliegen. Als Beispiel für dieses Prinzip ist das Regelwerk der Europäischen Union zu nennen, das in der Richtlinie 2004/35/EG ausdrücklich darauf verweist.[1]
Unter diesen Gesichtspunkten lässt sich beispielsweise sagen, dass finanziell schlechter gestellte Menschen, die in billigen oder verschimmelten Wohnungen leben müssen, ebenso wenig Umweltgerechtigkeit erfahren wie Menschen in Entwicklungsländern, die besonders stark unter der globalen Erwärmung leiden, sie jedoch kaum mit verursacht haben. Im Sinne gerechtigkeitstheoretischer Argumentation kann ebenfalls gefordert werden, dass Menschen oder Unternehmen, die in besonderer Weise von natürlichen Ressourcen profitieren, die Allgemeinheit an diesem Profit voll beteiligen sollen. Dahinter steht die Überlegung, dass die natürliche Umwelt nicht als normale Ware zu betrachten ist und daher auch niemandem als exklusivem Eigentum gehören kann. Dieser Bestandteil der Umweltgerechtigkeit findet sich bespielsweise in der Debatte über Biopiraterie wieder, bei der ein Konfliktpunkt die Erteilung von Patenten auf einzelne Gene ist.
[Bearbeiten] Literatur
- Bolte, Gabriele und Andreas Mielck (2004): Umweltgerechtigkeit. Die soziale Verteilung von Umweltbelastungen. Juventa Verlag, ISBN 978-3779911418
- Elvers, Horst-Dietrich (2005): Umweltgerechtigkeit (Environmental Justice) - Integratives Paradigma der Gesundheits- und Sozialwissenschaften? UFZ Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle Diskussionspapier 14/2005 (PDF)
- Kloepfer, Michael (2006): Umweltgerechtigkeit. Environmental Justice in der deutschen Rechtsordnung. Verlag Duncker & Humblot, ISBN 978-3-428-12134-2
- Mielck, A. und J. Heinrich (2001): Environmental Justice (Umweltbezogene Gerechtigkeit): Faire Verteilung von Umweltbelastungen auf die verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Aktionsprogramm Umwelt und Gesundheit NRW, Expertenbericht zum Thema. (PDF)
- Sachs, Wolfgang (2003): Ökologie und Menschenrechte. Wuppertal Paper Nr. 131 (PDF)
[Bearbeiten] Weblinks
- umweltgerechtigkeit.de - Website zum Thema von Werner Maschewsky, Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg