Vocoder
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Der Vocoder (Zusammenfügung aus dem engl. voice und coder) ist ein elektronisches Gerät, das aus der militärischen Forschung stammt und für die Telefontechnik entwickelt wurde, um menschliche Sprache in codierter Form mittels elektrischer Leitung übertragen und am Zielort wieder reproduzieren bzw. synthetisieren zu können. Ziel war es neben der Stimmverschlüsselung, die erforderliche Bandbreite zu verringern, so dass eine größere Anzahl von Gesprächen über eine gegebene Telefonleitung geführt werden kann. Verwendung fand der Vocoder jedoch vor allem in der Computertechnik, in der Sprachforschung und als Effektgeräte in der populären und elektronischen Musik. Den Prototypen dieses Gerätes entwickelte Homer Dudley 1936 in den Bell Telephone Laboratories, Murraay Hill/USA. Nach technischen Verbesserungen, in erster Linie an der Apperatur zur Sprachsynthese, dem Voder (Abk. für Voice Operation Demonstrator), wurde der Vocoder 1939 der Öffentlichkeit präsentiert. Als ein Bestandteil des Siemens – Synthesizers (Ausstattung des Studios für elektronische Musik) stand er Anfang der sechziger Jahre erstmals für die musikalische Nutzung zur Verfügung. Aber erst gegen Ende der siebziger Jahre fanden Vocoder als kommerziell produziertes Effektgerät oder eigenständiges Instrument, ausgestattet mit einem Keyboard, Verbreitung.
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[Bearbeiten] Funktionsprinzip
Das ursprüngliche Funktionsprinzip beruht auf der Zerlegung eines Eingangssignals in seine Frequenzbestandteile, sowie der darauf folgenden Resynthese des Signals auf der Basis von Rauschen. Somit verfügt ein Vocoder über eine Aufnahmeeinheit (Coder) zur Klanganalyse und einen Wiedergabeteil (Voder) zur Klangsynthese. Das Arbeitsprinzip basiert auf der Funktionsweise des menschlichen Sprachorgans. Der Vocoder verknüpft hierfür zwei Eingangssignale miteinander. Entsprechend dem Schwingen der Stimmbänder ist die eine Komponente das Basissignal und liefert die Grundfrequenz, die Artikulation durch Zunge und Lippe die zweite Komponente. Das zweite Signal dient als Steuersignal für das Klangspektrum und die Modulation, wobei das Spektrum des einen Signals auf das andere formend wirkt. Mit einem Sprachsignal und einem Instrumentensignal ist es etwa möglich, ein Instrument „sprechen“ zu lassen. Im Vocoder wird zunächst die Grundfrequenz des Eingangssignals herausgelöst und als Träger genutzt. Das Klangspektrum wird mit Hilfe von Bandpass – Filterbank in einzelne Frequenzbänder aufgeteilt und in diesem Bereichen durch Envelope Follower in, dem jeweiligen Amplitudenverlauf entsprechende, Spannungskurven umgewandelt. Die Genauigkeit der Klanganalyse hängt somit von der Anzahl der verwendeten Filter ab. Bei der Synthese steuert das Trägersignal einen Oszillator, der die Grundschwingung erzeugt, während mit Hilfe einer zweiten Filterbank, gesteuert durch die von den Envelope Followers hervorgebrachte Spannungskonturen, das analysierte Klangspektrum auf der Basis von weißem Rauschen neu aufgebaut wird.
[Bearbeiten] Musikpraxis
Vocoder in der Musikpraxis sind jedoch mit zwei Eingängen für unterschiedliche Signale ausgestattet, die jeweils dem beschriebenen Prozess unterzogen werden. Die Verschaltung der beiden Eingangssignale ist eine Matrix, deren Steuersignale auch vertauscht oder gleichgeschaltet werden können. Man kann damit beispielsweise die Stimme eines Sängers durch eine Orgel- oder Streicherklang so ersetzen, dass ein mehrstimmig eingespielter Satz den Gesangstext artikuliert. Durch Kombination verschiedener Eingangssignale und technischen Manipulationen sind vielfältige Soundmöglichkeiten mit der menschlichen Stimme (z. B. Roboter- oder Micky-Maus-Stimmen), aber auch verschiedene Instrumentaleffekte erreichbar.
Der Klang eines Vocoders ähnelt gelegentlich dem eines Harmonizers, und wird mit ihm verwechselt. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist der sogenannte "Cher-Effekt" (erstmals zu hören auf Chers "Believe") nicht mit einem Vocoder, sondern mit Hilfe der Software "Auto-Tune" von Antares bzw. des entsprechenden Hardware-Gerätes des gleichen Herstellers entstanden. Auto-Tune wird normalerweise zur Tonhöhen-Korrektur von schlecht intoniertem Gesang verwendet. Die Produzenten des Stückes leugneten zunächst die Verwendung, wohl um Cher nicht mit schlecht intoniertem Gesang in Verbindung zu bringen.
Für die Nachrichtentechnik und das Militär war insbesondere die bijektive Transposition von Frequenzbändern von Interesse. Praktisch gesehen bedeutet dies, dass Frequenzbänder miteinander vertauscht (permutiert) wurden, wobei die Vertauschung durch eine spektrale Umkehrfunktion wieder rückgängig zu machen war (z. B. Elcrovox). Heutige digitale Sprachverschlüsselungsverfahren sind wesentlich komplexer; auch beinhalten diese hybriden Algorithmen meist eine Kompression.
[Bearbeiten] Musikbeispiele
- Alan Parsons Project - "The Raven" auf dem Album Tales of Mystery and Imagination (1976)
- Peter Frampton - Do You Feel Like We Do auf Frampton Comes Alive (1976)
- Herbie Hancock - Sunlight (1978)
- Kraftwerk - Die Mensch-Maschine (1978)
- Neil Young - Trans (1982)
- Daft Punk - Around The World (1997)
- Beastie Boys - Intergalactic (1998)
- Red Hot Chili Peppers - By the Way (2002)
- Mogwai - "Hunted By A Freak" Happy Songs For Happy People (2003)
- Imogen Heap - Hide and Seek (2004)
- Akon - I Can't Wait (2006)
- Elias Damian - The Vocoder Pop EP (2006)