Wahrheits- und Versöhnungskommission
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Die sogenannte Wahrheitskommissionen wurden seit den 1980er Jahren in vielen Staaten nach dem Übergang von Diktatur zu Demokratie eingerichtet. Die Südafrikanische Kommission hatte die Rettig-Kommission von 1991 in Chile zum Vorbild. Zehn Jahre später wurde dort die Comisión Nacional de Prisón Política y Tortura einberufen.
Die Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission (TRC)) war eine südafrikanische Einrichtung zur Untersuchung von politisch motivierten Verbrechen, die während der Zeit der Apartheid begangen wurden. Sie geht in ihrer Entstehung zurück auf eine Initiative des ANC und des damaligen Justizministers Dullah Omar im Jahr 1994 und wurde im Januar 1996 durch Präsident Nelson Mandela eingesetzt. Vorsitzender war Desmond Tutu. Die Kommission arbeitete bis 1998.
Die Kommission wurde für 18 Monate einberufen. Sie konnte um ein halbes Jahr verlängert werden. Der relativ kurze Zeitraum ihres Wirkens war bereits zur Einberufung umstritten, da die Fülle der zu behandelnden Fälle in dieser Zeit kaum zu bearbeiten schien. Allerdings galt es auch, die Folgen des Apartheidsystems schnell öffentlich zu machen. Sowohl um gegebenenfalls Entschädigungen nicht erst nach vielen Jahren zu zahlen, aber auch, um den schmerzhaften Prozess der Aufklärung nicht unnötig in die Länge zu ziehen.
Ihr Ziel war es, Opfer und Täter in einen "Dialog" zu bringen und somit eine Grundlage für die Versöhnung der zerstrittenen Bevölkerungsgruppen zu schaffen. Vorrangig hierbei war die Anhörung beziehungsweise die Wahrnehmung des Erleben des jeweils anderen.
Die Ideale Gandhis, der seinerseits über zwei Jahrzehnte in Südafrika lebte und wirkte, finden sich in den Grundsätzen der Wahrheits- und Versöhnungskommission wieder. Nicht die Konfrontation, sondern die Wahrnehmung des "Anderen" stand im Vordergrund.
Den Angeklagten wurde Amnestie zugesagt, wenn sie ihre Taten zugaben, den Opfern wurde finanzielle Hilfe versprochen. Ziel war die Versöhnung mit den Tätern sowie ein möglichst vollständiges Bild von den Verbrechen, die während der Apartheid verübt wurden, zu bekommen. Sämtliche Anhörungen waren deshalb öffentlich.
Die Wahrheits- und Versöhnungskommission bestand aus drei Ausschüssen die jeweils unterschiedliche Aufgaben übernahmen:
- Das Komitee für die Aufklärung der Verbrechen während der Apartheid
- Das Komitee für die Entschädigung der Opfer
- Das Komitee für die Gewährung der Amnestie
Am 29. Oktober 1998 präsentierte die Wahrheits- und Versöhnungskommission ihren Abschlussbericht.
Die Idee der Wahrheits- und Versöhnungskommission ist in den letzten Jahren in weiteren Ländern umgesetzt worden. Unter anderem in Peru und in Osttimor. In beiden Fällen gilt Südafrika als Vorbild. Vor einiger Zeit fanden sich Stimmen, die auch im Irak die Chancen einer Wahrheits- und Versöhnungskommission hervorhoben.
In der Literatur gibt es mehrere Beispiele, in denen eine solche Kommission Erwähnung findet. Ein Beispiel dafür ist la muerte y la doncella von Ariel Dorfman, in dem ein Anwalt in eine Wahrheitskommission berufen wird, die sich mit den Opfern des Regimes von Augusto Pinochet beschäftigt.
[Bearbeiten] Literatur
- Desmond Tutu: Keine Zukunft ohne Versöhnung. Patmos Verlag, Düsseldorf 2001 ISBN 3-491-72456-2
- Arendt, Reinhard [Red.] :Der Preis der Versöhnung.Südafrikas Auseinandersetzung mit der Wahrheitskommission. Medico Internat, 1998. ISBN 3-923363-27-3
- Gobodo-Madikizela, Pumla: Das Erbe der Apartheid - Trauma, Erinnerung, Versöhnung. Mit einem Vorwort von Nelson Mandela. Nachwort von Jörn Rüsen. Verlag Barbara Budrich, Opladen 2006. ISBN 3-86649-025-9
- Buckley-Zistel, Susanne / Moltmann, Bernhard: 'Versöhnung: Balance zwischen Wahrheit und Gerechtigkeit', in Friedensgutachten, eds. Reinhard Mutz and et. al. (Berlin: LIT Verlag, 2006).