Wirtschaft Äthiopiens
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Wirtschaft Äthiopiens[1][2] | |
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Währung | Birr (ETB) 1 EUR = 11,1613 ETB[3] |
Inflation | 8% (2005) |
Bruttoinlandsprodukt | 8,819 Mrd.$ (2005, geschätzt) |
Wirtschaftswachstum | 8,9% (2005, geschätzt) |
BIP pro Kopf | 120 $ |
BIP nach Sektor | Landwirtschaft: 40,1% Industrie: 12,7% Dienstleistungen: 47,2% 2005, geschätzt) |
BIP (Kaufkraftparität) | 62,88 Mrd. $ |
Arbeitslosenquote | 40 % (Nur für Großstädte, Schätzung 2005) |
Erwerbstätige nach Sektor |
Landwirtschaft: 75–80% Industrie: 7% Dienstleistungen: 13% |
Anteil Unterhalb der Armutsgrenze |
44–50% |
Auslands- verschuldung |
5,69 Mrd. $ (2001, geschätzt) |
Außenbeitrag | |
Export | 612 Mio. $ (2005, geschätzt) |
Handelspartner | Dschibuti 13,3%, Deutschland 10%, Japan 8,4%, Saudi-Arabien, USA, VAE, Italien (2004) |
Import | 2,722 Mrd. $ (2005, geschätzt) |
Handelspartner | Saudi-Arabien 25,3%, USA 15,8%, China 6,6% (2004) |
Die Wirtschaft Äthiopiens ist landwirtschaftlich geprägt und ihr wichtigstes Exportgut ist Kaffee. Das Land ist mit einem Pro-Kopf-Einkommen von etwa 120 US-Dollar (2005) eines der Ärmsten der Welt. Etwa die Hälfte der Bevölkerung (44–50%) lebt unterhalb der Armutsgrenze. Nach der Revolution von 1974 wurde eine sozialistische Planwirtschaft eingeführt. Eine umfassende Staatskontrolle wurde aufgebaut und ein großer Teil der Wirtschaft wurde in die öffentliche Hand transferiert. Seit Mitte 1991 entwickelt sie sich zu einem dezentralen, marktwirtschaftlich geprägten System.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Allgemeine Betrachtungen
[Bearbeiten] Wirtschaftsgeschichte
Hauptartikel: Geschichte Äthiopiens
Für afrikanische Verhältnisse ist Äthiopien ein potentiell reiches Land, ausgestattet mit fruchtbarem Boden und in weiten Gebieten mit ausreichend Regenfall. Die Landwirte bauen eine Reihe verschiedener Getreidesorten an. an den Südhängen kann Kaffee gut gedeihen. Hirten können ihr Vieh, Schafe und Ziegen in großen Teilen des Landes weiden lassen. Zudem verfügt es über verschiedene wertvolle mineralische Rohstoffe, darunter Gold und Platin.
Trotz seiner Reichtümer hat es Äthiopien nie zu einer großen Handelsnation geschafft. Die meisten Äthiopier verschmähten Händler und eiferten stattdessen Kriegern und Priestern nach. Nachdem Griechen, Armenier und Araber die Tür ins Land aufgestoßen hatten übernahmen diese die Schnittstelle zwischen dem Land und den Rest der Welt. Die Araber siedelten auch innerhalb der Landesgrenzen und dominierten letztendlich die geschäftlichen Aktivitäten. Die Italiener, die Äthiopien seit den 1930er Jahren besetzten, hinterließen bei ihrem Rückzug eine Wirtschaftsstruktur, die sich kaum von der Struktur in den Jahrhunderten zuvor unterschied. Auch in den beiden nächsten Dekaden tat sich diesbezüglich wenig. Die Regierung konzentrierte sich lediglich auf den Ausbau des Behördenapparates und Nebendienstleistungen. Bis Anfang der 1950er Jahre Kaiser Haile Selassie I. die Forderungen nach einem Wandel von einer Subsistenzwirtschaft hin zu einer Agro-industriellen Wirtschaft aufgriff. Im Fiskaljahr 1954/55 hat die Regierung den Nationalen Wirtschaftsrat eingerichtet um ihre Entwicklungspläne koordinieren zu können. Anfang der 1970er konnte die Wirtschaft ein gewisses Wachstum verzeichnen und zudem wurde begonnen die Wirtschaft mit Branchen wie der Verarbeitenden Industrie und Dienstleistungen zu diversifizieren. Diese Änderungen konnten das Leben der meisten Äthiopier jedoch nicht verbessern.[4] [5]
[Bearbeiten] Wirtschaft nach Sektoren
Den wichtigsten Wirtschaftszweig stellt die Landwirtschaft dar. Rund 43,6 Prozent (2003/04; 40,1% im Jahr 2005) des Bruttoinlandsprodukts und vier Fünftel des Exports steuert dieser bei. Hinzu kommt die Bedeutung für den Arbeitsmarkt, denn vier Fünftel der Äthiopier sind in der Landwirtschaft beschäftigt. Des Weiteren tragen 1,6 Prozent der Sektor Wasser und Energie und 0,6% der Bergbau bei. Der Industriesektor steuerte im gleichen Zeitraum 9,6 Prozent zum BIP bei. Den größten Anteil hält der Dienstleistungssektor mit 47,2 Prozent (2005) der Wertschöpfung. Äthiopien ist damit und mit dem geringen Pro-Kopf-Einkommen eines der am wenigsten entwickelten Entwicklungsländer, ein sogenanntes Least Developed Country.
[Bearbeiten] Landwirtschaft
Das wichtigste Agrarprodukt ist der Kaffee, welcher mit 65–75% zu den Deviseneinnahmen beiträgt. Vom Kaffee hängt die Wirtschaft des Landes massiv ab, so wurden 1999 allein 267 Millionen US-Dollar durch den Export von 105.000 Tonnen der Bohne eingenommen. Schätzungen zu Folge liegt der Beitrag des Kaffee zum BIP bei etwa 10 Prozent. Mehr als 15 Millionen Menschen, das ist ein Viertel der Gesamtbevölkerung, bestreiten ihren Lebensunterhalt innerhalb des Kaffeesektors. Weitere agrarische Exportgüter sind lebende Tiere, Felle, Hülsenfrüchte, die leichte Droge Khat und Ölsaaten.[6]
Der Sektor ist einer Reihe an Problemen ausgesetzt. Dazu gehören periodische Dürren, Erosion durch Überweidung, Entwaldung, die hohe Bevölkerungsdichte, hohe Steuersätze auf agrarische Erzeugnisse und eine schlechte Infrastruktur, welche den Marktzugang erschwert. Bisher ist die Landwirtschaft die aussichtsreichste Ressource zur Entwicklung des Landes. Das Potenzial einer Selbstversorgung mit Getreide und eines Ausbaus des Export durch Vieh, Getreide, Gemüse und Obst besteht. Es sind rund 4,6 Millionen Menschen auf Lebensmittellieferungen aus dem Ausland angewiesen.
Ein besonders dynamischer Agrar-Bereich findet sich in der Produktion von Schnittblumen und Jungpflanzen. Für 2005 sollen Schätzungen zu Folge hier 32 Firmen (2001: drei Firmen) einen Exporterlös von 20 Millionen US-Dollar erreicht haben. Unter den Firmen befinden sich 15 ausländische Investoren, zu denen auch drei Deutsche gehören, die bereits erste Erfolge einfahren konnten. Der kritische Faktor für die weitere Entwicklung bleibt die Transportkapazität, welche durch die Fluglinien nicht im benötigten Umfang vergrößert werden konnte, obwohl beispielsweise die Ethiopian Airlines ihr Frachtflugzeug-Flotte mittels Leasing erweitert hat.
[Bearbeiten] Bergbau und Energie
Das Land verfügt über keine bedeutenden Rohstoffvorkommen. Die vorhandenen Rohstofflager werden auch nur in begrenztem Umfang ausgebeutet. So werden Gold, Kalkstein und kleinere Mengen an Tantal abgebaut. Davon ist Gold der bedeutendste Rohstoff, von ihm werden jährlich rund vier Tonnen gefördert[1] . Dies geschieht durch den Midroc-Konzern des saudisch-äthiopischen Großinvestors Al-Ahmoudi, der 1997 die ehemals staatliche Goldproduktion für 175 Millionen US-Dollar übernommen hat. Der Midroc-Konzern beutet ebenfalls die Salzvorkommen aus.
Andere nachgewiesene Vorkommen, die sich kommerziell ausbeuten ließen, sind Kaliumcarbonat, Erdgas, Phosphor, Platin, Eisenerz und Erdöl. Die gesicherten Erdöl-Reserven werden für Januar 2002 mit 214.000 Barrel[1] angegeben. In Gambela, einer Region im Westen des Landes, führt das malaysische Unternehmen Petronas Erdölexplorationen durch. Diese stehen angeblich kurz vor der Nutzung, sind aber durch die dortige politische Instabilität gefährdet. Das britisch-sudanesische Joint-Venture White Nile erwarb im Juli 2005 Explorationsrechte im selben Gebiet. Petronas erwarb darüber hinaus auch die Nutzungsrechte über vier Jahre (mit Verlängerungsrecht) für die südöstliche Somaliregion. Die National Mining Corporation (NMC) von Scheich Al-Ahmoudi prospektiert im Awash-Becken der Region Afar nach Öl. Seine National Oil Corporation (NOC) hingegen baute seit März 2004 ein umfangreiches Verteilungs- und Tankstellennetz auf. Die geplante Übernahme des bereits vorhandenen Netzes von ExxonMobil durch den Unternehmer gelang nicht, weil der Konzern seine Engagements in Afrika, insgesamt in 14 Ländern, an Total verkaufte.
In West-Wellega, in der Region Oromiyaa, wird künftig das 230 Millionen Tonnen mächtige Kohlevorkommen durch ein chinesisches Unternehmens-Konsortium mittels eines im Bau befindlichen Kohlekraftwerks genutzt. Die gesicherten Gasreserven betragen 24,92 Milliarden m³ (Januar 2002[1]), von denen sich 12,5 Milliarden m³ allein im Kalub-Feld im Ogaden/Region Somali befinden. Die Nutzung dieser Reserve wird jedoch durch die angespannte Sicherheitslage in der Region vereitelt. Zudem steht geothermische Energie zur Verfügung.
[Bearbeiten] Gewerbe und Industrie
Äthiopien verfügt hauptsächlich über Leichtindustrie wie Nahrungsmittel-, Getränke-, Textil- und Lederindustrie. Hinzu kommt Chemische Industrie, Metallverarbeitende Industrie und Zementindustrie. Die industrielle Produktion konzentriert sich auf städtische Zentren.[1] Der Industriesektor ist im Zeitraum 2003/2004 um 6,8 Prozent gewachsen und blieb damit hinter dem Wachstum der Gesamtwirtschaft, welches sich insbesondere auf die gute Ernte in der Landwirtschaft stützen konnte, zurück. Das Finanzministerium gibt die Anteile der Teilsektoren mit 4,8 Prozent für Herstellende Betriebe, drei Prozent für das Baugewerbe und 1,9 Prozent für Klein- Handwerksbetriebe an.
Die Privatisierung und Verwaltung der Staatsbetriebe wurden zusammengelegt. Die so neu strukturierte Privatization and Public Enterprises Supervising Agency (PPESA) kann mit der Privatisierung und Managementverträgen in der Textilindustrie und der größten Gerberei des Landes, als auch mit der Expansion der Zuckerindustrie und ihrer möglichen Privatisierung, Erfolge verbuchen.
[Bearbeiten] Dienstleister
Seit 1999/2000 ist der Anteil aus dem tertiären Sektor am Volkseinkommen der größte. Der Einzelhandel kam dem Finanzministerium zu Folge für das Jahr 2002/03 auf einen Anteil am BIP von 16,2 Prozent, gefolgt von der öffentlichen Verwaltung mit 15,4 Prozent und dem Bankwesen mit einem Beitrag von 7,4 Prozent.
[Bearbeiten] Banken und Versicherungen
Es sind sechs Privatbanken zugelassen, die mittlerweile 21,3 Prozent der Einlagen verbuchen, das entspricht 815 Millionen US-Dollar (Juni 2004). Die staatliche Commercial Bank of Ethiopia (CBE) kommt auf 74,1 Prozent oder 2,8 Milliarden US-Dollar. Das Verhältnis hat sich damit zugunsten der Privatbanken verschoben, denn 1999 lautete dieses noch 1:9. Die Privaten sind engagierter in der Kreditvergabe an mittlere Unternehmen und Kooperativen und haben angefangen gemeinsam mit internationalen Partnern ins Import/Export-Finanzierungsgeschäft einzusteigen. Hinzu kommen noch zwei kleinere staatliche Banken, die Development Bank of Ethiopia und die Construction and Business Bank.
Das Bankensystem bleibt trotz der steigenden Vergabe von Krediten an Regierung und den Privatsektor unterentwickelt. Seit eines Korruptionsskandals, ausgelöst durch eine große Zahl fauler Kredite der CBE, vor vier Jahren belasten neue Sicherheitsvorkehrungen besonders die kleineren Privatbanken zu Lasten der Verfügbarkeit von Krediten. Mit gerade 359 Filialen (2003/04), das sind 20 mehr als ein Jahr zuvor, ist die Bankendichte sehr niedrig. Statistisch betrachtet kommen danach auf jede Niederlassung 198.000 Äthiopier, was der zweifache Wert im Vergleich mit dem Durchschnitt von Sub-Sahara-Afrika ist. Ausländische Investitionen sind im Banksektor nicht zugelassen.
Es gibt eine staatliche und neun private Versicherungsgesellschaften mit insgesamt 121 Filialen (2003/04), das sind 15 Niederlassungen mehr als ein Jahr zuvor.
[Bearbeiten] Tourismus
Die politischen Ereignisse im Umfeld der Wahl vom Mai 2005 und die Strukturschwäche des Landes stellen insbesondere für den Tourismussektor ein Problem dar. Daran konnte auch die international erreichte Aufmerksamkeit durch die Rückkehr des Aksum-Obelisken aus Rom und eines Großkonzerts zu Bob Marleys 60. Geburtstag im selben Jahr nichts ändern. Durch die Konferenzen der in Addis Abeba ansässigen Organisationen der Afrikanischen Union und der United Nations Commission for Africa sind die großen Hotels der Hauptstadt regelmäßig ausgebucht. Deswegen folgte im Januar 2005 der Entschluss zwei neue Hotels für insgesamt 17 Millionen US-Dollar durch ein kuwaitisch-französisches Konsortium errichten zu lassen.
[Bearbeiten] Mitgliedschaft
Äthiopien ist Mitglied folgender wirtschaftsrelevanter Organisationen:
- Regional
- Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB)
- Afrikanische Union (AU)
- Wirtschaftskommission für Afrika der Vereinten Nationen (UNECA)
- Intergovernmental Authority on Development
- Handel
- Common Market for Eastern and Southern Africa (COMESA)
- Welthandelsorganisation (als Beobachter, derzeit (2005) keine Verhandlungen)
- AKP-Staaten
- Bretton-Woods-Institutionen
[Bearbeiten] Siehe auch
- Wirtschaft Afrikas
- Die höchste Armut weltweit
- Landwirtschaft in Entwicklungsländern
- Entwicklungspolitik
- Entwicklungstheorie
- Exportorientierung
[Bearbeiten] Quellen
Das Fiskaljahr beginnt in Äthiopien am 8. Juli und endet am 7. Juli. Dadurch sind viele Angaben hinsichtlich des gregorianischen Kalenders jahresübergreifend, andere Angaben beziehen sich wiederum auf das gregorianische Kalenderjahr. Die verwendeten Jahresangaben richten sich, so weit bekannt, nach dem gregorianischen Kalender und nicht nach dem Äthiopischen.
- ↑ a b c d e CIA: The World Factbook 30. Juli 2006
- ↑ Weltbankgruppe: Datenprofil von Äthiopien 3. August 2006
- ↑ Bloomberg: Currency Calculator 1. August 2006
- ↑ http://countrystudies.us zur Wirtschaftsgeschichte vor 1974
- ↑ http://www.photius.com zum historischen Hintergrund der äthiopischen Wirtschaft
- ↑ Botschaft der Bundesrepublik Äthiopien 3. August 2006
[Bearbeiten] Literatur
- Bundesagentur für Außenwirtschaft (Hrsg.): Äthiopien – Wirtschaftsentwicklung 2004/05. Köln 2006.
- OECD (Hrsg.): Development Centre and African Development Bank African Economic Outlook 2005/2006 - Country Studies Ethiopia. Paris 2006.
- UNCTAD (Hrsg.): An Investment Guide to Ethiopia - Opportunities and conditions. Genf 2004.
[Bearbeiten] Weblinks
Wikinews: Äthiopien – Nachrichten |
- http://www.ethiopianreporter.com Wirtschaftsnachrichten aus Äthiopien
- Export Promotion Agency
- Handelskammer Addis Abeba (englisch)
- Ethiopian Economic Association
- Central Statistical Agency (CSA): National Statistics
- Äthiopische Nationalbank: Geschichte des Bankwesens in Äthiopien (englisch)
- German Ethiopian Business Association (deutsch/englisch)
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