2. Sinfonie (Wetz)
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[Bearbeiten] Richard Wetz als Sinfoniker
Die Arbeit an seiner Sinfonie Nr. 2 A-Dur op. 47 begann Richard Wetz um die Jahreswende 1918/19. Zehn Monate später, im Oktober 1919, stellte er die Partitur fertig, 1920 wurde das Werk unter der Leitung von Peter Raabe, der auch die andern beiden Sinfonien aus der Taufe hob, uraufgeführt. Die Komposition steht nicht nur entstehungsgeschichtlich und der Opuszahl nach, sondern auch inhaltlich genau zwischen ihren beiden Schwesterwerken op. 40 und op. 48. Überhaupt verhalten sich die drei Sinfonien dieses Komponisten zueinander wie These (1. Sinfonie), Antithese (2. Sinfonie) und Synthese (3. Sinfonie), lassen sich also genausogut als Einzelwerke wie als Teile eines großen sinfonischen Zyklus auffassen. In diesem Konzept könnte der in Musik- wie in Literaturfragen hochgebildete Wetz von den späten Streichquartetten Ludwig van Beethovens oder den Sinfonien des von ihm besonders verehrten Anton Bruckner genauso angeregt worden sein wie von Goethes Theorie der Urpflanze.
In der formalen Anlage sind die Sinfonien von Richard Wetz deutlich von Bruckners klaren und übersichtlichen Satzschemata beeinflusst. Harmonisch geht der Komponist nie über die Mittel der Tonalität heraus, macht aber reichlichen Gebrauch von Chromatik und modulatorischer Raffinesse; freilich alles im Sinne eines logischen, organisch wachsenden Verlaufs der Musik.
Geschrieben wurde die zweite Sinfonie für ein großes, wenn auch in seinen Anforderungen keineswegs den von Gustav Mahler (z. B. Sinfonie Nr. 7) oder Richard Strauss (Eine Alpensinfonie etc.) verwendeten Besetzungen vergleichbares Orchester. Ihre Spieldauer beträgt etwa 45 Minuten.
[Bearbeiten] Erster Satz: Mäßig Bewegt
Endete Wetz´ erste Sinfonie in grimmigem c-Moll, so stellt er in der zweiten schon allein mit der verwendeten Grundtonart A-Dur fest, dass es sich bei ihr um ein Werk vorwiegend aufgehellten Charakters handelt. Dem entspricht sogleich der Beginn des ersten Satzes: Über einer fast volkstümlich-einfachen Begleitung erhebt sich, als Hauptthema des Satzes, in Violinen und hohen Holzbläsern eine ruhige und schlichte Melodie, vergleichbar etwa Edvard Griegs "Morgenstimmung", die allerdings sofort im Anschluss durch eine Eindunklung nach Moll auf die Ebene des Erhabenen gehoben wird. Das Material wird weiter ausgesponnen und wächst bis zu einer kurzen forte-Stelle. Danach erscheint der Anfang ein zweites Mal, sofort wird die Ruhe nun aber unterbrochen durch ein mächtig anwachsendes Crescendo, auf dessen Höhepunkt sich im Blech ein wuchtiges Synkopenmotiv erhebt. Wieder erklingt das Hauptthema und leitet, unterbrochen durch ein weiteres Motiv aus der vorangegangenen Steigerungsphase, zum zweiten Thema über, das gesanglich, heiter und doch etwas wehmütig in den Streichern erklingt und deutlich von den Gesangsthemen der Bruckner´schen Sinfonien beeinflusst ist. Es wächst in mehrfachem Anlauf zu einer dynamischen und emotionalen Steigerung empor und mündet, nachdem diese wieder abgeklungen ist, in das kurze, an einen gemäßigten Marsch erinnernde Schlussgruppenthema. Der Übergang zur Durchführung wird durch eine vom fortissimo ins piano abfallende Passage erreicht, die auf diesem dritten Thema basiert.
Die Durchführung selbst reicht in ihrer Länge fast an die der Exposition heran. Sie beginnt mit dem Hauptthema, von den Holzbläsern kanonisch geführt, über einer aktiven Streicherbegleitung, verarbeitet dann Elemente der Steigerungsepisode, wobei sie ihnen den energischen Charakter nimmt um ihn durch einen ruhigeren zu ersetzen, und lässt das Schlussgruppenthema heroisch einherschreiten. Aber sogleich dominiert wieder das jetzt dramatisch aufgeladen sich emporreckende Hauptthema und erreicht schließlich eine fast hymnische Wiederaufnahme des Satzbeginns. Dieser Höhepunkt bricht jedoch bald wieder zusammen. Das marschartige Schlussgruppenmotiv leitet, ins Gesangliche abgewandelt, zu einem weiteren Abschnitt über, den das zweite Thema dominiert. Es wird von Streichern und hohen Holzbläsern kanonisch verarbeitet. Mit begleitendem Einsatz der Hörner nimmt die Bewegung wieder zu, die Begleitmelodie des Hauptthemas verselbstständigt sich und führt zu einer zweiten Kulmination, in der in den Blechbläsern ein neues Thema hervorbricht.
Nachdem die Durchführung beruhigt abgeklungen ist setzt die Reprise ein. Das idyllische Bild des Anfangs wird nun noch unterstrichen durch den Einsatz einer begleitenden Harfe. Im wesentlichen folgt die weitere Entwicklung der der Exposition, wenngleich die Instrumentierung auch an zahlreichen weiteren Stellen abgewandelt wurde (so erklingt das Gesangsthema nun zuerst in den Holzbläsern). Die große Crescendo-Episode zwischen erstem und zweitem Thema bleibt diesmal aus und die Schlussgruppe erscheint deutlich abgemildert. Die Coda greift das Hauptthema wieder auf. Es steigert sich in Dynamik und Bewegung, nimmt das Schlussgruppenmotiv auf und führt schließlich den Satz in grandioser Steigerung zum Abschluss auf einem Unisono-a.
[Bearbeiten] Zweiter Satz: Langsam, mit klagendem Ausdruck
Nach Beendigung des Kopfsatzes nahm der Komponist in Anschluss geich das Finale in Angriff. Erst nach dessen Fertigstellung widmete er sich der Komposition der Mittelsätze. Ein geplantes Scherzo wurde nicht ausgeführt, stattdessen entschied sich Wetz, den vergleichsweise relativ kurzen langsamen Satz für sich allein, quasi als Herz des Stückes, zwischen den ausgedehnten Ecksätzen stehen zu lassen. Zu letzteren steht dieses d-Moll-Adagio auch in idealem stimmungsmäßigen Kontrast, wie das schon in der Satzüberschrift angedeutet wird.
Der Satz beginnt mit einer kurzen Einleitung der Holzbläser und Hörner, die das Hauptthema bereits fragmentarisch anklingen lässt. Dieses selbst wird im Anschluss vorgetragen von den Klarinetten und zeichnet sich durch größtenteils enge Intervallschritte aus, die einen verinnerlichten, um sich kreisenden Themencharakter ergeben. Es schließt sich noch ein Nebenthema an, das aus dem Hauptgedanken entwickelt wurde. Es erlebt nach verhaltenem Beginn einen kurzen Aufschwung bis ins fortissimo, sinkt dann jedoch dynamisch wieder ab und mündet in eine wiederum verhaltene Passage der Solo-Klarinette, die der Überleitung in die an den Satzdimensionen gemessen recht große Durchführung dient.
Diese wird durch das fast unveränderte Hauptthema eröffnet, was dem Satz rondoartige Züge verleiht. Auch das Seitenthema, das daraufhin folgt, wird wenig verändert. Seine Aufschwungspartie gibt dem Geschehen jedoch eine neue Wendung, indem sie zu einer dramatisch erregten Episode überleitet, die zum Schluss den Kopf des Hauptthemas im fortissimo in Hörnern und Posaunen bringt. Den weiteren Verlauf bestimmt ebenfalls das Hauptthema, das nun dynamisch zurückgehalten hintereinander jeweils von Celli, Holzbläsern, Violinen, zuletzt von Kontrabässen gebracht wird. Zum Schluss der Durchführung korrespondieren die Kontabässe mit den leisen Schlägen der Pauke.
Die Reprise lässt das Hauptthema ähnlich wie zu Beginn der Durchführung leicht umspielt erklingen und der Höhepunkt des Seitenthemas ist kraftvoller herausgearbeitet; im wesentlichen jedoch gleicht der Ablauf demjenigen des ersten Formteils. Am Schluss steht eine von den tiefen Orchesterinstrumenten dominierte Coda. Die Themen werden in Fragmente zerlegt, das Tempo verlangsamt sich und der Satz verklingt auf einem sehr tiefen d des Kontafagotts im pianissimo.
[Bearbeiten] Dritter Satz: Bewegt (ruhige Halbe)
Trotz seiner Tonart a-Moll ist das Finale doch dem lebensfrohen ersten Satz weitaus ähnlicher als dem "klagenden" Adagio. Es beginnt mit einem von den vier Hörnern unisono vorgetragenen Gedanken, der zunächst scheinbar isoliert, quasi als Motto des Satzes, dasteht. Es ist jenes neue Thema, welches gegen Ende der Durchführung des ersten Satzes bereits erklungen war. Das eigentliche Hauptthema erscheint sofort daran anschließend als lebhafte Klarinettenmelodie. Wie im Kopfsatz folgt nun ein steigernder Fortspinnungsprozess, in dessen Verlauf das Thema von einer Instrumentengruppe auf die nächste weitergegeben wird. Die Dynamik nimmt zu, zuletzt übernehmen die Blechbläser die Melodie und führen sie einer ersten Gipfelung zu, worauf es sofort wieder leiser wird. Nach kurzer Überleitung tritt das zweite Thema in den Streichern hinzu. Es ist nichts anderes als das leicht variierte Hauptthema des Mittelsatzes. Nachdem die Holzbläser den Vortrag des Themas kurz übernommen haben setzen die Streicher gesteigert wieder ein. Als Schlussgruppe dient ein markantes Quintenmotiv der Hörner, untermalt vom Tremolo der Pauke und der tiefen Streicher.
Die Durchführung, in ihren Ausmaßen etwa derjenigen des ersten Satzes entsprechend, beginnt mit der feierlichen Verarbeitung des Mottothemas, vorrangig in Streichern und Holzbläsern. Dem folgt das Hauptthema, in der Stimmung beruhigt, in verbreiterter Bewegung. Schnell nimmt das Geschehen wieder unruhigere Züge an. Jedoch erscheint nach einer emporreckenden Geste des Mottos das zweite Thema, das ab jetzt die Durchführung beherrscht, sanft und entspannt in den Streichern. Die Holzbläser treten etwas später hinzu. Bald wird die Stimmung zunehmends nachdenklich. Zwar wird seitens der Streicher noch ein Aufschwung mithilfe eines Nebenmotivs des Hauptthemas versucht, dieser mündet jedoch in ein immer langsamer werdendes piano ein.
Dies ist der Ausgangspunkt für die Reprise. Das Hauptthema setzt noch schwungvoller ein als zuvor, der Übergang zum zweiten Thema ist etwas verkürzt und variiert. Dieses selbst entspricht, von instrumentalen Retuschen abgesehen, ziemlich genau seiner Expositionsvariante. Die Schlussgruppe wird zugunsten eines direkten Einsatzes der Coda ausgespart, welche mit dem verbreiterten Hauptgedanken im fortissimo beginnt. Nachdem das Motto sich hinzugesellt hat erscheint das Hauptthema kräftig vorwärtsdrängend wieder im ursprünglichen Zeitmaß. Sein Nebenmotiv leitet über zu einem kurzen, leisen Erscheinen des Hauptthemas aus dem Kopfsatz worauf sich das in den Hörnern kanonisch geführte Motto zur befreienden, endgültigen Wiederkehr dieses Anfangsgedankens emporarbeitet. In strahlendem A-Dur schließt die Sinfonie, Anfang und Ende nach Bruckners Vorbild miteinander verknüpfend, im fortissimo des vollen Orchesters ab.