Adenauer-Erlass
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Adenauer-Erlass ist die umgangssprachliche Bezeichnung für den am 19. September 1950 von der CDU-Regierung unter Konrad Adenauer gefassten Beschluss zur Verfassungstreue der öffentlich Bediensteten in der Bundesrepublik. Dadurch war es diesen Personen verboten, Mitglied in Organisationen zu sein, die die Bundesregierung als verfassungsfeindlich einstuft.
Hintergrund sind die verstärkten ideologischen Auseinandersetzungen im kalten Krieg, wie sie sich etwa bei der ersten Bundestagswahl 1949 gezeigt hatten, als die KPD 5,7% und die rechtskonservative DKP-DRP 1,8% erhalten hatten und ins Parlament eingezogen waren. Zudem stand man unter dem Eindruck des Koreakriegs, sodass eine konsequente Verpflichtung der Beamten auf die Verfassung geboten schien. Rechtsgrundlage hierfür war § 3 Abs. 2 des Deutschen Beamtengesetzes, der festschreibt, dass die "im Dienste des Bundes stehenden Personen ... sich durch ihr gesamtes Verhalten zur demokratischen Staatsauffassung bekennen" müssen. Der Adenauer-Erlass hat dies dahingehend präzisiert, dass die "Gegner der Bundesrepublik" nach Auffassung der Bundesregierung ihre Bemühungen verstärkten, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu untergraben. Im Erlass heißt es weiter: "Wer als Beamter, Angestellter oder Arbeiter im Bundesdienst an Organisationen oder Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Staatsordnung teilnimmt, sich für sie betätigt oder sie sonst unterstützt, ... macht sich einer schweren Pflichtverletzung schuldig." Es folgt die Aufzählung von 13 Organisationen, deren Unterstützung für unvereinbar mit den Dienstpflichten erklärt wird. Der Erlass richtete sich gleichermaßen gegen rechts-, wie linksextreme Gruppen, doch zeigt die ausdrückliche Erwähnung der "auf Gewalthandlungen abzielenden Beschlüsse des 3. Parteitages der kommunistischen SED und des sogenannten "Nationalkongresses"", dass das Schwergewicht beim Kampf gegen den Kommunismus lag. Neben der KPD enthält die Aufzählung u.a. auch die FDJ, den Kulturbund und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN).
Der Erlass wurde insofern kritisiert, als er formal auf die reine Mitgliedschaft abhob und nicht etwa auf eine Einzelfallprüfung. Im öffentlichen Dienst tätige Personen, deren Verfassungstreue in Frage gestellt wurde, mussten mit Leistungskürzungen und Entlassungen rechnen, zumal im Erlass selbst "unnachsichtiges" Vorgehen gegen "Schuldige" angemahnt wurde und sich Bundesländer und Kommunen dem Erlass anschlossen. In der Folge wurden daher mehrere tausend Bedienstete auf ihre Verfassungstreue überprüft und bestraft. Die KPD und die rechtsextremistische SRP wurden 1956 bzw. 1952 verboten. Anfang der siebziger Jahre wurde der Adenauer-Erlass in Form des Radikalenerlasses wieder aufgegriffen. Die Entwicklung im Deutschland der fünfziger Jahre zeigt teilweise Parallelen zur USA der McCarthy-Ära.
Literatur: H. Jellinek u.a., Grewe, Scheuner in Deutscher Bund für Bürgerrechte, Frankfurt/M., Politische Treupflicht im öffentlichen Dienst, 1951