Agrobacterium tumefaciens
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Agrobacterium tumefaciens | ||||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||||
Agrobacterium tumefaciens | ||||||||||||||
(Smith and Townsend, 1907) Conn, 1942 |
Agrobacterium tumefaciens ist ein pflanzenpathogenes, gramnegatives Bodenbakterium. Es gehört zur Alpha-Klasse der Proteobakterien.
A. tumefaciens ist ein Modellorganismus und verfügt über die Fähigkeit, DNA in pflanzliche Zellen zu übertragen. Dieser Vorgang wurde erstmals durch Jozef Schell beschrieben.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Pathogenität
Unter natürlichen Bedingungen kann das Bakterium nur verletzte, zweikeimblättrige Pflanzen infizieren. Die Infektion erfolgt meist an der Stängelbasis, es können aber auch andere oberirdische Pflanzenteile infiziert werden. Die Erkennung zwischen Bakterien- und Pflanzenzellen erfolgt mit Hilfe bestimmter Signalmoleküle (Pektine und Glucane) auf deren Oberfläche.
Die Wucherungen, die A. tumefaciens durch Eingriff in den pflanzlichen Hormonhaushalt auslöst, haben bei Nutzpflanzen oft bestimmte Namen. Beim Befall der Weinrebe spricht man von Maukekrankheit, bei der Zuckerrübe von Wurzelkropf. Bei anderen Pflanzen wie etwa Meerrettich und Rhabarber werden die Tumore auch als crown-galls bezeichnet.
[Bearbeiten] Ablauf der Infektion
Pathogene Agrobakterien tragen stets ein Plasmid. Dieses Ti-Plasmid (Ti steht für tumor inducing - Tumor erzeugend) enthält Gene, die für die spätere DNA-Übertragung in die Pflanzenzelle notwendig sind. Die Transkription dieser sogenannten "Virulenz-" oder vir-Gene wird durch sekundäre Pflanzenstoffe, die aus verwundeten Pflanzenteilen austreten, aktiviert. Man spricht auf Seiten des Bakteriums auch von positiver Chemotaxis, da sich die Bakterien gezielt zur Quelle des Botenstoffs hin bewegen.
Mögliche Pflanzenstoffe, die Agrobakterium zu einer Infektion veranlassen:
- Acetosyringon
- Vanillin
- alpha-Hydroxyacetosyringon
- Sinapinsäure
- Syringonsäure
- Ferulasäure
- Katechol
- p-Hydroxybenzoesäure [1]
Das aktivierte vir-Genom des Bakteriums befindet sich auf seinem Ti-Plasmid und codiert für Proteine, die in die Pflanze eindringen und in der Pflanze Fremdgene installieren können. Mit Hilfe der vir-Genprodukte kann ein anderer Teil der DNA des Ti-Plasmides als so genannte "Transfer- oder t-DNA" in die Pflanzenzelle übertragen werden. Diese t-DNA ist an ein Protein gebunden, welches durch ein bestimmtes Motiv dafür sorgt, dass die DNA in den pflanzlichen Zellkern transportiert wird (NLS oder Kernlokalisierungssignal). In eukaryontischen Zellen ist DNA nur hier vor Abbau geschützt und kann repliziert und transkribiert werden.
Im Zellkern angekommen, wird die DNA in das pflanzliche Genom integriert. Promotoren, die von der Pflanzenzelle erkannt werden sorgen dafür, dass die Gene in der Pflanze auch aktiv sind. Die übertragenen Gene besitzen also eine typisch eukaryontische Struktur, obwohl sie aus einem Bakterium stammen.
Die übertragenen Gene lösen Tumore aus und veranlassen die pflanzliche Zelle, Opine zu produzieren, die den Bakterien als Nahrung dienen, für die Pflanze aber wertlos sind. Der Name Agrobacterium tumefaciens leitet sich von der tumorinduzierenden Eigenschaft ab.
[Bearbeiten] Nutzen als Vektor
Die Aktivierung der vir-Gene kann dazu benutzt werden, gewünschte Gene in Pflanzen exprimieren zu lassen (sog. Agro-Infiltration). Agrobacterium kann Pflanzenzellen also gezielt genetisch verändern (transformieren). Wegen dieser Eigenschaft gilt es seit Beginn der Gentechnik als wichtiger Vektor, um Gene auf Pflanzen zu übertragen. Unter Laborbedingungen gelingt dies bei nahezu allen Pflanzen und sogar einigen Pilzen. Hierfür werden die Gene der t-DNA, die normalerweise für den Opin-Metabolismus und die Tumor-Induktion notwendig sind, durch andere ersetzt.
[Bearbeiten] Genom
Das Genom von A. tumefaciens wurde 2001 sequenziert.
Ein weiterer bekannter Vertreter der Gattung ist Agrobacterium rhizogenes, der Pflanzen hauptsächlich an den Wurzeln infiziert und zu massiven Wucherungen der Wurzelhaare führt. Das Äquivalent des Ti-Plasmides ist hier das Ri-Plasmid.