Aischa bint Abi Bakr
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Aischa bint Abi Bakr (arabisch: عائشة بنت أَبي بكر, DMG ʿĀʾiša bint Abī Bakr) (* ?; † 678 in Medina) war die jüngste der neun Frauen Mohammeds, des Begründers des Islam, und Tochter des Geschäftsmanns und späteren Kalifen Abu Bakr aus dem Stamme Quraisch. Aischas Mutter stammte aus dem Stamme Al Harit. Die Stämme der beiden Elternteile Aischas waren sehr angesehen. Ihr Name ist arabischen Ursprungs und bedeutet „die Lebende“. Aischa ist weithin bekannt als die Lieblingsfrau des Propheten Mohammed, und ist eine wichtige Quelle in der Hadith, einer Sammlung der Überlieferungen über Denken und Handeln des Propheten.
Die frühe Heirat Aischas mit Mohammed ist Ausgangspunkt einer Kontroverse: Nach der Auffassung orthodoxer Sunniten und Schiiten, also der überwiegenden Mehrheit der Muslime, war Aischa sechs oder sieben, als Mohammed sie heiratete und neun Jahre alt, als er die Ehe mit ihr vollzog. Dies wird heutzutage von vielen Seiten kritisiert.
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[Bearbeiten] Aischas Alter bei ihrer Heirat
Das Alter Aischas bei ihrer Heirat ist in neuerer Zeit ein kontroverses Thema. Insbesondere werden immer wieder Vorwürfe gegen den Propheten laut, mit dem „Vollzug der Ehe“ (also der Vornahme des Geschlechtsverkehrs) nach heutigen westlichen Maßstäben „Kinderschändung“ verübt zu haben (so etwa der prononciert vorgetragene Vorwurf des von einem radikalen Islamisten 2004 ermordeten niederländischen Filmemachers Theo van Gogh). Laut den Überlieferungen (hadīth) in den beiden von orthodoxen Muslimen als am zuverlässigsten angesehenen Sammlungen von Buchārī und Muslim ibn al-Haddschādsch war Aischa bei ihrer Heirat mit Mohammed sechs und beim Vollzug der Ehe neun Jahre alt. Bei einem seiner Besuche im Hause Abu Bakrs hatte Mohammed Aischa kennengelernt. Aischa war ein fröhliches, lebhaftes kleines Mädchen, und Mohammed war von ihrer Art sehr angetan. So kam es zu Scherzereien zwischen ihm und dem Kind.
Die Überlieferung von Buchārī in Band 7, Buch 62, Nummer 64 zu diesem Thema lautet: „Aischa berichtete, dass der Prophet sie heiratete, als sie sechs Jahre alt war, und die Ehe vollzog, als sie neun Jahre alt war; danach blieb sie neun Jahre bei ihm (das heißt bis zu seinem Tode).“
Die Überlieferungen von Buchārī und Muslim ibn al-Haddschādsch gelten im sunnitischen Islam als uneingeschränkt zutreffend; die Tatsache, dass der gleiche Sachverhalt mehrfach überliefert sei, untermauere dies nach sunnitischer Auffassung. Im orthodoxen Islam werden diese Überlieferungen in keinerlei Hinsicht in Frage gestellt. Für die Auffassung der „Kinderehe“ in Mohammeds Zeit spricht, dass es damals auch in anderen Kulturen üblich war, junge Mädchen zu verheiraten, beispielsweise im europäischen Adel (vgl. Margarethe I.) und dass die Lebenserwartung zu dieser Zeit gerade einmal 35 Jahre betrug. Bestimmend für die Heiratsfähigkeit eines Mädchens war das Erreichen der Pubertät. Im Falle Aischas könnte das bereits mit neun Jahren der Fall gewesen sein. Zudem war und ist es immer noch im arabischen Kulturkreis üblich, jung zu heiraten.
Die obige Überlieferung versuchen andere Muslime zu entkräften, indem sie hervorheben, dass alle Hisham Ibn Urwa in der Überlieferungskette haben. Nicht nur gingen damit alle entsprechenden hadith auf eine Quelle zurück, es komme hinzu, dass Hisham Ibn ‘Urwa von vielen Gelehrten außerhalb der Orthodoxie – einschließlich Ibn Abbas – als „unglaubwürdig“ eingestuft wird. Viele andere Hadithe dagegen erlauben die Schlussfolgerung, dass Aischa bei ihrer Heirat zwischen 14 und 21 Jahre alt gewesen sei. Im folgenden die Argumentation für ein höheres Heiratsalter:
- Laut Ibn Hischams Zusammenfassung von Ibn Ishaqs (d. 768) Biographie des Propheten Mohammed, der Sīrat Rasûl Allāh, der ältesten erhaltenen Biographie Mohammeds, wurde Aischa vor Umar ibn al-Khattab muslimisch. Das würde bedeuten, dass sie im Jahre 1 AH – der Zeitpunkt ihrer Eheschließung – mindestens 14 Jahre alt war.
- Tabari berichtet, dass Abu Bekr acht Jahre vor der Hidschra, als er wegen der Verfolgung von Muslimen in Mekka nach Äthiopien auswandern wollte, zu Mut`im ging – mit dessen Sohn Aischa damals verlobt war – und ihm ein Heiratsangebot bezüglich dessen Sohn und Aischa überbrachte. Mut`im lehnte ab, da Abu Bakr in der Zwischenzeit zum Islam konvertiert war. Wäre Aischa bei Eheschließung mit Mohammed nur neun Jahre alt gewesen, wäre sie zum Zeitpunkt der Auswanderung Abu Bakrs noch nicht einmal geboren gewesen.[1]
- Tabari schreibt in seiner Abhandlung über islamische Geschichte, dass Abu Bakr vier Kinder hatte und alle in der vor-islamischen Zeit geboren wurden. Das hieße, Aischa kann im Jahre 1 AH nicht unter 14 Jahre alt gewesen sein.[2]
- Laut Ibn Hadjar war Fātima fünf Jahre älter als Aischa. Fātima wurde geboren, als Mohammed 35 war. Mohammad wanderte mit 52 nach Medina aus, was bedeuten würde, dass Aischa bei der Heirat 14 gewesen wäre.[3]
- Laut ‘Abd al-Rahmān ibn abī Zinād war Aischa zehn Jahre jünger als ihre ältere Schwester Asmā'.[4] Ibn Kathîr[5] und praktisch alle anderen historischen Quellen bestätigen das. Ibn Kathīr berichtet außerdem, dass Asmā' den Tod ihres Sohnes im Jahre 73 AH miterlebte und wenige Tage danach selbst starb (die Hadith nennen Zeiträume zwischen fünf und 100 Tagen). Sie starb im Alter von 100 Jahren[6]. Das wird ebenfalls von Ibn Hadjar al-‘Asqalānī bestätigt, der das gleiche Alter und das Jahr 73 oder 74 AH als Todesjahr nennt.[7]. Damit war Asmā' 27 oder 28 Jahre alt im Jahre 622 n. Chr., dem Jahr 1 AH und die 10 Jahre jüngere Aischa entsprechend 17 oder 18. Als Mohammad und Aischa zusammenzogen, war sie also 19 oder sogar 20.
- Aischa ist dafür bekannt, dass sie an der Seite von Mohammed kämpfte. Sowohl in der Schlacht von Badr als auch in der Schlacht von Uhud. Viele Hadīth bestätigen das. Bukhārī schreibt außerdem[8], dass der Prophet 14-Jährigen verbot, an militärischen Auseinandersetzungen teilzunehmen, aber an deren 15. Geburtstag die Erlaubnis gab.
- In einem Hadīth von Bukhārī sagt Aischa: „Ich war ein junges Mädchen (djāriya) als Sura al-Qamar offenbart wurde“[9]. Diese Sura wurde acht Jahre vor der Hidschra verfasst, und wenn Aischa mit neun Jahren geheiratet hätte, wäre sie damals erst ein Baby (sabiyya) gewesen. Das Wort djāriya wird gewöhnlich für sechs bis 13 Jahre alte Mädchen verwendet, was auf ein Alter von 14-21 hindeuten würde.
- Es besteht Übereinkunft darin, dass Aisha bei ihrer Heirat zumindest in der Pubertät war. Mit neun Jahren wäre das sehr unwahrscheinlich. Außerdem wurde Aischa bikr genannt, ein Wort, das für erwachsene Jungfrauen verwendet wird. Und dies bereits, als die Verlobung diskutiert wurde, also drei Jahre vor der Heirat.[10].
- Es gibt keine Koranverse, die die Heirat eines unreifen Kindes erlauben würden. Der Koran hält dazu an, Kinder, die ein Elternteil verloren haben, zu ernähren, zu kleiden, zu erziehen und schließlich zu prüfen, ob sie reif genug sind, „bis sie das Heiratsalter erreicht haben“, ehe er ihnen die Verwaltung finanzieller Dinge anvertraut. Im Licht der obigen Qur'ān-Verse würde kein verantwortungsbewußter Muslim einer Siebenjährigen die Verwaltung finanzieller Dinge anvertrauen, die weder intellektuell noch physisch für die Heirat bereit ist.
[Bearbeiten] Weiteres aus Aischas Leben
Da Aischa selbst keine Kinder bekam, nahm sie, als ihr Bruder Abdar-Rahm starb, seinen Sohn und seine Tochter unter ihre Obhut. Dieser Sohn, Al-Qasim, fand nach dem Tode Aischa für ihr Verhalten die Worte: „Ich habe keine Mutter gesehen, die wohltätiger als sie (Aischa) war.“
Es war für Aischas Stellung im Harem bezeichnend, dass der im Sterben liegende Mohammed sich entschied, seine letzten Tage in ihrer Kammer zu verbringen.[11]
Während der Kalifate ihres Vaters und dessen Nachfolger hatte sich Aischa weitgehend aus der Politik herausgehalten. Erst der wachsenden Rebellion gegen den dritten Kalifen galt ihre Sympathie, und sie unterstützte die Aufrührer. Da sie jedoch genauso gegen ein von Ali geführtes Kalifat war, nutzte sie die Ermordung Uthmans als Mittel gegen Alis Herrschaft. Zusammen mit Talha b. Ubaidallah und Abdallah ibn az-Zubair, zwei ehemaligen Gefährten Mohammeds, befürwortete sie 656 eine Aufruhr gegen den vierten Kalifen, Ali, einen Vetter ihres verstorbenen Mannes. Der Kalif jedoch schlug in der sogenannten „Kamelschlacht“ bei Basra den Aufstand nieder und nahm unter anderem Aischa gefangen. Er begnadigte sie später und befahl sie nach Medina, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahre 678 lebte.[12] Sie soll kurz vor ihrem Tode entschieden haben, neben den anderen Frauen Mohammeds beigesetzt zu werden.
[Bearbeiten] Aischa im Koran
Aischa wird indirekt im Koran an mehrere Stellen erwähnt: Unter anderem gab es einen Vorfall, bei dem sie auf einer Reise nach einer Rast versehentlich von ihrer Karawane zurückgelassen und danach von Beduinen der Unzucht beschuldigt wurde. Der Koran, der nach muslimischen Verständnis nicht von Mohammed, sondern von Gott verfaßt worden ist, erklärt und rechtfertigt jedoch Aischas Verhalten (Sure 24, Verse 11 ff.) und erkennt ihre Unschuld an.
[Bearbeiten] Bedeutung für Muslime
Für die Sunniten gehört sie zu den wichtigsten Persönlichkeiten des Islam. Für sie ist Aischa ein Vorbild an Frömmigkeit, eine Übermittlerin der Hadithen (Aussprüche und beispielhafte Taten des Propheten) und eine Autorität in der Auslegung des Korans. Sie wird – wie auch die anderen Frauen Mohammeds – als Umm al Mu'minin („Mutter der Gläubigen“) bezeichnet.
Von den Schiiten dagegen wird sie aufgrund ihrer Intrigen gegen Ali und gegen Mohammeds Tochter Fatima als eifersüchtig und boshaft verachtet. Sie bezeichnen Aischa als eine Feindin Gottes, von der es sich zu distanzieren gelte und gegen die in aller Öffentlichkeit rituelle Verfluchungen ausgesprochen werden (baraa).
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Tahqīq e umar e Siddīqah e Ka'inat, Habīb ur Rahman Kandhalwi, S. 38
- ↑ Al-Tabarī, Tarīkh al-umam wa al-mulûk, Bd. 4, S. 50
- ↑ Kitāb al-isāba fi tamyīz al-Sahāba, Ibn Hajar al-‘Asqalānī, Bd. 4, S. 377
- ↑ Asmā' (al-Dhahabī, Siyar a´lām an-nubalā', Beirut (Mu'assasat ar-Risāla), 1992, Bd. 2, S. 289.
- ↑ Ibn Kathīr, al-Bidāya wal-nihāya, al-Djīza (Dār al-Fikr al-´Arabī), 1933, Bd. 8, S. 371.
- ↑ Ibn Kathīr, al-Bidāya wal-nihāya, al-Djīza (Dār al-Fikr al-´Arabī), 1933, Bd. 8, S. 372.
- ↑ Ibn Hadjar al-´Asqalānī, Taqrīb al-tahdhīb, Lucknow, o. J., Bāb fī al-nisā'. harf al-alif, S. 654.
- ↑ Kitāb al-maghāzî, Bāb ghazwat al-khandaq wa-hiya l-Ahzāb
- ↑ Sahîh al-Bukhārī, Kitāb at-tafsīr, Bāb qaulihī Ta´ālā "Bali-s-sā´atu mau´iduhum wa-s-sā´atu adhā wa-amarru"
- ↑ Ahmad ibn Hanbal, "Musnad," Kairo 1895 (Neudr. Beirut, Dār Ihyā' at-Turāth al-´Arabī), Bd. 6, S. 210,
- ↑ Aslan, S.130
- ↑ Aslan, S.151
[Bearbeiten] Literatur
- Aslan, Reza 2005, Kein Gott außer Gott - Der Glaube der Muslime von Mohammed bis zur Gegenwart. Verlag C.H.Beck, ISBN 3-406-54487-8
- Claude Cahen, Jean Bollack (Hrsg.): Der Islam I. Vom Ursprung bis zu den Anfängen des Osmanenreiches. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 1991 (Fischer Weltgeschichte, Band 14), ISBN 3-596-60014-6
[Bearbeiten] Weblinks
- Aischas Alter
- Hadith zum Heiratsalter Aischas aus dem Sahih Muslim (deutsch)
- Hadithe zum Heiratsalter aus dem Sahīh des Buchārī: [1], [2], [3] (englisch)
- Hadithe zum Heiratsalter aus dem Sahīh des Muslim ibn al-Haddschādsch: [4], [5], [6] (englisch)
- Der Prophet als Gatte von Arzu Toker
- Erlaubt der Islam Pädophilie?
- Columnist Accused Of Inciting Hatred Of Islam
- Was the prophet Mohammed a paedophile?
- Die junge Ehe der Aischa (PDF-Datei, 22 S. - islamische Streitschrift für die These der Heirat im Alter von 9 Jahren)
Personendaten | |
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NAME | Aischa bint Abi-Bakr |
ALTERNATIVNAMEN | عَائِشَة بِنت أَبِي بَكر |
KURZBESCHREIBUNG | Lieblingsfrau des Propheten Mohammed und Tochter des späteren Kalifen Abu Bakr |
GEBURTSDATUM | unbekannt |
STERBEDATUM | 678 |
STERBEORT | Medina |