Islam
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Der Islam (arabisch: إسلام islām, „Unterwerfung unter oder Hingabe an Gott“; الإسلام al-islām, „der Islam“ ist mit ca. 1,3 Milliarden Anhängern[1] nach dem Christentum (ca. 2,1 Milliarden Anhänger) die zweitgrößte Religion der Welt. Seine Anhänger werden als Muslime, Moslems, Mohammedaner (von Persisch mohammadi) oder wesentlich seltener Muselmanen (Türkisch müslüman) bezeichnet. Das Eigenschaftswort ist islamisch.
Der Islam ist eine monotheistische abrahamitische Religion, die sich streng vom Polytheismus und auch von der kirchlichen Vorstellung von Inkarnation und Dreifaltigkeit abgrenzt. Bestimmendes Element ist die Lehre vom tauhid, der Einheit Gottes.
Der Islam gründet sich auf dem Koran, der für Muslime das unverfälschte Wort Gottes ist. Das arabische Wort für den einen Gott ist Allah.
Zweite Erkenntnisquelle neben dem Koran sind für die meisten Muslime die Worte und Handlungen (Sunna) des Propheten Mohammed, dem Religionsstifter und „Siegel der Propheten“.
Inhaltsverzeichnis |
Die Entstehung des Islam
Siehe den Hauptartikel Geschichte des Islam
Der Religionsstifter Mohammed (محمد, „der Vielgelobte“) wurde um 571 als Sohn eines Händlers aus dem Stamme der Quraisch in Mekka im heutigen Saudi-Arabien geboren. Nach islamischer Überlieferung erschien ihm im Alter von etwa 40 Jahren der Erzengel Gabriel, der ihm die Verse der göttlichen Offenbarung (den Koran) diktierte, deren Verkündigung Mohammed den Rest seines Lebens beschäftigen sollte. Mohammeds Offenbarungen wurden unter der Regierung Uthman ibn Affans, des dritten Kalifen, gesammelt und kanonisiert. Diese Sammlung der Offenbarungen Mohammeds ist es, was man heute unter Koran versteht. Die von Mohammed verkündete Botschaft eines kompromisslosen Monotheismus fand im polytheistischen Mekka jener Zeit wenige Anhänger, und die junge muslimische Gemeinde sah sich unter dem Druck ihrer Gegner gezwungen, Mekka zu verlassen. Die Übersiedlung (hidschra) in das nördlich gelegene Yathrib (Medina) brachte Mohammed mit den dort siedelnden jüdischen Stämmen in Kontakt, die er allerdings nicht von seinem göttlichen Auftrag zu überzeugen vermochte und die später unter seinem Oberbefehl vertrieben (Banu Qainuqa und die Banu Nadir) oder ausgelöscht wurden (Banu Quraiza; die Männer wurden umgebracht, die Frauen und Kinder kamen in die Sklaverei). Ihre Weigerung, ihn als eigenen Propheten anzuerkennen, ließ in Mohammed die Vorstellung reifen, dass Juden und Christen vom rechten Weg des einen Gottes abgewichen waren und ihre Offenbarungen verfälscht seien. Daraus scheint sich für ihn ergeben zu haben, dass er nicht lediglich die Offenbarung der bereits existierenden monotheistischen Religionen fortführte, sondern dass es vielmehr seine Aufgabe sei, den ursprünglichen abrahamitischen Monotheismus wiederzuerrichten. Diesen Beschluss verkündete er anlässlich der Abschiedswallfahrt kurz vor seinem Tode. Der Islam als eigenständige Religion war damit geboren. Sichtbares Zeichen dieses Wandels war es, dass die Gebetsrichtung schon kurze Zeit nach der Hedschra geändert wurde: von Jerusalem, der Stätte des judaeo-christlichen Monotheismus hin nach Mekka, dem Ort der Kaaba, dem "Hause Gottes" (بيت الله). Das Jahr, in dem die Hedschra stattfand, wurde durch Beschluss des zweiten Kalifen Umar ibn al-Chattab als erstes Jahr der islamischen Zeitrechnung festgelegt.
Grundlagen des Islam
Die fünf Säulen
Die Grundsätze des Islam, die fünf Säulen, die zu erfüllen jeder Muslim verpflichtet ist, sind:
- Das Glaubensbekenntnis Schahada (شهادة): Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer (dem einzigen) Gott und Mohammed ist der Gesandte Gottes. (s. o.) Die Schiiten fügen in der Regel noch den Satz hinzu: und Ali ist der Freund Gottes. Gemeint ist hier Ali ibn Abi Talib.
Im Sufismus (islamische Mystik) wird der erste Teil der Schahada auch interpretiert mit: Ich bekenne, dass es nichts außer Gott gibt bzw. Es gibt nichts. Es gibt nur den Einen (die Einheit).
Das Aussprechen der Schahada in ehrlicher Absicht (niya) reicht aus, um Muslim zu werden. Sie ist auch das Erste, was einem Neugeborenen ins Ohr geflüstert wird, und der letzte Gruß an einen Sterbenden.
Es wird zu festgelegten Zeiten verrichtet, zu denen der Muezzin ruft: in der Morgendämmerung, mittags, nachmittags, abends und nach Einbruch der Nacht.
Zuvor erfolgt die rituelle Reinigung (arabisch: wudu'; persisch: âbdast) mit reinem Wasser. Sollte dieses nicht in ausreichender Menge zu Verfügung stehen oder als Trinkreserve benötigt werden, wird symbolisch Sand oder Staub verwendet (tayammum). Das Verkürzen, Zusammenlegen, Vorziehen oder Nachholen von Gebeten ist unter bestimmten Bedingungen gestattet, etwa auf Reisen oder bei Krankheit. Am Freitag wird das Mittagsgebet (Freitagsgebet) in der Gemeinschaft, meist in der Hauptmoschee der Stadt oder des Viertels, verrichtet. Es wird von der Predigt (chutba) begleitet, deren Grundlagen der Koran und die Aussprüche des Propheten sind und die oft auch tagesaktuelle Fragen behandelt.
- Die Almosensteuer Zakāt (زكاة).
Die Erträge werden für Bedürftige, Kranke, Befreiung Gefangener, den Dschihad oder zum Aufbau religiöser Schulen verwendet. Die Höhe variiert je nach Einkunftsart (Handel, Viehzucht, Anbau) zwischen 2,5 – 10 % ebenso wie die Besteuerungsgrundlage (Einkommen oder Gesamtvermögen). Zakat stellt eine der drei nach islamischem Recht erlaubten Steuerformen dar; die anderen beiden sind die Grundsteuer (Charadsch) und die Kopfsteuer (Dschizya), die von Nichtmuslimen in islamischen Gesellschaften als Gegenleistung für ihre Duldung (siehe: Dhimmi) verlangt wird. Die Zakat ist eine fromme Handlung und religiöse Pflicht des Muslims und kann somit nur Muslimen zu Gute kommen.
Im Monat Ramadān, der sich jedes Jahr im Vergleich zum gregorianischen Kalender um 11 Tage verschiebt, wird von Beginn der Morgendämmerung – wenn man einen „weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden“ kann (Sure 2, Vers 187) – bis zum vollendeten Sonnenuntergang gefastet, nichts gegessen, nichts getrunken, nicht geraucht, kein ehelicher Verkehr und Enthaltsamkeit im Verhalten geübt.
Das Fasten wird nicht aus gesundheitlichen Gründen befolgt, sondern um Gottes Befehl während des Tages zu genügen. Insofern ist das oft praktizierte ausgiebige Fastenbrechen bei Nacht zwar nicht unbedingt ideal, verletzt jedoch auch nicht die religiöse Pflicht. Oft bricht man das Fasten mit einer Dattel und einem Glas Milch, wie dies der Prophet getan haben soll. Der Fastenmonat wird mit dem Fest des Fastenbrechens ('Īd al-fitr) beendet.
- Die Pilgerfahrt Haddsch (حج).
Einmal in seinem Leben soll der Muslim die Pilgerfahrt nach Mekka antreten, um dort u. a. die heilige Kaaba siebenmal zu umschreiten. Die Pilgerfahrt findet im letzten Mondmonat statt, und wird dann zur Pflicht für ihn, wenn er dazu in der Lage ist. Entscheidend dafür ob die Pilgerfahrt zur Pflicht wird, sind unter anderem seine finanziellen und gesundheitlichen Lebensumstände. Die Einschränkung der ritualrechtlichten Pflicht der Pilgerfahrt ist in Sure 3, Vers 97 begründet:
„...und die Menschen sind Gott gegenüber verpflichtet, die Wallfahrt nach dem Haus (d. i. die Kaaba von Mekka) zu machen – soweit sie dazu eine Möglichkeit finden.“
Die Interpretation des hier verwendeten Ausdruckes „Möglichkeit finden“ erfolgt in einem Prophetenspruch (Hadith), dessen Isnad allerdings als „schwach“ eingestuft ist. Demnach ist der Besitz von Reiseproviant und Reittier (arabisch: al-zâd wa-'l-râhila) die Grundvoraussetzung für die Erfüllung dieser rituellen Pflicht.
Glaubensgrundsätze
Im Islam gibt es sechs Glaubensartikel, nämlich den Glauben an:
- den einzigen Gott (arab. Allah)
- seine Engel
- seine Offenbarung (heilige Bücher: Thora, die Evangelien (jedoch halten Muslime die Version der Bibel an die Christen, für verfälscht, da die Protestanten die Bibel erneuert haben.), den Koran etc.)
- seine Gesandten, die Propheten Gottes: darunter Adam, Abraham, Moses, Jesus und zuletzt Mohammed
- den Tag des jüngsten Gerichts und das Leben nach dem Tod: Der Mensch werde eines Tages für seine Taten zur Verantwortung gezogen und mit dem Höllenfeuer bestraft bzw. mit dem Paradies belohnt
- die göttliche Vorsehung.
Erwähnt werden diese Glaubensartikel sowohl im Koran (z. B. Sure 4, Vers 136):
„Ihr Gläubigen! Glaubt an Gott und seinen Gesandten und die Schrift, die er auf seinen Gesandten herabgeschickt hat, und an die Schrift, die er schon (früher) herabgeschickt hat! Wer an Gott, seine Engel, seine Schriften, seine Gesandten und den jüngsten Tag nicht glaubt, ist (damit vom rechten Weg) weit abgeirrt.“
Auch in Hadithen, wie folgendem Ausspruch des Propheten, heißt es:
„Der Glaube besteht darin, dass du an Gott glaubst und an seine Engel, an seine Bücher, an seine Propheten und an den Jüngsten Tag, sowie an die göttliche Vorsehung des Guten und des Bösen.“
Der Islam ist eine ausgeprägt monotheistische Religion. Die christliche Vorstellung der Dreifaltigkeit wird ausdrücklich als polytheistisch abgelehnt, ebenso jede Personifizierung oder gar bildliche Darstellung Gottes. Gott wird durch seine „99 schönsten Namen“ (al-asmāʾu ʾl-ḥusnā) beschrieben, die nur ihm alleine zustehen. Die Menschen können über Gott nur wissen, was er ihnen selbst in seiner Gnade offenbart hat. Die Definition der Attribute Gottes anhand der Koranauslegung führte im sunnitischen Islam zur Zeit der Abbasiden vor allem in den Lehren der Mu'tazila und ihrer Gegner zu heftigen Auseinandersetzungen.
Neben der Eigenverantwortung steht die Verantwortung für andere: Jeder Muslim ist verpflichtet, zu „gebieten, was recht ist“ und zu „verbieten, was verwerflich ist: Al-amr bi'l ma'ruf wa n-nahy 'an al-munkar الأمر بالمعروف والنهي عن المنكر) (mehrfach im Koran, z. B. in Sure 7, Vers 157).
Die Scharia
Die Scharia (الشريعة, DMG Šarīʿa) kommt im Koran als solche überhaupt nicht vor. Das alltägliche Leben erforderte allerdings Klärungen darüber, was als islamisch anzusehen sei und was nicht. Dies geschah durch Fatwas (religiöse Gutachten, Lehrentscheidung), die von Religionsgelehrten (Muftis) aufgrund der Interpretation von Koran und Sunna getroffen wurden.
Es gibt Fatwas aus allen Bereichen des Lebens, woraus sich das islamische Recht entwickelte. Ehe-, Kauf-, Vertrags- und Strafrecht, sowie die Beziehungen zu der nichtmuslimischen Welt (Siehe Fremden- und Kriegsrecht, Siyar) wird geregelt. Die Scharia darf aber nicht als kodifiziertes Recht verstanden werden, obwohl es auch Bemühungen zur Kodifizierungen gab. Wann immer deshalb von der „Einführung der Scharia“ als Rechtssystem gesprochen wird, handelt es sich nur um Teile der Scharia. (siehe Umsetzung der Scharia)
Dies kann auch nicht anders sein, denn ein Großteil der Scharia befasst sich mit der religiösen Pflichtenlehre. Die Gebetsrichtung nach Mekka sowie fünf Pflichtgebete können Nichtmuslimen schlechterdings gesetzlich vorgeschrieben werden. Die Scharia, auf Koran und Hadith basierend, ist nach ihrem Selbstverständnis nur für Muslime gültig. Deshalb hat die islamische Rechtsprechung ein besonderes Fremdenrecht und Recht für Minderheiten entwickelt. Am differenziertesten war wohl das osmanische Millet-System, welches weitgehende Autonomie für anerkannte Religionsgemeinschaften vorsah.
Ein Großteil der Scharia kann als eine Art islamischer Katechismus aufgefasst werden, der das Verhalten des Einzelnen sowohl zu Gott als auch zu seinen Mitmenschen regelt und moralisch bewertet. Die klassische Scharia unterteilt sich in eine schiitische und vier sunnitische Rechtsschulen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie im Umfeld von mehrheitlich islamischen Gesellschaften entstanden. Die Diasporasituation von Muslimen fehlt in den klassischen Rechtsschulen und wird erst durch neuere Fatwas zunehmend berücksichtigt. Da es unter islamischen Rechtsgelehrten keinen allgemeinen Konsens gibt ist es nicht möglich von „der Scharia“ zu sprechen, da es keine einheitliche Scharia gibt. Kritik muss deshalb immer an konkreten Fatwas geübt werden.
Im Sufismus (islamische Mystik) hat die Scharia den Stellenwert der Basis für den Weg des Gottessuchenden. Weitere Stationen sind in der Reihenfolge: Tariqa („der mystische Weg“), Haqiqa („Wahrheit“) und Ma'rifa („Erkenntnis“).
Richtungen
Sunniten
Der Islam ist in mehrere Richtungen gespalten. Die Sunniten bilden mit etwa 90 % die zahlenmäßig größte Gruppierung. Sie unterteilen sich wiederum in die sunnitischen Rechtsschulen der Hanafiten, Malikiten, Hanbaliten und Schafiiten. Die Wahhabiten genannte Richtung des Sunnitischen Islam ist keine Rechtsschule, aber stark an der der Hanbaliten angelehnt.
Die Rechtsschulen sind häufig geographisch verteilt (z. B. Hanafiten in der Türkei, Malikiten in Nordafrika).
Die Unterschiede zur zweitgrößten Glaubensrichtung, deren Anhänger als Schiiten bezeichnet werden, liegen in der Überzeugung, auf welche Grundlage sich die Herrschaft des obersten Führers (Kalif bei den Sunniten, Imam bei den Schiiten) gründet. Für die Sunniten ist der Kalif ein Führer, der von seinen Anhängern aufgrund seiner weltlichen, administrativen Fähigkeiten gewählt wird. Für die Schiiten kann der Imam hingegen nur ein rechtmäßiger Nachfolger Mohammeds sein und gleichzeitig auch Nachfolger Alis (des Schwiegersohns Mohammeds). Während der Kalif also nur ein weltlicher Verteidiger der Religionsgemeinschaft ist, stellt der Imam im Glauben der Schiiten ein unfehlbares und vollkommenes geistliches und mit diviner Macht ausgestattetes Oberhaupt dar. Ihm wird übrigens auch die Sündenlosigkeit zugesprochen.
Schiiten
Die Schiiten sind die zweite große Richtung. Deren Hauptrichtung sind die so genannten Imamiten oder Zwölferschia, die vor allem im Iran, Irak, Aserbaidschan, Bahrain und dem Libanon weit verbreitet sind. Weiter gibt es die Anhänger der Siebenerschia (Ismailiten), die überwiegend auf dem indischen Subkontinent (Mumbai, Karatschi und Nordpakistan) sowie in Afghanistan und Tadschikistan leben. Die Zaiditen oder Fünferschia finden sich heute nur noch im Jemen.
Charidschiten
Die Charidschiten, die sogenannten „Auszügler“, die die Partei des vierten Kalifen Ali ibn Abi Talib verlassen haben sind die Anhänger der ältesten religiösen Sekte im Islam des 7. Jahrhunderts. Sie lehnten sowohl die Legitimation von Ali als auch von Uthman ibn Affan als Kalifen ab. Ihre Bewegung ist unter den ersten Kalifen der Abbasiden bereits erloschen. Ihr Hauptzweig ist heute die kleinste Richtung des Islams, die Ibaditen. Sie leben vor allem in Südalgerien (Mzab), auf der tunesischen Insel Djerba und in Oman.
Sufismus
Wie fast alle Religionen bzw. religiöse Richtungen besitzt auch der Islam einen inneren (esoterischen) und einen äußeren (exoterischen) Aspekt. Die mystische innere Dimension des Islam ist der Sufismus (تصوف tasawwuf). Der innere Aspekt wird auch Tariqa, der äußere Schari'a genannt. Nach Auffassung der Sufis gehören diese beiden Aspekte untrennbar zusammen, als Beispiel dient das Symbol einer Öllampe: Die Flamme der Lampe steht für Tariqa, also für die Essenz der Religion, die ohne das schützende Glas beim ersten Windhauch erlöschen würde. Das Glas, also die Hülle, steht für Schari'a, aber ohne eine Flamme hätte das Glas alleine als Lampe keinen Sinn.
Von puritanischen Gruppen wie den Wahhabiten werden die Sufis oft als Ketzer bezeichnet und deswegen abgelehnt oder sogar verfolgt. Kritisiert werden u.a. religiöse Praktiken wie der Dhikr, der oft mit Musik und Körperbewegungen (nicht als "Tanz" anzusehen) einhergeht, der Wunsch der Sufis, bereits im Diesseits eine Vereinigung mit Gott zu erfahren und die Tatsache, dass man zum Beschreiten des Sufi-Pfades unbedingt einen lebenden spirituellen Meister (Sheikh) benötigt. Letzteres wird von orthodoxer Seite her abgelehnt, weil im Islam kein Mittler zwischen dem Menschen und Gott stehen darf. Die Sufis selbst sehen den Sheikh jedoch nicht als Mittler, sondern als jemanden, der die Schwierigkeiten auf dem Weg zu Gott bereits kennt und sein Wissen an andere weitergeben kann.
Weitere Gruppen
Weitere Gruppen sind die Aleviten und die Ahmadiyya. Aus dem schiitischen Islam haben sich auch die eigenständigen Religionen der Drusen, des Babismus und die Religion der Bahai entwickelt.
Gegenwart
Heute ist der Islam in vielen Ländern des Nahen Ostens, Nordafrikas, Zentral- und Südostasiens verbreitet. Hauptverbreitungsgebiet ist dabei der Trockengürtel, der sich von der Sahara im Westen über den Nahen Osten und den Kaukasus bis nach Zentralasien im Osten zieht. Das bevölkerungsreichste muslimische Land ist Indonesien. Muslimisch geprägte Länder in Europa sind Bosnien und Herzegowina, der europäische Teil der Türkei und Albanien. Viele weitere Länder haben muslimische Minderheiten. Die Anhängerzahl des Islam wird auf 1,3 Milliarden[2] geschätzt.
Islamische Konferenz
Die islamischen Länder sind in der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) organisiert, der auch einige Staaten mit größeren muslimischen Minderheiten angehören.
Umsetzung der Scharia
Seit der Kairoer Deklaration 1990 soll die Scharia wieder Basis der Gesetzgebung in allen islamischen Ländern sein. Die praktische Umsetzung ist jedoch sehr unterschiedlich. In Tunesien beschränkt sich die Umsetzung nur auf das Zivilrecht, in Saudi-Arabien und Sudan hingegen kommt sie vollständig zur Geltung.
In der Türkei, Ägypten, Albanien, Jordanien, Indonesien oder Algerien wird die Scharia in der Rechtsprechung überhaupt nicht praktiziert. Allerdings sieht die soziale Realität in Teilen der Gesellschaft anders aus. So existiert z. B. die offiziell nicht anerkannte islamische Ehe zumindest in ländlichen Gebieten und Polygynie wird praktiziert. In manchen Staaten gibt es neben einer auf der Scharia basierten Rechtsprechung für Muslime auch eine säkulare Rechtsprechung für Nichtmuslime (z. B. in Nigeria).
Besonders drakonische Strafen (Amputation, Steinigung), die oft international kritisiert werden, finden in relativ wenigen islamischen Ländern Anwendung (Saudi-Arabien, Sudan, Iran) und werden auch innerhalb des Islams teilweise kritisiert, weil dabei meist die in der Scharia vorgeschriebenen strengen Schutzbedingungen für Angeklagte außer Acht gelassen werden, so zum Beispiel die Pflicht, mindestens vier erwachsene männliche Muslime als Zeugen vorzuführen, welche die Tat selbst mit eigenen Augen gesehen haben.
Hier gibt es allerdings eine Grauzone, z. B. bei so genannten „Ehrendelikten“ (wie beispielsweise Tötungen wegen Ehebruchs). Selbst in der laizistischen Türkei konnte bis vor kurzem noch bei solchen Delikten mit mildernden Umständen für die moslemischen Täter gerechnet werden. Erst 2004, im Zuge der Annäherung an die Europäische Union wurde ein Gesetz durch das Parlament beschlossen, das den so genannten Ehrenmord an Mädchen und Frauen wie vorsätzlichen Mord mit lebenslanger Haftstrafe ahndet.
Ein Bereich der Scharia, der wohl nur noch in Sudan und in Mauretanien existiert, ist die Sklaverei (siehe Sklaverei in Sudan und Sklaverei in Mauretanien).
Die Heiligen Stätten des Islam
Im Islam gilt eine Vielzahl von Städten als heilig, wobei dreien eine besondere Bedeutung zukommt: Die Stadt Mekka gilt als heiligster Ort für die Muslime. Sie ist Geburtsort des Propheten Mohammed, mit der Kaaba als zentralem Heiligtum des Islam, das die Gebetsrichtung (Qibla) bestimmt. Darauf folgt mit Medina, nördlich von Mekka gelegen, der Ort, an dem der Islam erste politische Wirkungskraft entfaltete. Der drittheiligste Ort ist für Muslime Jerusalem, das nach muslimischer Überlieferung die erste Qibla-Richtung vorgab und der Ort ist, den die Muslime als geographische Position der im Koran (Sure 17, „Die nächtliche Reise“) erwähnten al-Aqsa-Moschee definiert haben.
Daneben gibt es eine große Zahl an Wallfahrtsorten unterschiedlicher Bedeutung. Meist handelt es sich dabei um Grabstätten, etwa von Gefährten Mohammeds, der Imame der Schia oder von Sufi-Scheichs. Führend in der Zahl heiliger Orte ist vermutlich der nordafrikanische Volksislam mit unzähligen Grabstätten von Marabuts. Abgesehen von den ersten drei heiligen Stätten ist der Status der „heiligen“ Städte – wie die Heiligenverehrung selbst – im Islam ein äußerst kontroverses Thema. Für Schiiten stellen außerdem die Städte Kerbela und Kufa heilige Orte dar, zu denen jedes Jahr gepilgert wird.
Jerusalem stellt in der Liste der heiligen Städte insofern einen Sonderfall dar, als sich der aus dem Koran hergeleitete Anspruch historisch nicht belegen lässt. Trotzdem ist er für Muslime einhellig eine Glaubenswahrheit, was ihn in der praktischen Auswirkung einer „historischen Wahrheit“ gleichstellt.
Der Islam und andere Religionen
Der Islam unterscheidet bei seiner Betrachtung Andersgläubiger zwischen monotheistischen und polytheistischen Religionen. Juden, Christen und Mandäer haben eine Sonderstellung als "Buchreligionen" (ahl al-kitab); ihnen wurde nach muslimischer Auffassung ebenfalls das Wort Gottes in Form des Evangeliums und der Tora offenbart, sie hätten es jedoch falsch interpretiert und (absichtlich) verfälscht.
In einem islamischen Staat erhielten sie den geduldeten, aber diskriminierten Dhimmi-Status, d.h. sie mussten eine Kopfsteuer entrichten, die höher ist als die von Muslimen zu zahlende Almosensteuer und die unter Demutsbezeugung zu entrichten war. Zugang zum Militär war ihnen verwehrt, dadurch waren sie aber auch vom für Muslime gezwungenen Kriegsdienst in Kriegsfällen ausgenommen. Für bestehende Gotteshäuser galt Bestandsschutz; in ihnen ist die Religionsausübung frei, solange Muslime nicht gestört wurden.
Trotz der Aussage, dass es „keinen Zwang im Glauben“ gebe (Koran 2, 256), wurden nach der Scharia Polytheisten nicht geduldet, siehe dazu auch Glaubensfreiheit. Die Terminologie „Gebiet des Islam“ (Dar al-Islam), in dem der Islam schon herrscht, und „Gebiet des Krieges“ (Dar al-Harb), wurde vermutlich zuerst von den Charidschiten verwendet, und hat sich erst relativ spät nur bei den Hanafiten etabliert. Zu diesem Thema gibt es große Differenzen zwischen den Gelehrtenschulen. Die Begriffe sind jedoch weder in der Sunna noch im Koran auffindbar.
Dem Islam ist ein gewisses Konfliktpotential mit anderen Religionen inhärent, da in seinem diesseitigen Streben nach einer gerechten sozialen und politischen Weltordnung, nur Gläubige und Dhimmis akzeptabel sind. Im 14. Jahrhundert schrieb der Historiker und Philosoph Abdel Rahman ibn Khaldun: "In der muslimischen Gemeinschaft ist der Dschihad religiöse Pflicht wegen der Universalität der islamischen Mission und der Verpflichtung, jeden zum Islam zu bekehren, entweder durch Überzeugung oder durch Gewalt."
Siehe auch
- Fiqh
- Frau im Islam
- Islam in Europa, Euroislam
- Islamische Kunst, Islamische Musik
- Islamismus
- Islamkritik
- Liste islamischer Begriffe auf Arabisch
- Satanische Verse
- Tag der offenen Moschee
Literatur
Übersetzungen und Literatur zum Koran und den Hadithen finden sich in den entsprechenden Artikeln und werden deshalb hier nicht aufgeführt.
Grundwissen
- Elger, Ralf. Islam. Frankfurt: Fischer, 2002. ISBN 3-59615-368-9
- Elger, Ralf, Hg. Kleines Islam-Lexikon. München: Beck, 2001. ISBN 3-40647-556-6
- Endreß, Gerhard. Der Islam: Eine Einführung in seine Geschichte. München: Beck, 1997. ISBN 3406428843
- Esposito, John L. Von Kopftuch bis Scharia: Was man über den Islam wissen sollte. Leipzig: Reclam, 2004. ISBN 3-37920-105-7
- Hartmann, Richard. Die Religion des Islam. Berlin, 1944 (ND 1992, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt). ISBN 3-53480-132-6
- Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, Hg. Was jeder vom Islam wissen muss. 5. Aufl. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1996 (GTB 786). ISBN 3-57900-786-6
- Khoury, Adel Th. Der Islam. 6. Aufl. Freiburg: Herder, 2001. ISBN 3451052466
- Ruthven, Malise. Der Islam: Eine kurze Einführung. Stuttgart: Reclam, 2000. ISBN 3-15018-057-0
- Schaefer, Udo. Glaubenswelt Islam: Eine Einführung. Hildesheim: Olms, 2002 (Religionswissenschaftliche Texte und Studien, Bd. 7). ISBN 3-48710-159-9
- Schimmel, Annemarie. Die Religion des Islam: Eine Einführung. Stuttgart: Reclam, 1990. ISBN 3-15008-639-6
- Strobl, Anna, und Vogel, Walter. Islam - die CD-ROM. Graz: Schnider, 1999. ISBN 3-90099-395-5
- Watt, Montgomery W. Der Islam. 3 Bde. Stuttgart: Kohlhammer, 1980-1990. (Bd. 2: ISBN 3-17005-707-3)
Geschichte
- Halm, Heinz, Haarmann, Ulrich und Gronke, Monika, Hgg. Geschichte der arabischen Welt. München: Beck, 2001. ISBN 3-40647-486-1
- Halm, Heinz. Der Islam: Geschichte und Gegenwart. München: Beck, 2004. ISBN 3-40651-917-2
- Kettermann, Günter. Atlas zur Geschichte des Islam. Darmstadt, 2001. ISBN 3-53414-118-0
- Küng, Hans. Der Islam: Geschichte, Gegenwart, Zukunft. München/Zürich, 2004. ISBN 3-49204-647-9
- Nagel, Tilman. Geschichte der islamischen Theologie. München: Beck, 1994. ISBN 3-40637-981-8
- Noth, Albrecht, und Paul, Jürgen, Hgg. Der islamische Orient: Grundzüge seiner Geschichte. Würzburg: Ergon, 1998. ISBN 3-93200-456-6
- Rebiai, Marcel. Islam, Israel und die Gemeinde. Schleife, 2004. ISBN 3-90782-742-2
- van Ess, Josef. Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert der Hidschra. 6 Bde. Berlin: Springer, 1991-1995, ISBN 3-11012-212-X
Verhältnis zum Westen und aktuelle Probleme
- Gopal, Jaya. Gabriels Einflüsterungen - Eine historisch-kritische Bestandsaufnahme des Islam. 2. erw. Aufl. Freiburg: AHRIMAN-Verlag, 2006. ISBN 3-89484-601-1
- Diner, Dan. Versiegelte Zeit: Über den Stillstand in der islamischen Welt. Propyläen Verlag. ISBN 3-54907-244-9
- Ende, Werner, und Steinbach, Udo, Hg. Der Islam in der Gegenwart. München: Beck, 2005. ISBN 3-40609-740-5
- Gabriel, Mark A. Islam und Terrorismus. Lake Mary/Florida: Resch, 2004. ISBN 3-93519-739-X
- Huntington, Samuel P. Kampf der Kulturen. Goldmann, 2002. ISBN 3-44215-190-2
- Kermani, Navid. Dynamit des Geistes: Martyrium, Islam und Nihilismus. ISBN 3-89244-622-9
- Kermani, Navid. Strategie der Eskalation: Der Nahe Osten und die Politik des Westens. ISBN 3-89244-966-X
- Khoury, Adel. Th. Der Islam und die westliche Welt. Primus. ISBN 3-89678-437-4
- Ye'or, Bat. Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam. Gräfelfing: Resch, 2002. ISBN 3-93519-719-5
Quellen
- ↑ Stand 2006 (Bevölkerung), Stand 2004 (Prozentangabe für Religionszugehörigkeit), Schätzungen des CIA World Factbook
- ↑ Stand 2006 (Bevölkerung), Stand 2004 (Prozentangabe für Religionszugehörigkeit), Schätzungen des CIA World Factbook
Weblinks
Allgemeines
- Darstellung des Islam durch den Zentralrat der Muslime in Deutschland
- Eintrag in Religion in Geschichte und Gegenwart (4. Aufl.) (pdf)
- „Der Islam“ von der Bundeszentrale für politische Bildung
- Islam in Western Europe - Linkliste (Englisch)
- FAZ-Artikel vom 19. September 2006 über den Islamgelehrten Jussuf al Qardawi und seine einflussreiche Webseite IslamOnline.net
- Interview zur gegenwärtigen Situation des Islam mit dem Schriftsteller Abdelwahab Meddeb in der "Zeit" vom 21. September 2006
- Islamische Calvinisten: Wandel und Konservatismus in Zentralanatolien (Bericht der Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI)
- ZDF Spezial zum Islam
- Die Zeit Dosier zum Thema Zukunft des Islam
- Islamarchiv
- Islaminstitut der Deutschen Evangelischen Allianz - Eine evangelikale Sicht auf den Islam
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