Anschlag auf die „Mosel“
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Der Anschlag auf die „Mosel“ war der schwerste Anschlag auf deutschem Boden aller Zeiten. Er fand am 11. Dezember 1875 in Bremerhaven statt.
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[Bearbeiten] Hergang
Das Dampfschiff „Mosel“ war ein Auswandererschiff aus Bremerhaven. Am 11. Dezember 1875 sollte sie wieder zu einer Überfahrt nach New York ablegen. Die Passagiere kamen vorwiegend aus Süddeutschland und waren mit dem Zug angereist. Neben der „Mosel“ am Kai lag die „Simson“.
Die Passagiere gingen langsam an Bord und das Gepäck wurde verladen. Schließlich standen nur noch ein paar große Kisten auf dem Pier. Als die Träger eine von ihnen auf das Schiff hieven wollten, rutschte sie ihnen aus der Hand, schlug auf dem Boden auf und explodierte in einer gewaltigen Feuersäule, deren Druckwelle alles auf der Kaje und den beiden Schiffen zum Umstürzen brachte. Metall - und Holzsplitter flogen durch die Luft und im Bug der „Mosel“ klaffte ein breites Loch.
"Eine pilzförmige Rauchsäule von annähernd 200 Metern Höhe stieg über den Hafen. Überall lagen schreiende und wimmernde Menschen neben Trümmern. Die ganze Pier war mit Ruß bedeckt. Es war wie der Vorhof zur Hölle". So berichtete ein Matrose, der auf einem anderen Schiff die Szenerie beobachtete.
[Bearbeiten] Der Täter
Minuten nach der Detonation fiel ein Schuss und die Polizisten, die dabei waren das Schiff zu räumen, fanden die entsprechende Kabine - es war eine der 1. Klasse. Auf dem Bett lag ein blutüberströmter Mann, der Engländer William King Thomas. Die Vermutung, der Selbstmordversuch hänge mit dem Attentat zusammen, bestätigte sich kurz darauf: Thomas gestand die Tat am 16. Dezember 1875.
William King Thomas hieß eigentlich Alexander Keith und kam aus Halifax, Nova Scotia, Kanada. Er betätigte sich während des amerikanischen Bürgerkriegs nach seinen Angaben als Blockadebrecher und geriet schon einmal in den Verdacht, einen Sprengstoff-Anschlag verübt zu haben. 1864 verließ er seine Heimatstadt fluchtartig, da er Geld veruntreut hatte. Er lebte für kurze Zeit in Wien, Linz und Leipzig und zog schließlich nach Dresden[1], wo er heiratete und Vater von vier Kindern wurde.
Schon bald hatte Thomas Geldprobleme und wollte diese durch Versicherungsbetrug lösen. 1873 gab er bei dem Turmuhrmacher J. J. Fuchs aus Bernburg (Saale) eine Uhr in Auftrag, die 10 Tage lautlos laufen und dann einen Schlag ausführen sollte. Nach der Fertigstellung im Jahre 1875 kombinierte er diese dann mit dem Sprengstoff Lithofracteur, den er zuvor in der Kölner Sprengstofffabrik der Gebrüder Krebs gekauft hatte, und tarnte die Bombe als harmlose Fracht. Den Sprengsatz und das restliche – völlig wertlose – Gepäck wollte er mit hohen Versicherungssummen verschiffen.
Sein erster Versuch schlug fehl, weil die Bombe nicht detonierte. Bei einem weiteren Schiff wollte der Zahlmeister die Fracht nicht an Bord nehmen, ohne sie gesehen zu haben.[1]
Auf der „Mosel“ klappte jedoch alles: Sein Plan sah vor, in Southampton von Bord zu gehen, nachdem er das Uhrwerk eingestellt hatte. Dann sollte die „Mosel“ während der Überfahrt über den Atlantischen Ozean explodieren und mit den etwa 400 Personen an Bord untergehen. Bald darauf wollte er dann in England die hohen Versicherungsgelder kassieren.
Nach dem Scheitern seines Planes fügte er sich mit seiner Pistole schwerste Kopfverletzungen zu, an denen er etwa neun Tage später in einem Bremerhavener Krankenhaus starb.
[Bearbeiten] Die Opfer
Zwar wurde der Anschlag durch einen Zufall knapp vereitelt, aber trotzdem starben 83 Personen durch die Detonation der Bombe. Etwa 200 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt und verstümmelt. Die Toten hinterließen 56 Witwen und 135 Waisen.
Die 41 Bremerhavener Opfer wurden am 14. Dezember 1875 auf dem Friedhof Wulsdorf bestattet.
[Bearbeiten] Quellen
- Regina Bruss (Hg.): Bremen / Bremerhaven Geschichte + Geschichten, 1. Auflage; Verlag Eilers + Schünemann Bremen (1980)
- Cord Christian Troebst: Die Thomas - Katastrophe. In: mare - Die Zeitschrift der Meere No. 57, August / September 2006, dreiviertel verlag, S.26ff ISSN 1432-928X