Arbeitstag (Marxismus)
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Der Arbeitstag wird im Marxismus in zwei zeitlich definierte Abschnitte unterschieden, in die Notwendige Arbeitszeit und die Mehrarbeitszeit. Der gesellschaftlich notwendige Teil des Arbeitstages des Lohnarbeiters wird wie jede Ware im kapitalistischen Produktionsprozess, durch die zu ihrer Produktion nötigen Arbeitszeit bestimmt (Vgl. Tauschwert/Arbeitswertlehre). Wenn die Produktion der notwendigen täglichen Lebensmittel des Arbeiters angenommen sechs Stunden Arbeit beträgt, so muss der Arbeiter sechs Stunden im Produktionsprozess arbeiten, um den Wert seiner veräusserten Arbeitskraft zu reproduzieren (Vgl. Abstrakte Arbeit). Die darüber hinausgehende Mehrarbeitszeit ist die für den Kapitalisten Mehrwert schaffende Arbeit, aus der er seinen Profit schöpft (Vgl. Akkumulation), gleichwohl als die Ausbeutung des Arbeiters zu verstehen.
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[Bearbeiten] Übersicht
[Bearbeiten] Länge des Arbeitstages
Der Arbeitstag ist eine variable Größe: Die notwendige Arbeit (a______b) ist "bestimmt durch die zur beständigen Reproduktion des Arbeiters selbst erheischte Arbeitszeit" [1], die Länge der Mehrarbeit (b___c) ist der zweite Teil des Arbeitstages. Setzt man die Mehrarbeit gleich null (a______b), wird die "Minimalschranke" des Arbeitstages definiert, diese wird aber innerhalb einer kapitalistischen Produktionsweise nicht erreicht, da die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit hier immer nur ein Bestandteil neben der Mehrwert schaffenden Arbeitszeit ist. Die Maximalschranke des Arbeitstages ist doppelt bestimmt: Einerseits durch eine physische Schranke, jeder Mensch muss auch seine körperlichen Bedürfnisse befriedigen, wie zu schlafen, sich zu ernähren, reinigen und kleiden, usw... . Andererseits üben "moralische Schranken" ebenso Einfluss, der Arbeiter hat "geistige und soziale Bedürfnisse, deren Umfang und Zahl durch den allgemeinen Kulturzustand [Anm. einer Gesellschaft] bestimmt sind",[1] die in einem gewissen Ausmaß auf die Länge der Arbeitszeit wirken.
"Die Variation des Arbeitstages bewegt sich daher innerhalb physischer und sozialer Schranken."[1] Marx macht in unterschiedlichen Gesellschaften unterschiedliche Arbeitstage von 8-18 Stunden fest.
[Bearbeiten] Politisch-Ökonomische Kritik
Ausgehend von dem Gesetz des unter seinen Mitgliedern freien, gleichen Warenaustauschs in kapitalistischen Gesellschaftsformationen formuliert Marx seine Kritik in Form einer freien Rede eines Arbeiters an einen Kapitalisten:
„Die Ware, die ich dir verkauft habe [Anm. die Arbeitskraft], unterscheidet sich von dem andren Warenpöbel dadurch, daß ihr Gebrauch Wert schafft und größren Wert als sie selbst kostet. Dies war der Grund, warum du sie kauftest. Was auf deiner Seite als Verwertung von Kapital erscheint, ist auf meiner Seite überschüssige Verausgabung von Arbeitskraft. Du und ich kennen auf dem Marktplatz nur ein Gesetz, das des Warenaustausches. Und der Konsum der Ware gehört nicht dem Verkäufer, der sie veräußert, sondern dem Käufer, der sie erwirbt. Dir gehört daher der Gebrauch meiner täglichen Arbeitskraft. Aber vermittelst ihres täglichen Verkaufspreises muß ich sie täglich reproduzieren und daher von neuem verkaufen können. Abgesehn von dem natürlichen Verschleiß durch Alter usw., muß ich fähig sein, morgen mit demselben Normalzustand von Kraft, Gesundheit und Frische zu arbeiten, wie heute. Du predigst mir beständig das Evangelium der "Sparsamkeit" und "Enthaltung". Nun gut! Ich will wie ein vernünftiger, sparsamer Wirt mein einziges Vermögen, die Arbeitskraft, haushalten und mich jeder tollen Verschwendung derselben enthalten. Ich will täglich nur soviel von ihr flüssig machen, in Bewegung, in Arbeit umsetzen, als sich mit ihrer Normaldauer und gesunden Entwicklung verträgt. Durch maßlose Verlängrung des Arbeitstags kannst du in einem Tage ein größres Quantum meiner Arbeitskraft flüssig machen, als ich in drei Tagen ersetzen kann. Was du so an Arbeit gewinnst, verliere ich an Arbeitssubstanz. Die Benutzung meiner Arbeitskraft und die Beraubung derselben sind ganz verschiedne Dinge. Wenn die Durchschnittsperiode, die ein Durchschnittsarbeiter bei vernünftigem Arbeitsmaß leben kann, 30 Jahre beträgt [Anm. was den "Gesamtwert" der Arbeitskraft darstellt], (...) du sie aber in 10 Jahren [konsumierst], so zahlst du mir täglich (...) nur 1/3 ihres Tageswerts, und stiehlst mir daher täglich 2/3 des Werts meiner Ware. Du zahlst mir eintägige Arbeitskraft, wo du dreitägige verbrauchst. Das ist wider unsren Vertrag und das Gesetz des Warenaustausches. Ich verlange also einen Arbeitstag von normaler Länge, und ich verlange ihn ohne Appell an dein Herz, denn in Geldsachen hört die Gemütlichkeit auf. Du magst ein Musterbürger sein, vielleicht Mitglied des Vereins zur Abschaffung der Tierquälerei und obendrein im Geruch der Heiligkeit stehn, aber dem Ding, das du mir gegenüber repräsentierst, schlägt kein Herz in seiner Brust. Was darin zu pochen scheint, ist mein eigner Herzschlag. Ich verlange den Normalarbeitstag, weil ich den Wert meiner Ware verlange, wie jeder andre Verkäufer.“
– Karl Marx: Das Kapital, Band 1, Kapital 8: Der Arbeitstag, 1. Die Grenzen des Arbeitstags
Marx argumentiert, dass innerhalb der Gesetzes des Warenaustauschs gleiche Rechte aufeinandertreffen, das Recht des Kapitalisten Waren zu ihren Tauschwert zu erstehen, und das Recht des Arbeiters den Wert seiner Ware (der Arbeit) einzufordern. Marx merkt hierzu an: "Zwischen gleichen Rechten entscheidet die Gewalt. Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar - ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse." [1]
[Bearbeiten] Auszug aus "Das Kapital"
- "Nehmen wir an, die Linie a______b stelle die Dauer oder Länge der notwendigen Arbeitszeit vor, sage 6 Stunden. Je nachdem die Arbeit über a b um 1, 3 oder 6 Stunden usw. verlängert wird, erhalten wir die 3 verschiednen Linien:
- Arbeitstag I → a______b_c,
- Arbeitstag II → a______b___c,
- Arbeitstag III → a______b______c,
- die drei verschiedne Arbeitstage von 7, 9 und 12 Stunden vorstellen. Die Verlängrungslinie b c stellt die Länge der Mehrarbeit vor. Da der Arbeitstag = a b + b c oder a c ist, variiert er mit der variablen Größe b c. Da a b gegeben ist, kann das Verhältnis von b c zu a b stets gemessen werden. Er beträgt in Arbeitstag I 1/6, in Arbeitstag II 3/6 und in Arbeitstag III 6/6 von a b. Da ferner die Proportion (Mehrarbeitszeit)/(Notwendige Arbeitszeit) die Rate des Mehrwerts bestimmt, ist letztre gegeben durch jenes Verhältnis. Sie beträgt in den drei verschiednen Arbeitstagen respektive 162/3, 50 und 100%."
- Karl Marx: Das Kapital, Band 1, Kapital 8: Der Arbeitstag, 1. Die Grenzen des Arbeitstags
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
Karl Marx, Das Kapital, Band 1, Kapital 8: Der Arbeitstag, 1. Die Grenzen des Arbeitstags. MEW 23, S. 245 - 249. (online)
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ a b c d Karl Marx, Das Kapital, Band 1, Kapital 8: Der Arbeitstag, 1. Die Grenzen des Arbeitstags MEW 23, S. 245 - 249.
[Bearbeiten] Weblinks
- Arbeitszeit im Marx-Lexikon des marx-forum.de