Bahnstrecke Rheine–Ochtrup
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Eisenbahnstrecke Rheine - Ochtrup | |||||||||||||||||||||||||||||||||
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Streckenlänge: | 23 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1435 mm | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Bundesland | Nordrhein-Westfalen | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Kategorisierung | Nebenbahn | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Ausbau | eingleisig nicht elektrifiziert |
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Stationen: | 8 | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Anzahl der Gleise: | 1 | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Anzahl der Brücken: | ? | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Fahrgäste/Tag: | PV:
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Güterverkehr: | Güterverkehr:
ab 29. September 1984 stillgelegt
ab 30. Dezember 1988 stillgelegt |
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Die Eisenbahnstrecke Rheine-Ochtrup verband die Städte Rheine und Ochtrup. Die Strecke wurde im Jahr 1905 eröffnet und bis zum Jahr 1970 befahren. Danach wurde der Personenverkehr, später auch der Güterverkehr stillgelegt. Auf der ehemaligen Trasse befindet sich heute ein Radweg. In Rheine bestand die Anschlussmöglichkeit zur Bahnstrecke Bad Bentheim–Minden, Emslandstrecke, Tecklenburger Nordbahn, Bahnstrecke Rheine–Quakenbrück und zur Bahnstrecke Rheine-Burgsteinfurt. In Ochtrup zur Euregio-Bahn
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Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten war diese Bahnlinie immer von weitaus geringerer Bedeutung, als die meisten anderen von Rheine ausgehenden Eisenbahnstrecken. Denn zwischen den Städten Rheine und Ochtrup liegen nur einige kleine Gemeinden und Bauerschaften. Auch hat es zu keiner Zeit überregionale verkehrspolitische Erfordernisse gegeben, die den Bau der Strecke gerechtfertigt hätten. Um so erstaunlicher war es, dass der Preußische Landtag zu Beginn des Jahres 1902 die Eisenbahnvorlage Ochtrup - Rheine ohne längere Aussprachen einstimmig befürwortete. Durch eine geschickte Täuschung hatte man bei den Abgeordneten übertriebene wirtschaftliche Erwartungen an das Eisenbahnprojekt geweckt. Von dem Trick der dabei angewandt wurde, wird später noch die Rede sein. Hauptnutznießer dieses Projekts waren die Gemeinden Neuenkirchen und Wettringen, die ihren Bürgern auf diese Weise eine bequeme Reiseverbindung in die Nachbarstädte verschafften. Außerdem erhielten die heimischen Textilbetriebe endlich einen Eisenbahnanschluss an die überregionalen Verkehrswege, nachdem sie beim Bau der Bahnstrecke Münster - Rheine leer ausgegangen waren. Damals hatten sich verschiedene münsterländische Städte und Gemeinden vergeblich bemüht, anstelle einer Direktverbindung zwischen Münster und Rheine einen Umweg über Burgsteinfurt durchzusetzen. Eine Bahnstrecke von Rheine nach Burgsteinfurt wurde 1879 gebaut und Neuenkirchen erhielt 1892 die Bahnstation „Neuenkirchen Land“ 4 km südlich vom Ortskern. Wettringen wurde von dieser Bahnstrecke nur am Rande gestreift und erhielt keinen Bahnhof. So musste sich Wettringen noch ein halbes Jahrhundert gedulden - bis zum 12. Oktober 1905. An diesem Tag wurde die nur ca. 22 km lange Eisenbahnlinie eröffnet.
[Bearbeiten] Verlauf
Von Rheine aus gesehen nimmt die Bahnstrecke folgenden Verlauf: Gemeinsam mit der Eisenbahnstrecke nach Quakenbrück verlässt sie den Bahnhof Rheine in nordwestlicher Richtung. Beide Strecken laufen mehrere hundert Meter unmittelbar nebeneinander her. Dann trennen sie sich und schlagen einander genau entgegengesetzte Richtungen ein. Die Bahnlinie nach Quakenbrück schwenkt nach Nordosten und hält schnurgerade auf das mehr als 20 km entfernte Freren zu. Der Verlauf der Ochtruper Strecke ist kurvenreicher. Zunächst beschreibt sie einen langgestreckten Bogen bis zum Bahnhof der Bauerschaft Wadelheim von dem nur noch Reste vorhanden sind. Um die nächste Station zu erreichen, muss die Bahn in mehreren Windungen den Thieberg überqueren. Auf der anderen Seite liegt die Gemeinde Neuenkirchen. Von dort führt die Strecke vorbei am Offlumer See, der aus einer Kiesgrube entstanden ist, nach Maxhafen. Maxhafen ist übrigens der Endpunkt des inzwischen verlandeten Max-Clemens-Kanal, der vor dem Bau der Bahnlinie Münster Rheine - Emden einen Teil der Verkehrsverbindung Westfalens mit der deutschen Nordseeküste und den Niederlanden bildete. Nächste Station hinter Maxhafen ist Wettringen. Das letzte Teilstück von Wettringen über Welbergen und Langenhorst nach Ochtrup wurde bereits kurz nach der Stilllegung demontiert worden. Als die Gleise noch vorhanden waren trafen sie in Ochtrup auf die Strecke Burgsteinfurt Gronau. Damit besaß die Strecke Rheine - Ochtrup eine Verbindung zur niederländischen Grenze, so dass von Rheine aus durchgehende Züge bis zur holländischen Stadt Enschede verkehren konnten.
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[Bearbeiten] Literatur
Im September/Oktober 1975 widmete die Münstersche Zeitung der Geschichte der Bahnstrecke Rheine - Ochtrup eine vierteilige Artikelserie. Der aus Neuenkirchen stammende Professor Dr. Herbert Evers berichtet darin u.a. über die Schwierigkeiten der Preußischen Eisenbahn beim Grunderwerb für die neue Strecke:
- „Schon in den Monaten April/Mai des Jahres 1902 durchstreiften Landvermessungstrupps den Norden der Gemeinde. Für Schächte Dämme, Brücken und Bahnhöfe musste Band ausgewiesen werden Die Trassierung sollte parallel der alten Landstraße Rheine - Neuenkirchen erfolgen. Den Bauern in Neuenkirchen blieben das Treiben der Vermesser wie auch die Landtagsbeschlüsse nicht verborgen. Und sobald sich Konkretes abzeichnete, musste sich zunächst die Eisenbahn mit westfälischen Dickschädeln auseinandersetzen. Ich komme etwas in Zweifel, wenn ich an dieser Stelle das Hohelied von der westfälischen Bodenverbundenheit anheben soll. Mag das alles stimmen. Den Acker nämlich hat der Bauer noch nie und nirgends gerne hergegeben. Aber ich füge hinzu: Bis der Preis allseits stimmtel Sie verkauften auch hier an die Preußischen Eisenbahnen ihren Grund und Boden so teuer wie eben möglich. Und dass sie noch reizten das stellte sich recht bald heraus. Zunächst sträubten sie sich gegen jede Landabgabe. Nach langem Ringen stimmten sie schließlich dem Bahnbau grundsätzlich zu. In der zweiten Stufe dieser bäuerlichen Verkaufsstrategie ging es erst um den Preis. Dieser wurde mit 500.000 DM angesetzt. Um die Jahrhundertwende ein stolzer Preis. Das war den Staatsbehörden zu hoch gereizt. Sie setzten eine Prüfungskommission ein, die nach den Gründen für die zu hohen Preise forschen sollte. Schließlich einigte man sich auf 300.000 DM. Das war viel, und mancher Bauer hat eine gute Summe besten Geldes erhalten.“
Das Verhalten der Landwirte, die sich zumindest äußerlich lange Zeit mit Händen und Füßen gegen die Eisenbahn wehrten, stand in einem merkwürdigen Gegensatz zur Haltung einiger Wettringer und Neuenkirchener Gemeindevertreter, ohne deren hartnäckige Bemühungen die Strecke vermutlich gar nicht gebaut worden wäre. Die Münstersche Zeitung berichtet in der o.a. Artikelreihe:
- „Wer die Geschichte verfolgt, wie Wettringen zum Anschluss an die Bahnstrecke kam, muss feststellen, dass ein Trick die Angelegenheit recht beschleunigt hat. Wie der Heimatforscher Wilhelm Brockpähler im Wettringer Heimatbuch bestätigt, gehört das Hauptverdienst dem damaligen Wettringer Amtmann Wilhelm Tenholt (1891 - 1918). Im ‚Rothenberg‘ hatte man einen Stollen gebohrt und festgestellt, dass sich Eisenerze im Innern des Berges befinden. Sie wurden für abbaufähig erklärt, und die Eisenerze sollten nun mittels der Eisenbahn zu den Schmelzöfen gefahren werden. Die Amtmänner von Wettringen und Ochtrup mussten der Regierung berichten, wie hoch denn wohl die tägliche Ausbeute an Erzen sei, die die geplanten Erzbergwerke ‚Deutschland‘ und ‚Westfalia‘ fördern. Man war da nicht kleinlich, die Vertreter von ‚Westfalia‘ in Rothenberge, Rentier Franz Cruse in Wettringen und Kaufmann Christian Kerstiens in Münster, errechneten 50 bis 100 Doppelladungen Eisenstein täglich. Da wurde man hellhörig. Die Gemeindevertretung von Wettringen beschloss am 19. Februar 1902, den Grund und Boden für die Bahn Ochtrup - Rheine in ihrem Gemeindebezirk unter der Bedingung zu erwerben, dass der Kreis sich mit einem Drittel an den Grunderwerbskosten beteiligte. In Wettringen wurden 13 ha Land angekauft; die Gemeinde zahlte dafür rd. 36.000 Mark, und der Kreis steuerte 15.000 Mark bei. Bald erschien eine 30 Mann starke Baukolonne des Bauunternehmers Schulte ter Hardt aus Bottrop und begann mit dem Streckenausbau. Es wird berichtet, dass man besonders im Streckenabschnitt Wettringen - Neuenkirchen große Mühen hatte, durch das von Sandhügeln durchsetzte Gelände im ‚Sandbülten‘ zu kommen. Am 12. Oktober 1905 erfolgte die Streckenabnahme, und am Samstag, dem 14. Oktober 1905, wurde die Bahnstrecke feierlich eröffnet. Gegen 1 Uhr mittags fuhr der erste festlich geschmückte Personenzug mit geladenen Gästen, Beamten der Eisenbahndirektion Münster, Vertretern des Kreises und der beteiligten Gemeinden in den ersten beiden Wagen, dahinter fuhr ‚viel Volk‘.“